Die spätherbstliche Presseschau zur fünfundvierzigsten Kalenderwoche startet mit einer vorzeitigen Bescherung: Das Bundeskabinett hat über das Strommarktgesetz entschieden und gibt grünes Licht für eine Art Abwrackprämie für alte Kohlekraftwerke. Eine Idee, die schon bei Autos nicht funktioniert hat und ein ökologischer Wahnwitz war, wird jetzt einfach im Energiesektor wiederholt! Für den WWF ist die sogenannte Sicherheitsbereitschaft alter Braunkohlemeiler nichts weiter als ein „klimapolitisch unnötiges Milliardengeschenk an RWE, Vattenfall und die Mibrag“ – wohlgemerkt auf Kosten der Verbraucher.
Klimawandel schlägt zu
Die Entscheidung der Bundesregierung wirkt auch angesichts neuester wissenschaftlicher Untersuchungen, als sei die aktuelle Energiepolitik noch immer nicht richtig in der Realität angekommen. So gab laut SÜDDEUTSCHE ZEITUNG die US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre NOAA am Donnerstag eine Analyse heraus, in dem 28 Extremereignisse wie Dürren oder Hurrikane aus dem Jahr 2014 darauf untersucht wurden, ob der menschliche Einfluss auf das Klima etwas damit zu tun hatte. In 18 von 32 Fällen kommen die Forscher zu dem Schluss: ja, es gibt einen Effekt des Klimawandels. Derweil ist der Klimawandel laut WWF-Analyse auch im Supermarkt angekommen. Während die Wetterkapriolen die Existenz von Kleinbauern in Erzeugerländern bedrohen, sind die Folgen für deutsche Konsumenten bei Preisen und Produktqualität etwa bei Haselnüssen oder Orangen schon heute spürbar.
It’s Fashion, Baby!
Modeopfer müssen jetzt tapfer sein! Selbst vor den Luxus-Segmenten macht der Klimawandel laut der Luxusholding Kering — u.a. Stella McCartney (Kreisch!), Gucci (Doppel-Kreisch!) und Saint Laurent (Ohnmachtsanfall!) — nicht halt. Die Risiken für die besonders auf gleichbleibend hohe Qualität angewiesene Branche seien laut Kering-Studie enorm. Dabei dachte ich immer: Wenn schon in den Untergang, dann wenigstens mit Stil. Aber selbst diese Gewissheit ist mir nun genommen.
Kuh der Woche: Internationale Ostseekonferenz Stralsund
Weil wir gerade bei Schreckensmeldungen sind: Auch alle Kuh-Fans müssen nun stark sein. Kühe sind nämlich Mitschuld am schlechten Zustand der Ostsee. Oder exakter: Zuviel Kuhmist auf dem Acker freut die Algen in der Ostsee. Durch Überdüngung werden nämlich die sauerstofffreien “Todeszonen” immer größer. Die Landwirtschaft ist für mehr als die Hälfte der Nährstoffeinträge verantwortlich. Über Flüsse in die Ostsee gespülte Düngemittel entziehen dem Wasser Sauerstoff und fördern Algenblüten. Kein Wunder also, dass der Kuh der Woche diesmal aus Stralsund kommt, wo im Ozeaneum gerade die Internationale Ostseekonferenz 2015 stattfindet. Unter dem Motto „Eine grünere Landwirtschaft für eine blauere Ostsee“ treffen sich Landwirte, Wissenschaftler, Politiker und Naturschutzorganisationen aus allen Ostseeanrainerstaaten, um Lösungen und Strategien für einen effektiven Ostseeschutz zu entwickeln. Außerdem wurde mit einem finnischen Bauernhof der Internationale Ostseelandwirt des Jahres gekürt. Eine wichtige, leider viel zu wenig beachtete Auszeichnung. Schließlich ist eine kranke Ostsee nicht nur schlecht für die Natur, sondern auch für Tourismus und Fischerei.
Schuppige Schmuggelware
Unglaubliche 2674 abgeschlachtete und illegal geschmuggelte Schuppentiere haben diese Woche laut einem Bericht der GLOBAL TIMES die Behörden in Südchina aufgegriffen. Schuppentiere sind die derzeit wohl am meisten illegal gehandelten Tiere überhaupt. Ihr Fleisch gilt als Delikatesse und ihre schuppige Haut als angebliches Wundermittel gegen allerlei Gebrechen. Nachdem die Bestände in Asien durch die illegale Jagd stark geschrumpft sind, geraten nun die Arten in Afrika in das Fadenkreuz der internationalen Wildtiermafia. Streberwissen am Rande (mit besonderem Dank an WWF-Kollege Arnulf Köhncke): Schuppentiere haben keine Zähne und fressen fast nur Ameisen und Termiten. Deswegen dachte man früher, sie wären mit Ameisenbären und Gürteltieren verwandt. Neue Untersuchungen zeigen aber, dass die nächsten lebenden Verwandten der Schuppentiere tatsächlich die Raubtiere sind.
Vom Schachroboter zum Androiden
Und jetzt noch ein Blick in die — wahrscheinlich nicht allzu ferne — Zukunft. Vor einigen Wochen habe ich mich an dieser Stelle bereits damit auseinandergesetzt, wie wahrscheinlich es ist, dass ich eines Tages auf der Arbeit von einem Roboter ersetzt werde. Auf JETZT.DE widmet sich nun Friedemann Karig in einem Essay einer neuen, künstlichen Intelligenz, die ihrerseits das Potential haben könnte, die Menschheit zur bedrohten Spezies zu machen. Seine These: „Die künstliche Intelligenz wird kommen. Ganz sicher, und vielleicht sogar ganz bald.“ Im Kino hat sich übrigens vor einigen Monaten Regisseur Alex Garland mit dem sehenswerten Streifen Ex Machina der Problematik genähert.
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