Kli­ma­kla­gen: Umwelt­sün­der vor Gericht


Berlin, Deutschland 22. Oktober 2021: Am heutigen Freitag findet ein Globaler Klimastreik von Fridays for Future, FFF, in Berlin statt. Im Bild: Demonstranten mit Transpartent lawyers for future Berlin *** Berlin, Germany 22 October 2021 A Global Climate Strike by Fridays for Future, FFF, is taking place in Berlin today, Friday Pictured are protesters with transpartent lawyers for future Berlin Copyright: xFotostandx/xReuhlx
Immer mehr Menschen klagen für ihr Recht auf eine intakte Umwelt © xFotostandx / xReuhlx

Der Kampf gegen die Kli­ma­kri­se und das welt­wei­te Arten­ster­ben wird längst nicht mehr nur in Wäl­dern, Koh­le­bau­ten oder auf den Stra­ßen aus­ge­tra­gen. Immer häu­fi­ger kla­gen Umweltschützer:innen Regie­run­gen wegen unzu­rei­chen­dem Kli­ma­schutz an und zie­hen Kon­zer­ne für ihre Umwelt­sün­den zur Verantwortung. 

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La lucha sigue – der Kampf geht wei­ter“, kün­dig­te Saúl Lucia­no Lli­uya an, nach­dem das Land­ge­richt Essen sei­ne Kla­ge gegen den Ener­gie­kon­zern RWE Ende 2016 abge­wie­sen hat­te. Der perua­ni­sche Klein­bau­er war einer der ers­ten Klimakläger:innen, der es wag­te, einen Ener­gie­kon­zern für die fata­len Fol­gen der Kli­ma­kri­se zur Rechen­schaft zu ziehen.

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Lagu­na de Pal­ca­co­cha: Glet­scher­schmel­ze lässt die Was­ser­stän­de bedroh­lich stei­gen © Alex­an­der Luna / Ger­m­an­watch e.V.

Saúl Lucia­no Lli­uya lebt in der Umge­bung der Anden­stadt Hua­raz, die auf einer Höhe von rund 3.000 Metern in der „Cor­dil­lera Blan­ca“ liegt. In die­sem „Wei­ßen Gebir­ge“ befin­det sich die Lagu­na de Pal­ca­co­cha – ein See, der sich aus dem Schmelz­was­ser eines auf 4.500 Meter Höhe gele­ge­nen Glet­schers speist. Wie bei fast allen Gebirgs­glet­schern ist die Erd­er­hit­zung dort beson­ders hart zu spü­ren. Die immer schnel­ler tau­en­den Eis­mas­sen haben den See gefähr­lich anschwel­len lassen.

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Beweis­auf­nah­me gegen RWE

Im Gerichts­ver­fah­ren gegen RWE for­dert der Perua­ner die Kos­ten­be­tei­li­gung an einem Damm, der die Men­schen vor den mög­li­chen Flut­wel­len des Glet­scher­sees schüt­zen soll. RWE müs­se sich als einer der welt­weit größ­ten Ver­ur­sa­cher des Treib­haus­gas­aus­sto­ßes an den Bau­kos­ten betei­li­gen, so die Argu­men­ta­ti­on des Klä­gers, der mit finan­zi­el­ler und juris­ti­scher Unter­stüt­zung von Ger­m­an­watch das Kräf­te­mes­sen gegen den Groß­kon­zern auf­ge­nom­men hat.

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David gegen Goli­ath: Saúl Lucia­no Lli­uya ver­klagt den Ener­gie­kon­zern RWE © Wal­ter Hupiu Tapia / Ger­m­an­watch e.V.

Gegen das ers­te Urteil hat­te Saúl Lucia­no Lli­uya Beru­fung ein­ge­legt – mit Erfolg: Ende 2017 hat­te das Ober­lan­des­ge­richt Hamm beschlos­sen, in die Beweis­auf­nah­me im Fall gegen RWE ein­zu­tre­ten. Letz­tes Jahr reis­ten Richter:innen und vom Gericht bestell­te Gutachter:innen nach Peru, um zu unter­su­chen, ob das Haus des Klä­gers und sei­ner Fami­lie tat­säch­lich von einer mög­li­chen Flut­wel­le bedroht ist. Das Gut­ach­ten über die Gefah­ren­la­ge steht noch aus.

RWE war nur der Anfang

Mehr und mehr Men­schen ver­su­chen auf juris­ti­schem Weg bes­se­re Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu erwir­ken. Welt­weit wur­den bis heu­te über 2.000 Kli­ma­kla­gen ein­ge­reicht, die Zahl hat sich seit 2020 vervierfacht.

Burned forest after fire in Portugal
2017 wüte­ten ver­hee­ren­de Wald­brän­de in Por­tu­gal © nata­lia­spb / iStock / Get­ty Images

Das jüngs­te Bei­spiel: Ende Sep­tem­ber hat vor dem Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) ein Pro­zess begon­nen, den sechs Jugend­li­che aus Por­tu­gal gegen 32 Staa­ten ein­ge­lei­tet haben. Die jun­gen Kläger:innen waren von den ver­hee­ren­den Wald­brän­den im Jahr 2017 so stark betrof­fen, dass sie vor Gericht zogen. Ihr Ziel ist es, dass sich die ange­klag­ten Staa­ten an das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men hal­ten und die nöti­gen Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Erd­er­hit­zung ergrei­fen. Es ist das ers­te Mal, dass sich der EGMR so expli­zit mit der Kli­ma­kri­se befasst.

Held vs. Montana

Nur ein­ein­halb Mona­te zuvor hat­ten Aktivist:innen in den USA mit ihrer Kli­ma­kla­ge Erfolg. Haupt­klä­ge­rin Rik­ki Held und 15 wei­te­re Jugend­li­che hat­ten für ihr Recht auf eine sau­be­re Umwelt für heu­ti­ge und künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen gegen Mon­ta­na geklagt. Mon­ta­na ist einer der weni­gen US-Bun­des­staa­ten, die die­ses Recht in der Ver­fas­sung ver­an­kert haben. Eine Rich­te­rin gab ihnen Recht und urteil­te, dass es ver­fas­sungs­wid­rig sei, dass Behör­den bei der Ent­schei­dung über Erd­öl- oder Erd­gas­pro­jek­te die Fol­gen für das Kli­ma nicht berück­sich­ti­gen. Das Urteil könn­te nun Signal­wir­kung für ähn­li­che Ver­fah­ren in den USA haben.

16 Jugend­li­che gewin­nen Kli­ma­kla­ge gegen den US-Bun­des­staat Mon­ta­na © Robin Loz­nak / Our Children’s Trust

Kon­zer­ne auf der Anklagebank

Die meis­ten Kli­ma­kla­gen haben sich bis­lang gegen Regie­run­gen gerich­tet. Nun sit­zen immer mehr Unter­neh­men wie RWE auf der Ankla­ge­bank. Gut so, denn eini­ge Kon­zer­ne schä­di­gen das Kli­ma stär­ker als so man­cher Staat. Mehr als ein Drit­tel der welt­weit zwi­schen 1965 und 2018 aus­ge­sto­ßen CO2-Emis­sio­nen wur­den von 20 größ­ten Öl‑, Koh­le- und Gas-Kon­zer­nen ver­ur­sacht – an ers­ter Stel­le Sau­di Aram­co, Che­vron und Gaz­prom. Aber auch Unter­neh­men aus den Wirt­schafs­zwei­gen Ver­kehr, Land­wirt­schaft, Lebens­mit­tel und Finan­zen müs­sen sich ver­mehrt vor Gericht verantworten.

Delta topside on the barge turning into the river mouth of Hartlepool, North East of England. North Sea, UK, 2017.Colour: grey, yellow, blue
Weg­wei­sen­des Gerichts­ur­teil: Shell muss Emis­sio­nen bis 2030 mas­siv sen­ken © Shell Inter­na­tio­nal Ltd

Müs­sen Unter­neh­men nun fürch­ten, im Nach­hin­ein für mas­si­ve Umwelt­schä­den zur Rechen­schaft gezo­gen zu wer­den? In den Nie­der­lan­den gab es dazu eine weg­wei­sen­de Ent­schei­dung. Zuvor wur­de schon die Regie­rung des Lan­des erfolg­reich ver­klagt, mehr Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu ergrei­fen. 2021 bekam schließ­lich der Ölkon­zern Roy­al Dutch Shell die Här­te des Geset­zes zu spü­ren. Shell wur­de dazu ver­pflich­tet, die CO2-Emis­sio­nen aus dem Ölge­schäft bis 2030 um 45 Pro­zent zu sen­ken. Ein Mei­len­stein für den Klimaschutz.

Aus­sich­ten auf Erfolg

Jus­ti­tia stand bis­lang meist auf der Sei­te von RWE und ande­ren Kli­ma­sün­dern. Doch die Aus­sich­ten, Kli­ma­kla­gen zu gewin­nen, wer­den immer bes­ser. Die Daten­la­ge, die einen kau­sa­len Zusam­men­hang zwi­schen dem Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen und ein­zel­nen Scha­dens­fäl­len unter­mau­ert, wird immer belast­ba­rer. So könn­te auch für den perua­ni­schen Berg­bau­ern Saúl Lucia­no Lli­uya der Sieg am Ende einer Ket­te von Nie­der­la­gen stehen.

Mehr zum The­ma könnt ihr in unse­rem Pod­cast nach­hö­ren: Umwelt vor Gericht — Über­Le­ben

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