Was ist denn hier los? So viele Staatschefs wie nie zuvor treffen sich in New York und beschließen ein umfassendes Vorhaben, mit dem die Vereinten Nationen das Leben aller Menschen und den Zustand unseres Planeten verbessern wollen. Sogar der Papst redet den Staatschefs in Gewissen und Frau Merkel spricht im Bundestag von der „übergeordneten Rolle für die jetzige und für kommende Generationen, das Klima und die natürlichen Ressourcen zu schützen“. Und in Deutschland kriegt kaum einer etwas davon mit. Woran liegt es? Dass die UN-Vereinbarungen den Medien zu komplex sind? Oder weil es bisher doch oft Enttäuschungen mit globalen Beschlüssen gab?
Es ist an der Zeit, dass wir uns jetzt alle dafür interessieren, denn sie geht uns alle an, die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“.
Worum geht’s in der Agenda?
Kernstück dieser Agenda sind die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele, die in der Abkürzung des englischsprachigen Originals „Sustainable Development Goals“ meistens als „SDGs“ bezeichnet werden. Diese 17 Ziele will die Weltgemeinschaft bis 2030 erreichen. Sie reichen von Armuts- und Hungerbekämpfung über mehr Gerechtigkeit und Gleichheit bis hin zum Natur‑, Umwelt‑, und Klimaschutz. Dieses Gesamtprogramm zur Verbesserung der Welt teilt sich in 169 konkrete Unterziele auf. Es ist das Ergebnis von drei Jahren intensiver Verhandlungen der 193 UN-Mitgliedstaaten, bei denen sich der WWF durchgehend mit eigenen Vorschlägen beteiligt hat und viel Überzeugungsarbeit leisten konnte.
Auch Deutschland ist ein Entwicklungsland
Neu an der Agenda ist, dass jetzt nicht mehr nur die reichen den armen Ländern Geld geben, um dort etwas zu verändern, sondern dass die reichen Länder selbst alle Ziele mit umsetzen müssen. Jetzt sind auch die reichen Länder „Entwicklungsländer“ – auch Deutschland! Auch wir müssen uns ändern. Es gibt jetzt kein „Weiter so!“ mehr. Die Bundesregierung muss jetzt einen „Nationalen SDG-Umsetzungsplan“ erstellen und durchsetzen. Kein Ministerium darf sich mehr wegducken – auch nicht das Wirtschafts‑, Finanz- oder Verkehrsministerium, wenn große Entscheidungen anstehen. Alles muss jetzt auf den Nachhaltigkeitsprüfstand!
Unsere Arbeit hat sich ausgezahlt
Vieles im Schlussdokument ist uns immer noch zu wenig. Dennoch übertrifft es in seiner Ganzheitlichkeit und in wichtigen Einzelzielen alle realistischen Erwartungen, die wir zu Beginn der Verhandlungen hatten. Es gibt jetzt ein eigenes Oberziel (SDG) zum Schutz der Meere, wichtige Festlegungen für den Schutz von Ökosystemen an Land und eine Stärkung der Ziele des UN- Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Was uns besonders freut: Endlich wird anerkannt, dass Armuts- und Hungerbekämpfung und eine gute wirtschaftliche Entwicklung vom Schutz der Ökosysteme und der natürlichen Ressourcen abhängig sind und nicht in Konkurrenz zueinander stehen.
Für diesen letzten Punkt hat der WWF von Beginn an ganz besonders gekämpft – mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt. Es war eine tolle Teamarbeit mit WWF-Kollegen rund um die Welt, aus reichen wie aus armen Ländern, aus Asien, Süd- und Nordamerika, Afrika und Europa – alles koordiniert von WWF International in der Schweiz. Ein kleines Team war ständig bei den Verhandlungen vor Ort, alle anderen haben zu Hause bei ihren Regierungen Überzeugungsarbeit geleistet. Hier hat sich die Stärke und Vielfalt des globalen WWF-Netzwerkes wirklich bewiesen.
Im Prinzip sind alle Industrieländer Entwicklungsländer was gerechte Verteilung und Klimaziele anbetrifft. Schön das mal hier zu lesen!