Die von der EU-Kommission beauftragte und zurückgehaltene Studie zum europäischen Naturschutz wurde geleakt. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Europas Naturschutzgesetze funktionieren.
In der EU-Kommission müssen einige Leute gerade ein paar echt miese Tage haben. Erst letzte Woche wurde eine mit Spannung erwartete Konferenz zur Zukunft von Europas Naturschutz kurzfristig abgesagt, weil die Kommission die passenden Arbeitspapiere nicht rechtzeitig veröffentlicht hatte (Mein Kollege Günter Mitlacher berichtete.). Jetzt wurde ein Teil dieser Papiere auf inoffiziellem Weg veröffentlicht — das Brüssler Nachrichten-Portal EurActive hat die lange erwartete Studie geleakt.
Der gescheiterte Plan der EU-Kommission
Aber einmal von Anfang an: Im Oktober 2013 hatte die EU-Kommission verkündet, überprüfen zu lassen, ob die wichtigsten EU-Naturschutzgesetze, die Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, ausreichend gut funktionieren. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte allerdings sein Wunschergebnis gleich mitgeteilt: Einen wirtschaftsfreundlicheren Naturschutz in der ganzen EU.
Dabei haben die beiden Gesetze in den letzten 20 Jahren in ganz Europa für große Erfolge im Naturschutz gesorgt. Darum halten wir, genauso wie BUND und NABU, nichts von den Kommissionsplänen, die bestehenden Naturschutzgesetze zu verändern. Mit der Kampagne #NatureAlert stellen wir uns gegen diese Pläne.
Für das offizielle Verfahren zur Überprüfung ob Europas Naturschutzgesetze „für den Zweck geeignet“ sind, hat die EU-Kommission mehrere Verfahren gestartet. Zum einen eine öffentliche Konsultation, an der sich über 500.000 Menschen aus der EU gegen die Kommissions-Pläne ausgesprochen haben. Zum anderen wurde eine Studie bei vier unabhängigen Institutionen in Auftrag gegeben, die die bisherigen Gesetze evaluieren sollte.
Die Veröffentlichung dieser Studie wurde mehrmals verschoben, zuletzt auf dieses Frühjahr. Seit ein paar Tagen spricht die Kommission nun von einer Veröffentlichung im Herbst 2016. Und sie empfindet es anscheinend auch nicht als zynisch, als Begründung die Flüchtlingskrise vorzuschieben.
Doch all das Zieren und Verschieben, ist nun vergebens. Seit gestern liegt nun der Entwurf der Evaluationsstudie vom 4. Januar 2016 vor. Dank der Veröffentlichung durch EurActive. Hier geht es direkt zum Original-Dokument (.pdf). Nach unseren Informationen kann sich seit Januar am Inhalt nichts Signifikantes mehr geändert haben.
Ergebnis eindeutig: Europas Naturschutz braucht keine Reform
Auf 584 Seiten fällt das Ergebnis sehr deutlich aus. Im Kapitel 10.2 wird dies kurz zusammengefasst:
Diese Evaluierung kommt zu dem Schluss, dass die Naturschutzrichtlinien für den Zweck geeignet sind.
Genauer gesagt:
Die Richtlinien sind wirksam, wenn sie vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt sind.
Die Naturschutzrichtlinien sind ein Eckpfeiler der EU-Biodiversitätspolitik.
Die Umsetzung der Richtlinien stellt eine effiziente Nutzung von Ressourcen dar.
Die Richtlinien bilden einen kohärenten Rechtsrahmen und erzeugen wichtige Synergien mit anderen EU-Richtlinien.
Die Richtlinien sind wichtig für Europas Bürger und Bürgerinnen.
Die Richtlinien sind stärker als die meisten nationalen Naturschutzgesetze.
(Übersetzt und gekürzt durch uns.)
Was jetzt zu tun ist
Dieses Ergebnis lässt sich schlecht ignorieren. Die EU-Kommission muss sich jetzt endlich der Debatte stellen und den von ihnen angestoßenen Prozess nicht weiter verzögern. So oder so, ihr gehen gerade die Argumente aus.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Kommission ihre Pläne endlich aufgibt. Darum ist es jetzt besonders wichtig, dass ihr bei unserer europaweiten Aktion mitmacht: Bittet Bundesministerin Hendricks, sich mit ihren Umweltminister-KollegInnen gegen die EU-Kommission zu stellen. Ihr Wort kann Kommissionspräsident Juncker nicht einfach überhören.
Update 6. Juni
Die Europäische Kommission hat endlich auf unseren Druck und den von anderen Umweltverbänden reagiert die von ihr in Auftrag gegebene Expertenstudie veröffentlicht.
Wenn man von der EU per Gesetz genötigt wird erst einmal alle Umweltschädlien Energiesparlampen zu kaufen bevor die schon bekannte LED Technik gefördert wird , kann ich eigentlich nicht behaupten, daß Umweltschutz in der EU funktioniert. Was funktioniert ist der Lobbyismus der großen Konzerne. Ich glaube das der Brexit daher eher ein Chance ist als eine Gefahr