In den letzten Wochen haben sich die Nachrichten am Great Barrier Reef wieder einmal überschlagen und ich frage mich optimistisch gestimmt: Wird dieser riesige, seit Jahren umstrittene „weltgrößte Kohlehafen“ eigentlich jemals kommen? Oder haben wir es etwa bald geschafft – und die Gefahr für das Riff ist langsam mal gebannt?
Grund für meine zaghafte Freude
Der oberste Gerichtshof Australiens hat der Erschließung der Kohlemine „Carmichael Mine“ vorerst die Baugenehmigung entzogen: Zwei bedrohte Arten, die „ornamental snake“ und der „yakka skink“, seien zu sehr beeinträchtigt – im Antrag ließe sich nicht ausreichend erkennen, wie das Überleben der Echsen– und Schlangenart gesichert wäre. Umweltminister Greg Hunt kann jetzt nachbessern, aber erstmal ist Baustopp! Das hat dazu geführt, dass nach der Deutschen Bank wieder zwei wichtige Banken öffentlich von dem Projekt zurück getreten sind.
Ich frage Matthias Kopp, unseren Finanz-Experten, was das seiner Einschätzung nach für das Projekt bedeutet:
Matthias, die Regierung von Queensland hat gesagt, der Kohlehafen Abbot Point wird ausgebaut, sobald die Finanzierung steht. Nachdem mittlerweile an die 20 Großbanken öffentlich Abstand von dem Projekt nehmen – ist das überhaupt noch realistisch?
Matthias Kopp: Das Projekt macht selbst unter konventioneller Betrachtung finanziell und wirtschaftlich überhaupt nur Sinn, wenn die dahinter liegende „Carmichael“-Kohlemine entwickelt wird. Das ist also die Voraussetzung. Die Banken und möglichen Finanzierungspartner nehmen Abstand, weil das Kohleprojekt immer stärker öffentlich angezweifelt wird und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesamtprojekts gefährdet ist. Dazu kommt, dass die Unesco die Augen offen hält und damit die Risiken für den Betrieb eines solchen Hafens noch größer werden. Alles dies sind aber leider zunächst nur temporäre Effekte, vollends beruhigt können wir noch nicht sein.

Warum glaubst du, wenden sich die Großbanken der Welt nach und nach von dem Projekt ab?
Abgesehen von der öffentlichen Aufmerksamkeit spielt die aktuelle Situation am Weltkohlemarkt eine entscheidende Rolle. Das Projekt scheint sich in der gegenwärtigen Lage überhaupt nicht rechnen zu können! Dazu kommt, dass die möglichen Betreiberunternehmen teilweise bereits sehr stark verschuldet sind.
Außerdem wird die Kohleindustrie per se zu einem zunehmend schwierigen Geschäftspartner für Banken westlicher Prägung: Auch dort kommt zunehmend die Frage auf, ob die Kohle mit Blick auf das Klima nicht im Boden gelassen werden muss. Heutzutage wird die Luft für Banken deutlich dünner, einfach Projekte zu finanzieren, ohne auf die dadurch bedingten Effekte und Auswirkungen zu schauen.
Wie reagiert der Bauherr und Betreiber des Kohlehafens, der indische Konzern Adani?
Adani selbst, aber auch die anderen am Bau der Kohlemine und Teilen des Hafens beteiligten Unternehmen, halten die Optionen immer noch offen und versuchen auch, die bereits vergebenen Aufträge für Teile der Infrastrukturen am Leben zu halten. Allerdings ist die Kommunikation zwischen den Zeilen von großer Unsicherheit geprägt – Adani hat ja in der Zwischenzeit jede selbst gesteckte Zeitplanung immer wieder gerissen und die vergebenen Aufträge scheinen voller Optionen und Rückzugsklauseln zu sein.
Schwarz auf weiß steht in der Kommunikation zwar, man hielte an dem Projekt fest. Solange sich aber die Rahmenbedingungen auf den Märkten und insbesondere der Kohlepreis nicht „verbessern“ (aus Sicht von Adani), kann ein solches Projekt nur weiter getrieben werden, wenn es von der indischen und australischen Regierung umfangreich gestützt wird. Darauf scheint Adani mindestens teilweise zu setzen.
Wenn du wetten müsstest – kommt der Hafen ja oder nein?
Das hängt aus meiner Sicht sehr von den Klimaverhandlungen bei der Welt-Klimakonferenz in Paris im Dezember ab. Wenn dort für die Welt einigermaßen klar wird, dass Kohle keine Chance mehr hat und wenn auch Länder wie Indien zu Klimapolitiken kommen, kann es für die Carmichael-Mine keine Zukunft geben. Zudem hängt viel an der Regierung Abbott in Australien und an ihrer sehr an kurzfristigen Interessen ausgerichteten Politik der Kohleförderung.
Ganz lieben Dank für deine Einschätzung! Wir bleiben dran…
Weiterlesen:
- Der Kampf um den Kohlehafen als Wirtschaftskrimi:
Englischer Artikel im Guardian - #SOSreef: Alles über das Great Barrier Reef und die große Gefahr, die ihm mit dem Kohlehafen droht auf www.wwf.de/great-barrier-reef
Kein Kommentar