Nun ist es wieder passiert. Zu lange habe ich mich in meinem Portemonnaie mit den Münzen verheddert und schon habe ich an der Kasse meinen Artikel in der Hand: Verpackt in einer Plastiktüte, der Erbsünde der Konsumgesellschaft schlechthin.
Normalerweise gelingt mir rechtzeitig ein hastiges „Es geht ohne Tüte, danke“. Die Kassierer schauen meist irritiert, stopfen aber den Plastikbeutel wieder unter die Theke. Offensichtlich gehöre ich unter den Freaks, die hier im Frankfurter Bahnhofsviertel an der Kasse auflaufen, noch zur harmloseren Variante.
Plastik: Gefahr für Seehund & Co
Nun schleppe ich meinen Einkauf also in einer Plastiktüte nach Hause. Wird diese Tüte im Meer schwimmen und den Meeresbewohnern den Garaus machen? Immerhin gelangen jedes Jahr grob geschätzt etwa 10 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere. Als Strandgut lassen diese Plastikteile vormals weiße Südseestrände aus der Ferne betrachtet aussehen wie ein buntes Bällebad. Schlimmer noch: Seehunde verheddern sich in Netzen, Vögel sterben an zu viel Plastik im Magen und Lederschildkröten verwechseln im Meer schwimmende Plastiktüten mit Quallen, ihrer Nahrung.

Und meine Plastiktüte?
Nun, soweit wird es mit meiner Plastiktüte vermutlich nicht kommen. Wenn ich die Tüte nicht gerade über den Deich werfe, bietet in Deutschland der Gelbe Sack oder die Gelbe Tonne die Möglichkeit, die Plastiktüte ordnungsgemäß zu versenken. Der Verpackungsmüll landet dann in Sortieranlagen. Mit einem Verfahren namens „Windsichtung“ werden Plastiktüten und andere Folien aus dem Abfallstrom geblasen, so dass diese separat weiter verarbeitet werden können. Ergebnis ist allerdings ein Gemenge aus verschmutzten Resten verschiedener Kunststoffgattungen.
Letztendlich ist die Auswahl an Produkten, die aus diesem Recycling-Material hergestellt werden können, überschaubar: Dickwandige Müllsäcke oder Baufolien sind das Ergebnis dieses Recyclings.
Recycling allein reicht nicht
Ist also alles paletti mit mir und meiner Plastiktüte, solange ich sie nur in die richtige Tonne schmeiße? Ein Blick auf die Zahlen lässt mich zweifeln: Jedes Jahr werden in Deutschland 6,1 Milliarden Plastiktüten auf den Markt geworfen. Mit einem Verbrauch von 71 Plastiktüten pro Einwohner steht Deutschland in Europa dabei sogar noch ganz gut da. In Polen und Portugal sind es beispielsweise fast 500 Tüten pro Einwohner und Jahr. Laut EU-Beschluss muss die Durchschnittsmenge in Deutschland bis zum Jahr 2025 auf höchstens 40 Tüten pro Kopf und Jahr sinken.
Machen wir uns nichts vor: Im Grunde sind Plastiktüten ein durch und durch sinnloser Artikel. Rohstoffe werden verbraucht und das Klima belastet, um einmal seinen Einkauf nach Hause zu tragen.

Unnütze Plastiktüten: Warum ändern wir nichts?
Alternativ kann ich eine Einkaufstasche mit in den Laden nehmen oder einen Baumwollbeutel für den Spontaneinkauf mitführen. So wie früher eben. Warum wird das trotzdem so wenig gemacht? Um den Gebrauch von Plastiktüten einzudämmen, kommen mir so einige Gedankenspiele in den Kopf. Zum Beispiel: „Das Betreten des Lebensmittelmarktes ist nur bei Mitführen eines ausreichend dimensionierten Einkaufsbehältnisses gestattet.“
Hmja, soweit wollen wir es dann doch nicht kommen lassen. Andere Gedankenspiele sind da schon ernsthafterer Natur. Zum Beispiel ein deutlicher Preisaufschlag für Einwegtüten. In Irland ist es so gelungen, den Verbrauch um 96 Prozent auf 20 Stück pro Einwohner und Jahr zu senken. Respekt also. Auch für uns Deutsche ein Vorbild.
Eine Einkaufstasche zum Liebhaben
Werden wir als monetär getriebene Meute erst etwas ändern, wenn die Einwegtasche an der Kasse einen Euro kostet? Vielleicht ist es Zeit, das Thema mit einem anderen inneren Bewusstsein anzugehen. Ist meine Einkaufstasche nicht ein treuer Begleiter auf Lebenszeit? Vielleicht sollten wir unserer Einkaufstasche einen Namen geben. Oder sie mit dem Autogramm eines bekannten Fußballstars versehen. Nur damit wir immer daran denken, unseren zuverlässigen Begleiter nicht alleine zu Hause stehen zu lassen. Es ist wie mit dem Zähneputzen. Immer dran denken, dann schleift es sich langsam in unsere Alltagsgewohnheiten ein.
So komme ich also nach Hause und stopfe das kleine Plastiktütchen zu den gefühlt 200 anderen Plastiktüten in die Schublade. Ja, ja: „Wir arbeiten dran“. Auch eine schöne Ausrede.
Der einfachste Weg ist ein Verbot von diesen dünnen Plastiktüten. Eine Reihe von “Drittweltländern” haben uns das schon vorgemacht.
Hier ist immer “nur” von den dünnen Plastiktüten die Rede …
Viel schlimmer finde ich jedoch, dass heutzutage fast jedes Lebensmittel in Plastik steckt und der Verbraucher kaum eine Wahl hat dem zu entgehen. Es sei denn er kauft alles z. B. auf dem Wochenmarkt.
Und leider werden nach meinem Eindruck ganz besonders häufig Bio-Obst und ‑Gemüse vor dem Verkauf in (i.d.R. konventionellen) Supermärkten in Plastikfolie eingeschweißt — warum das so ist oder sein muss ist mir noch nicht klar geworden (vielleicht um ungewolltes oder absichtliches Vertauschen mit konventionellen Lebensmitteln zu verhindern?).
Generell finde ich, anhand einer Entplastikfizierung [privat als auch beruflich],dauerhaft ein Zeichen zu setzen. Ziel ist es, dem nächsten zum Mitmachen zu animieren und somit eine Welle der Solidarität mit den leidenden Meeres-Mitbewohnern zu bekunden.
Ich weiss ja nicht wie ihr euren Muell sammelt und abtransportiert aber ich brauche jedenfalls Plastiktueten als Muellbeutel auf anstatt rollenweise welche zu kaufen.
Das Schlimmste, der Gipfel der Dekadenz sind Waffeln und Popcorn in massiven schweren Plastikeimern!!! Ein Mal gekauft und gegessen wird dann der gesamte Plastikeimer weggeschmissen. Das muss wirklich nicht sein.
Aber ja, das mit den Plastiktüten ist auch schlimm.
bedauerlich ist, dass die Erziehung k e i n e Plastikverpackungen zu verwenden nicht schon im Elternhaus, in den Kindergärten, später in den Schulen, gelehrt/vermittelt wird. Jedes Schulheft und Buch und Pausenbrot wird in Plastikhüllen/-Folie verpackt. — In der frühen Erziehung fängt es an… Und wieviel Plastikflaschen werden von Jugendlichen weggeworfen,obwohl sie mit 0,25 € Pfand belegt sind?
Auch in jedem Bekleidungsgeschäft und jeder Apotheke bekommt man eine Plastiktüte, ohne sie bezahlen zu müssen. Ich nehme selbst bei Mode immer eine eigene Tasche mit. Die Modegeschäfte könnten sic diese Kosten sparen und das Geld lieber den Näherinnen zukommen lassen.
Ich muss Martina zustimmen, man kommt einfach nicht drum rum, schaue man sich mal in den Supermärkten um. Es ist richtig übel geworden. Und die Leute packen sich selbst Bananen in die kleinen, dünnen Gratistütchen. 2‑fach Plastik umverpackt und was es nicht alles gibt, mit der Ausrede: Hygiene.
Plastik vergiftet uns und die Tiere und es scheint einfach niemanden ernsthaft zu interessieren. Es ist den meisten schlicht egal…
Die Plastik ist in der Herstellung auch einfach viel zu billig, da müssen schlicht die Steuern rauf. Es muss im Portmonee weh tun, allein mit Appellen bekommt man die Leute nicht zum Umdenken.
Hallo,
in meiner Stadt gab es vor einigen Tagen einen sehr interessanten Vortrag eines Bloggers, der über seine Erfahrungen, von Plastik wegzukommen, berichtet hat (plastic-diary.blogspot.de) — das hat mich zum Nachdenken über mein eigenes Konsumverhalten gebracht: da ist noch Luft nach oben. Aber ich finde, es geht nicht NUR ums Plastik, sondern überhaupt darum, wie wir mit (begrenzten) Ressourcen umgehen: z. B. Aluminium: das ist viiiel zu schade für Getränkedosen, Alufolie und diese grässlichen Einweg-Teelichthalter. Gemessen am Energieaufwand, der für die Herstellung von Aluminium nötig ist sind die Einweg-Verpackungen aus Alu eigentlich viel zu billig?!
Toller Artikel, danke!
Ich hätte gerne eine Stofftasche/Jutebeutel mit Panda drauf…
Finde es unverantwortlich wie egal es manchen Menschen ist, wohin das Plastik verschwindet. In Bad Neustadt/Saale bekommt man seit ein paar Monaten nur noch eine Plastiktüte wenn man diese auch bezahlt, um unnötige Umweltverschmutzung einzugrenzen. Sollte überall so gemacht werden. Ist ein Anfang…