Vieles von dem, was wir essen und kaufen, geht auf Kosten unserer Lebensräume – und der Wälder. Dabei ist ein umweltfreundliches Leben so leicht wie schmackhaft. Wir zeigen, wie Nachhaltigkeit gelingt und schmeckt.
Vom Wald, über den Acker bis zum Teller: Unsere Essgewohnheiten haben mehr mit Umweltschutz zu tun, als man auf den ersten Bissen vermuten mag. Denn das globale Ernährungssystem ist verantwortlich für 70 Prozent des Verlustes an biologischer Vielfalt auf dem Land. In Flüssen und Seen sind es 50 Prozent. Dabei ist Diversität für unser Leben ebenso wie unser Essen elementar. Dafür braucht es eine intakte Natur. Ein Kreislauf, den wir aktuell schon beim Einkaufen im Supermarkt gefährden.
Risikozone „Supermarkt”
Wir entnehmen immer mehr Rohstoffe und Ressourcen aus den Ökosystemen, die uns umgeben, ohne diese im gleichen Maße zu schützen. Da genügt schon ein Blick auf den Einkaufszettel: In zahlreichen Produkten aus dem Supermarkt steckt sehr viel Wald. Bei Soja, Kakao, Milch, Fleisch, Schokolade, Eiern oder Tofu werden zumindest einige Käufer hellhörig und prüfen das Etikett. Aber bei anderen Produkten sind die Lieferketten und ihre Auswirkungen auf Wälder schwerer durchschaubar. Das betrifft zum Beispiel Artikel aus der Drogerie wie Duschbad oder generell die zahlreichen Plastikverpackungen. Auch Grillkohle steht auf der roten Liste. Den hohen ökologischen Preis sieht der Verbraucher auf den ersten Blick oft nicht. Noch gibt es zu wenig und eindeutig gekennzeichnete Produkte, die den Nachhaltigkeitsaspekt mit unter anderem dem Wasserverbrauch oder der Entwaldung fokussieren. Langfristig braucht es eine gesetzlich verankerte Kennzeichnung der Ware nach Art und Herkunft inklusive des Nachhaltigkeitsaspektes, damit dem Käufer seine Entscheidung erleichtert wird. Parallel müssen Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden. Denn der aktuelle Zustand ist auf Dauer ungesund – für alle: Mensch und Natur.
6 Tipps für Besseresser
Wer nicht auf die Politik warten, sondern lieber selbst aktiv werden möchte, der findet hier ein paar Anregungen für ein nachhaltiges und schmackhaftes Leben, das den Wald bewahrt.
Tipp 1 – Weniger … von allem
Weniger kaufen, fliegen, mit dem Auto fahren, Müll produzieren, Pappbecher verwenden, wegschmeißen, Fertigprodukte, Milch, Fleisch, Eier, Kleidung… Die Liste könnte noch um zahlreiche Punkte erweitert werden. Doch Achtung! Dabei geht es nicht um die neue Enthaltsamkeit oder um ein Leben im Minimalismus. Es geht um ein bewusstes Hinterfragen der eigenen Bedürfnisse. Und die sind ganz individuell.
Jeder von uns besitzt durchschnittlich rund 10.000 Dinge. Viele davon gehören zu unserer Identität. Doch längst nicht alle machen uns glücklich oder verwenden wir überhaupt. Dabei hinterlässt der Kauf jedes Produktes Spuren für den Wald. Besonders Industrienationen betreiben dabei Ressourcenverschwendung. Denn auf ein Fünftel der Weltbevölkerung entfallen 85 Prozent aller Ressourcen. Dazu zählt auch der Wald.
Das kann jeder jetzt tun:
- den Überkonsum reduzieren.
- weniger Wegwerfen von Sachgegenständen bis hin zu Lebensmitteln.
- auf die Ressourcenverschwendung beim Einkauf achten, also lieber nicht-verpackte oder wenig-verpackte Ware kaufen.
- auf die Qualität und Lebensdauer der Produkte achten, also besser hochwertige, langlebige Produkte kaufen statt Einwegprodukte wie Pappbecher.
Wer bewusst sein Einkaufsverhalten hinterfragt und nicht alles sofort kauft, der schützt den Wald.
Tipp 2 – Anders (und lecker) Essen
Wir „essen“ mehr (Regen-)Wald als wir ahnen. Doch der Anbau von Obst, Gemüse oder auch Soja sowie Kakao braucht Fläche. Diese wird global zum Großteil über Entwaldung hergestellt und anschließend landwirtschaftlich intensiv bewirtschaftet, um den Ertrag zu maximieren. Der Klassiker ist der Agrarrohstoff Soja.
Soja — Wunderbohne oder Klimakiller?
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Für unseren Konsum an Nahrungsmitteln, für die Soja benötigt wird, beanspruchen wir eine Fläche von 2,84 Millionen Hektar, das entspricht in etwa der Größe Brandenburgs, die zu großen Anteilen in Brasilien und Argentinien liegt. Davon entfallen gut 96 Prozent auf die Erzeugung tierischer Nahrungsmittel, wie Fleisch oder Milch. Soja wird als Sojaschrot in der Fütterung für Schweine, Hühner und in geringerem Maße auch für Rinder eingesetzt. Dabei dienen nur knapp vier Prozent der Soja-Anbaufläche der Erzeugung von pflanzlichen Lebensmitteln, wie Tofu oder Soja-Speiseöl. Das hierfür benötigte Soja kommt vor allem aus dem europäischen Raum.
Was kann der Verbraucher tun? Anders essen
Jeder Deutsche nimmt im Durchschnitt zehn Prozent mehr Kalorien zu sich als empfohlen. Die EAT-Lancet-Kommission, ein weltweit führendes Gremium, empfiehlt für ein gesundes ökologisches Gleichgewicht eine “Planetary Health Diet”, die flexibel an die unterschiedlichen Kulturen und Essgewohnheiten angepasst werden kann. Das bedeutet, der Fleischkonsum wird um 43 Prozent reduziert und der von Gemüse um mindestens 51 Prozent erhöht. Die gute Nachricht: Jeder kann gut, ausreichend und schmackhaft essen, ohne die Erde zu überlasten. Das geht nicht über Nacht, aber es geht. Und der WWF zeigt wie. Ob vegetarisch oder flexitarisch, für alle Geschmäcker stellt der WWF regelmäßig Menüs vor, wie eine planetarisch kulinarische Woche aussehen könnte. Jedes Gericht basiert auf Ernährungsstudien sowie den EAT-Lancet-Empfehlungen. Hier geht’s zu den aktuellen Menüs.
„Planetary Health Diet“
- Flexitarische Ernährung
- Vegetarische Ernährung
- Vegane Ernährung
Den mit Abstand größten Anteil am Fußabdruck Biodiversität haben mit 58 Prozent Fleisch und Wurstwaren sowie Tierprodukte wie Molkereiprodukte und Eier (19 Prozent). Dies ist vor allem auf die Auswirkungen des Sojaanbaus zurückzuführen. Allein 29 Prozent entfällt auf Soja.
Tipp 3 – Waldfreundliche Schokolade naschen
Kakao schadet dem Wald, denn von allen pflanzlichen Lebensmitteln hinterlässt Kakao mit fünf Prozent den größten Fußabdruck Biodiversität. In Zahlen: 5,7 Kilogramm “vernascht” jeder Deutsche im Jahr. Damit kommt ein Flächenfußabdruck von über 780.000 Hektar zusammen. Das besagt unsere Studie „So schmeckt Zukunft.” Die größten Anbauregionen liegen dabei im tropischen Regenwald. Sie befinden sich an der Elfenbeinküste, gefolgt von Ghana, Nigeria und Kamerun. In allen diesen Regionen wird Kakao angebaut, wofür häufig wertvolle Waldökosystem umgewandelt werden. Hinzu kommt die hohe CO2-Bilanz. Auf der anderen Seite gilt Kakao als Superfood, das zahlreiche positive Wirkungen hat. Doch ein Verzicht muss nicht sein, denn man kann mit Schokolade den Regenwald retten.
Dass sich Kakaoanbau und Regenwaldschutz vereinbaren lassen, beweist ein WWF-Projekt in Ecuador. Dieses unterstützt indigene bäuerliche Kooperativen in der Provinz Napo. Ziel ist es, die traditionelle Anbauweise zu erhalten, die Existenzgrundlage der Familien zu verbessern und gleichzeitig den Regenwald zu schützen, Artenvielfalt zu erhalten sowie eine rückverfolgbare Lieferkette nach Deutschland aufzubauen. Der traditionelle naturnahe Anbau in einer waldähnlichen Struktur macht zudem die Koexistenz verschiedener Tier- und Pflanzenarten möglich.
Die Bohnen aus der Projektregion sind nicht nur mit verschiedenen Standards wie Bio und Fairtrade zertifiziert, sondern schmeckt auch noch lecker. Fair naschen für den Wald ist also möglich. Was jeder von uns damit sofort tun kann: Bewusst (weniger) genießen und Fairtrade-Schokolade kaufen.
Tipp 4 – Auf Holz bauen
Holz ist ein natürlicher und nachhaltiger Baustoff, der nachwächst. Seit Tausenden von Jahren wird er deshalb zum Bauen von Gebäuden genutzt. Doch noch ist diese Art zu Bauen in Deutschland keine gängige Praxis. Im Gegenteil: Immer noch werden rund 40 Prozent unseres Laubholzes durch die Verbrennung energetisch verwendet, anstatt qualitativ hochwertig wie im Bausektor. Denn deutsche Verordnungen sind auf die konventionelle Massivbauweise ausgerichtet. Das erschwert den Einsatz von Holz im Bau. Dabei reduzieren Holzbauten die CO2-Belastung der Atmosphäre gegenüber Massivhäusern. Holz speichert klimaschädliche Emissionen, kann Feuchtigkeit regulieren und besitzt darüber hinaus gute Dämmeigenschaften. Damit wäre Holz, welches als Baustoff verwendet wird, ideal, um Baumaterialien, die aus endlichen Rohstoffen unter hohem Energieeinsatz hergestellt werden, zu ersetzen. Für eine Verbesserung der Ökobilanz hat der Baustoff viel Potenzial. Damit braucht es dringend den Umstieg auf diesen klimaschonenden Baustoff – vorzugsweise aus unseren heimischen Wäldern.
Aber Achtung: Holz hat nicht automatisch eine positive Ökobilanz. Es kann sogar der Umwelt mehr schaden. Abhängig davon ist das Ursprungsland – also der Ort der Rohstoffgewinnung. Wichtig ist, dass regional produziert wird und die Transportwege gering bleiben. Zudem sollten die Wälder, die als Entnahmequelle dienen, nachhaltig bewirtschaftet sein.
Mein Tipp: Holz aus zertifizierten, nachhaltigen Anbauregionen. Das FSC-Zertifikat gilt dabei derzeit als Nachweis für eine verantwortungsvolle Waldwirtschaft.
Tipp 5 — Bäume pflanzen und verschenken
Bäume pflanzen können alle. Als Gemeinschaftsprojekt macht das sogar richtig Spaß. Und wer nicht selbst direkt mit der Schaufel aktiv werden will, der kann Bäume verschenken. Mit dem Geld sorgt dann die Forstwirtschaft dafür, dass die Wälder klimafit gemacht werden. Das heißt, dass die richtigen Baumarten an den richtigen Standorten wachsen, um dadurch die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit zu erhöhen. Dazu gehört auch, eine höhere Vielfalt anzusiedeln, denn Vielfalt minimiert das Risiko großflächiger Verluste bei Schadereignissen. So gelten heimische Mischwälder als Erfolgskonzept für die Zukunft. Doch auch global geht Bäume pflanzen. Darauf haben sich verschiedene Organisationen spezialisiert. Eine clevere Idee sind auch Suchmaschinen, die mit jeder Suchanfrage Einnahmen generieren. Diese werden verwendet, um dort Bäume zu pflanzen, wo sie am dringendsten benötigt werden.
Tipp 6 — Sharing is (wood) caring
Nachhaltig leben bedeutet auch, neue Menschen kennenzulernen und neue Ideen auszuprobieren. Schon mal einfach für die Nachbarn mitgekocht? Daraus kann nicht nur eine neue Freundschaft erwachsen, sondern auch ein nachhaltiger Umgang mit Lebensmitteln. Ein anderes Konzept ist das Foodsharing. Täglich werden neue regionale Gruppen gegründet, über die man seine Lebensmittel teilen kann.
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Auch immer mehr Geschäfte, Restaurants und Lebensmittelläden bieten Nahrungsmittel oder ganze Menüs am Abend vergünstigt an. Innovative Start-ups haben dafür Apps entwickelt, die Käufer mit Verkäufern verbinden. Dazu zählen beispielsweise Too Good To Go, Resq-Club oder MealSaver. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Denn bis zu 30 Prozent aller produzierten Lebensmittel gehen heutzutage allein durch Verschwendung verloren. Dabei benötigt die Produktion jedes Nahrungsmittels wertvolle Ressourcen. Dazu zählt auch der Wald. Kurz: Je mehr produziert wird, umso mehr Wald ist gefährdet, wird direkt abgeholzt oder indirekt über unter anderem intensive landwirtschaftliche Nutzung gefährdend.
Um weniger wegschmeißen zu müssen, kann Essen auch ganz einfach haltbar gemacht werden. Wie zu Omas’ Zeiten: einkochen oder fermentieren. Auch super teilen lassen sich beispielsweise Waschmaschine, Staubsauger, Fahrrad, Auto, etc. Das schont Ressourcen bei der Produktion und erweitert den Bekanntenkreis.
Fazit:
Das Wichtigste ist, über den eigenen Lebensstil nachzudenken und einfach mal zu machen. Ausprobieren. Testen. Und wenn es nicht funktioniert oder geschmeckt hat, dann wieder von vorne beginnen. Nur so, und nur gemeinsam, können wir die natürlichen Ressourcen und unseren Wald lange genießen.
Weltwald — unbedingt weiterlesen!
Cooler Beitrag … mag den Wald als Fotomotiv und grüne Lunge sehr!
Ich habe einen Forst, den ich betreibe. Es war wirklich sehr gut zu lesen, dass sehr viel Laubholz für die Verbrennung genutzt wird. Ich werde zusehen, Bäume für den Hausbau zu verwenden.