Was­ser­kraft in der Ener­gie­wen­de: Umbau statt Neubau! 


Wasserkraftwerk am Inn, Film Was Fische Wollen
Das Gemeinschaftskraftwerk (GKI) von Engadiner Kraftwerken, TIWAG und VERBUND wird in der Innschlucht errichtet und soll 2023 in Betrieb gehen © Ch. Walder - ecotone

Ein Umbau am Inn kann 1500 Kleinst­kraft­wer­ke erset­zen. Den Aus­bau der klei­nen Was­ser­kraft kön­nen wir uns spa­ren. Ihre För­de­rung hat im neu­en EEG nichts zu suchen.  

Kürz­lich hat­te ein Fluss­film Pre­mie­re. Ja, das gibt es, denn Flüs­se sind wich­tig. Und Flüs­se sind selbst gro­ße Erzäh­lun­gen. „Was Fische wol­len“ ist ein ein­stün­di­ger Doku­men­tar­film über den Inn in Tirol, gedreht von Chris­toph Wal­der, einem Kol­le­gen vom WWF Öster­reich. Haupt­dar­stel­ler sind, neben dem Inn selbst, die in ihm leben­den Äschen – wun­der­schö­ne Fische mit einer lang­ge­zo­ge­nen hohen Rücken­flos­se, auch Fah­ne genannt. Im Inn waren die Äschen noch vor eini­gen Jahr­zehn­ten so häu­fig, dass sich der Fluss zur Laich­zeit bis­wei­len schwarz färb­te, so erzählt es im Film ein Fischer. Gezeigt wer­den auch fas­zi­nie­ren­de Unter­was­ser­sze­nen von der Paa­rung der Äschen in einem Sei­ten­bach: Wie die Weib­chen im Bach­bett die Nes­ter für die Eiab­la­ge vor­be­rei­ten, indem sie mit dem Schwanz Laich­gru­ben in den Kies schla­gen. Wie sich dann die Part­ner ein­an­der nähern, sich anein­an­der­schmie­gen und gera­de­zu beben im kur­zen Lie­bes­akt. Wie sie ein­an­der dabei mit ihren Fah­nen bede­cken. Unglaub­li­che Aufnahmen.

 

Aber von die­sen Bil­dern abge­se­hen ist „Was Fische wol­len“ ein bedrü­cken­der Film, denn die Äsche im Inn steht vor dem Aus­ster­ben. Das Aus­maß, in dem der gro­ße Alpen­fluss für die Was­ser­kraft­nut­zung aus­ge­baut wur­de, hat die­se Tier­art und den Fluss selbst an den Rand ihrer Exis­tenz gebracht. „Letz­te Chan­ce für den Tiro­ler Inn“, so der Unter­ti­tel. Dar­auf kom­me ich gleich noch­mal zurück.

Wir kön­nen uns 1500 Kraft­wer­ke sparen

Mei­ne baye­ri­sche Kol­le­gin hat mir etwas Inter­es­san­tes vor­ge­rech­net: Ein Umbau am Inn kann rund 1500 klei­ne Was­ser­kraft­wer­ke erset­zen. Bekann­ter­ma­ßen fließt der Inn nach Deutsch­land, zur Donau hin. Auch im Unter­lauf in Bay­ern ste­hen eini­ge gro­ße Was­ser­kraft­wer­ke. Das Inn-Kraft­werk Jet­ten­bach-Töging wird gera­de erneu­ert, und die Leis­tung des Kraft­wer­kes erhöht sich dadurch um rund 20 Pro­zent. Ich las­se die genau­en Zah­len hier weg, aber ver­gli­chen mit Kleinst­kraft­wer­ken (Anla­gen in der Kate­go­rie < 100 kW) bedeu­tet das: Mit dem Umbau die­ses einen Inn-Kraft­werks kann am sel­ben Stand­ort eine Strom­men­ge zusätz­lich gewon­nen wer­den, für die sonst etwa 1500 klei­ne Anla­gen an ande­ren Stand­or­ten betrie­ben wer­den müss­ten. Das sind sehr vie­le Bau­wer­ke in sehr vie­len Bächen und klei­nen Flüs­sen. Und sie haben auf die Fisch­be­stän­de und Gewäs­ser­le­bens­räu­me gra­vie­ren­de Auswirkungen.

Die Schä­den der Klei­nen Wasserkraft

Die durch klei­ne Was­ser­kraft­wer­ke ver­ur­sach­ten Umwelt­schä­den bestehen nicht nur dar­in, dass den Tur­bi­nen unzäh­li­ge Fische zum Opfer fal­len, son­dern sie zer­schnei­den auch das Gewäs­ser­netz. Als Bau­wer­ke stel­len sie quer im Fluss ste­hen­de Bar­rie­ren dar. Und sie ver­ur­sa­chen einen Rück­stau. An jeder die­ser Anla­gen wird ein Gewäs­ser auf­ge­staut, oft über lan­ge Stre­cken. Aus mur­meln­den Bächen wer­den ver­schlamm­te Tei­che. Alles in allem ist der öko­lo­gi­sche Scha­den, den klei­ne Was­ser­kraft­wer­ke ver­ur­sa­chen, unver­hält­nis­mä­ßig groß. Ein aktu­el­les Memo­ran­dum aus der Wis­sen­schaft beschei­nigt der klei­nen Was­ser­kraft eine „stark nega­ti­ve Umwelt­bi­lanz“.

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Es ist daher gut, wenn im neu­en EEG kei­ne För­de­rung klei­ner Was­ser­kraft­an­la­gen mehr vor­ge­se­hen ist. So sieht es der Gesetz­ent­wurf vor, über den der Bun­des­tag der­zeit debat­tiert. Hof­fen wir, dass die­ser gute Vor­schlag eine Mehr­heit fin­det. Statt einer För­de­rung für neue Anla­gen soll­ten Bund und Län­der viel­mehr Anrei­ze für Still­le­gung schaf­fen und drin­gend den Rück­bau von Bar­rie­ren för­dern, damit mehr Fließ­ge­wäs­ser wie­der fließen.

Letz­te Chan­ce für den Inn und die Äschen

Fische Äschen Inn
Äschen wol­len freie Gewäs­ser © Ch. Wal­der — ecotone

Das bringt mich zurück zur Äsche, zum Film „Was Fische wol­len“ und zu sei­ner Bot­schaft: Wenn die Äsche noch eine Chan­ce hat, wenn der Inn noch eine Chan­ce hat, dann liegt sie vor allem in den Zuflüs­sen und in den Sei­ten­bä­chen. Nur hier fin­den sich noch Lebens­räu­me, in denen sich die Äschen noch erfolg­reich ver­meh­ren kön­nen. Von hier kön­nen sie ein­wan­dern in den Inn und hier­hin kön­nen sie aus­wei­chen. Der Inn ist wie jeder Fluss Teil eines Adern­ge­flechts. Das Kon­ti­nu­um von der Mün­dung in die Quell­bä­che ist für das Leben der Flüs­se essen­ti­ell, nicht nur für die Äsche, son­dern für die gesam­te Fischfauna.

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Wenn der Inn und ande­re Flüs­se eine Chan­ce haben sol­len, dann müs­sen ihre Zuflüs­se frei­ge­hal­ten wer­den, soweit dies noch mög­lich ist, und ihre Durch­gän­gig­keit wie­der­her­ge­stellt, wo es nur geht. Das übels­te wäre es, das gesam­te Fließ­ge­wäs­ser­netz bis in den letz­ten Bach mit klei­nen Was­ser­kraft­wer­ken zu über­zie­hen. Es wäre das Aus.  

Für die Rol­le der Was­ser­kraft in der Ener­gie­wen­de muss die Devi­se lau­ten: Kein Neu­bau von klei­nen, son­dern Umbau und Ertüch­ti­gung von gro­ßen Kraft­wer­ken. Den Aus­bau klei­ner Was­ser­kraft kön­nen wir uns spa­ren. Eine För­de­rung für klei­ne Kraft­wer­ke hat daher im neu­en EEG nichts zu suchen. 

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2 Kommentare

  1. Florian Kohler
    2. Juli 2022
    Antworten

    Es ist erschre­ckend wie hier ein­fach Behaup­tun­gen als Tat­sa­chen hin­ge­stellt werden.
    Ver­glei­chen wir bit­te exakt den CO2 Aus­stoß der 6.500 klei­nen und mitt­le­ren Was­ser­kraft­wer­ke mit den 6.500 ent­spre­chen­den ande­ren Kraft­wer­ke. Die­ses prä­zi­se Rech­nung kann nur Ant­wort über die Nach­hal­tig­keit geben und nicht idea­li­sie­ren­de Überzeugungen.
    Apro­pos: ich lebe seit 60 Jah­ren am Was­ser­kraft­werk und habe noch nie einen toten Fisch hin­ter der Tur­bi­ne gese­hen. Aller­dings fischen wir durch unse­re sorg­sa­men Rechen ton­nen­wei­se Müll(Plastik…) aus dem Gewäs­ser — das weiß die Natur und der Fisch sehr zu schät­zen. Übri­gens auf eige­ne Kosten!

  2. Markus Fischer
    2. August 2022
    Antworten

    Sehr rich­tig ! Durch die klei­nen Rechen-Abstän­de der Klein­kraft­wer­ke von maxi­mal 2cm Stab­ab­stand!! kommt sicher Kein Fisch durch! Für Zweif­ler oder nicht ganz hel­le Lügner:
    Das pas­siert schon aus eige­nem Inter­es­se, denn wenn die Abstän­de grö­ßer wären, wür­den die klei­nen Lauf­rä­der von Klein­an­la­gen immer wie­der verstopfen!
    Schon ein­zel­ne Äste, die in dem Lauf­rad Karus­sel fah­ren, ver­schlech­tern den Wir­kungsggrad erheb­lich! Des­halb darf nur rei­nes Was­ser die Tur­bi­ne erreichen.
    Wer jetzt immer noch die Lügen der ver­bohr­ten Idea­lis­ten glaubt, ist sel­ber schuld.
    Komisch ist nur, dass die Fischer immer am Aus­lauf der Kraft­wer­ke angeln …war­um nur? Ganz klar! weil dort durch die Tur­bu­lenz der Tur­bi­nen wert­vol­ler Sau­er­stoff im Was­ser ange­rei­chert wird!
    Zusätz­lich macht jede Tur­bi­ne Lärm im Was­ser. Das mögen Fische über­haupt nicht und mei­den selbst die Nähe von Tur­bi­nen! Wie­der für Zweifler:
    pro­bie­ren Sie es sel­ber aus: gehen Sie an einen Bach wo die Fische ste­hen, ste­cken die Füße in das Was­ser und plan­schen Sie los! Was sehen Sie? Rich­tig! Die Fische neh­men schleu­nigst Reißaus!
    Und noch etwas: Wenn unser Kli­ma kippt, und das wol­len wir alle wirk­lich nicht hof­fen, gibt es über­haupt kei­ne Fische mehr! Das Was­ser wür­de sich immer mehr erwär­men, durch die trotz nied­ri­gem Was­ser­stand ein­ge­lei­te­ten Abwäs­ser der Menschen(und beson­ders auch der zweif­ler) Gül­le und Rei­fen­ab­rieb ver­seucht… dann gibt es kein Leben mehr darin.
    Dar­an hat die Was­ser­kraft Kei­ne Schuld! Sie erzeugt zu 100% Co2frei Energie!
    und schützt unse­ren Planeten!

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