Fleisch: Das Mär­chen vom Bauernhof


Birkenhof Fleisch Packung: was ist drin im Steak und in der Wurst?
Birkenhof-Fleisch © Robert Günter WWF

Grü­ne Wie­sen, Fach­werk­häu­ser, länd­li­che Idyl­le — der abso­lu­te Groß­teil der Fleisch und Wurst­pro­duk­te in unse­ren Super­märk­ten wird genau so bewor­ben. Und wie sieht die Rea­li­tät aus? Eines ist wohl klar: Die­se bun­des­weit ver­kauf­ten Pro­duk­te kön­nen bei der schie­ren Mas­se Fleisch gar nicht aus die­sen idyl­li­schen Höfen stam­men. Die Ver­brau­cher­zen­tra­le Ham­burg hat daher ein­mal genau­er hin­ge­schaut. Der Groß­teil der Fleisch­pro­duk­te stammt aus der Inten­siv­tier­hal­tung, bei der die Schwei­ne, Puten und Hähn­chen kei­nen Aus­lauf haben, hoch­ka­lo­ri­sches Fut­ter erhal­ten, um mög­lichst schnell an Gewicht zuzu­le­gen und — wie im Fall der Schwei­ne­hal­tung — die Schwän­ze kupiert bekommen. 

Bei­spie­le für die idyl­li­schen Bauernhöfe? 

© Bauernglück
© Bau­ern­glück

Bau­ern­glück — Qua­li­täts­fleisch aus Deutschland“

Das Logo erweckt den Ein­druck, Tie­re und Bau­ern leben alle gemein­sam glück­lich auf einem Bau­ern­hof in Deutsch­land. Über die tat­säch­li­che Tier­hal­tung erhielt die Ver­brau­cher­zen­tra­le jedoch kei­ne Infor­ma­tio­nen. Auf einer Inter­net­sei­te soll man einen Pro­dukt­code ein­ge­ben, um so wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu erhal­ten. In der Theo­rie zumin­dest. In der Pra­xis erhält man gar nichts.

 

© Hofgut "Gutes Essen"
© Hof­gut “Gutes Essen”

Hof­gut — Gutes Essen”

Ein klei­ner, alter Bau­ern­hof, der mir sagen soll: Hier ist die Welt noch in Ord­nung. Das Fach­werk­haus ist gezeich­net, als wäre es ein eben­so altes Logo, das schon seit vie­len Jah­ren ver­wen­det wird.

Wie es wirk­lich auf dem ehr­wür­di­gen “Hof­gut” aus­sieht, weiß man nicht. Es gibt kei­ner­lei Infor­ma­tio­nen über die Bedin­gun­gen der Tier­hal­tung. Es ist nicht mög­lich, etwas über die Lie­fer­ket­ten zu erfahren.

 

Nicht wie bei Oma

Natür­lich weiß jeder: Mit der Rea­li­tät der inten­si­ven Nutz­tier­hal­tung ist schwer zu wer­ben. Die Ver­brau­cher haben jedoch inzwi­schen gar kei­ne Ahnung mehr, wie Fleisch und Wurst her­ge­stellt wird. Dass Nutz­tie­re heu­te eben nicht mehr auf einem viel­fäl­ti­gen Bau­ern­hof mit Kreis­lauf­wirt­schaft leben, son­dern hoch­spe­zia­li­sier­te Betrie­be unse­re Steaks und Würs­te pro­du­zie­ren. Die Ver­brau­cher wur­den bei die­ser Ent­wick­lung ein­fach im Glau­ben gelas­sen, die Land­wirt­schaft funk­tio­nie­re noch immer wie in den 1950er Jahren.

Fleisch-Wer­bung trägt zur Ent­frem­dung bei

Wir müs­sen uns als Ver­brau­cher aber auch fra­gen, ob wir nicht zu bequem waren. Es ist ein­fach, sich vor­zu­stel­len, alles wäre noch wie bei Omas Hof­schlach­tung auf dem hei­me­li­gen Bau­ern­hof. Dass der Groß­teil der Tie­re unter unwür­di­gen Bedin­gun­gen leben muss, wird dann gern von uns aus­ge­blen­det oder wir wis­sen es schlicht gar nicht. Ich spre­che die Ver­brau­cher nicht frei von Schuld, aber die Wer­bung hat einen exzel­len­ten Job gemacht, genau die­se Idyl­le vorzugaukeln.

Dafür habe ich noch ein beson­ders gelun­ge­nes Beispiel:

© Bärchen-Streich
© Bär­chen-Streich

Bär­chen – Streich aus Privatfleischerei“ 

Das klingt doch nach einer kind­ge­rech­ten Ernäh­rung, her­ge­stellt in der haus­ei­ge­nen Flei­sche­rei. Das Bild unter­stützt die­sen End­ruck: Der Hof scheint sogar ein belieb­tes Ziel für Fami­li­en­aus­flü­ge zu sein, wo Kin­der spie­len und mit ihrem Hund herumtollen.

Die Wurst besteht aus Schwei­ne- und Puten­fleisch. Doch auf dem Bild fehlt jede Spur von ihnen. Auf der Packung steht “natür­lich”, was das auch immer hei­ßen soll. Über die Hal­tungs­be­din­gun­gen erfährt man nichts. Eine Rück­ver­fol­gung zu den Land­wir­ten ist auch nicht möglich.

Was ich mir wünsche?

Eine kla­re Kenn­zeich­nung der Hal­tungs­be­din­gun­gen wäre für mich der rich­ti­ge Schritt, um dem Ver­brau­cher die Chan­ce zu geben, zu ent­schei­den: Fleisch von Tie­ren kau­fen, die ohne Aus­lauf auf ihrer eige­nen Schei­ße leben und inten­siv gemäs­tet wer­den, oder eben die tier­ge­rech­te­re Alter­na­ti­ve — Bio-Fleisch, Wild- oder Wei­de­fleisch aus der Region.

Dafür braucht der Ver­brau­cher die nöti­ge Infor­ma­tio­nen und nicht den Wer­be­schlei­er, der sagt: Alles ist gut.

Oder was hal­tet ihr von die­sem Etikettenschwindel?

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8 Kommentare

  1. 17. Juni 2015
    Antworten

    Ja, das ärgert mich maß­los. Aber ich fürch­te, der “nor­ma­le” Ver­brau­cher will das so.
    Die meis­ten Fleisch­esser behaup­ten ja “Natür­lich bin ich ein Tier­freund. Ich lie­be doch mei­nen Hund / mei­ne Kat­ze…” Und da ist es ein­fach sehr schwer, sich ein­zu­ge­ste­hen, dass man auf der ande­ren Sei­te tag­täg­lich sehr vie­len Tie­ren sehr viel Leid antut.
    Also ist es ein­fa­cher, sich die Augen + Ohren zuzu­hal­ten (wie klei­ne Kin­der es tun) und an die Mär­chen der Wer­bung glau­ben zu wollen. 

    Man gucke sich mal die idyl­li­schen Bil­der auf den aller­meis­ten Vieh­trans­por­tern an… 

    Ich hal­te es da mit Paul McCart­ney… “Wenn Schlacht­hö­fe Fens­ter hät­ten, wäre jeder Mensch Vegetarier.”

    Aber die Wer­bung wür­de sich damit ja — im wahrs­ten Sin­ne es Wor­tes — ins eige­ne Fleisch schneiden.
    Was wir imho bräuch­ten, wären fai­re, gesun­de, wohl­schme­cken­de, erschwing­li­che alter­na­ti­ve Pro­duk­te, wel­che ohne Tier­leid her­ge­stellt werden!

  2. Kerstin
    17. Juni 2015
    Antworten

    Hal­lo Markus, 

    ja, das ärgert mich alles sehr. Auf der ande­ren Sei­te fra­ge ich mich aber auch: Wer glaubt den gan­zen Mist eigent­lich? Die wahn­sin­ni­gen Men­gen an Fleisch, die die Men­schen tag­täg­lich essen, kön­nen nicht auf idyl­li­schen Bau­ern­hö­fen pro­du­ziert wer­den. Das kann sich wohl kaum jemand einreden. 

    Die Lösung ist ein­fach: Ent­we­der nur sehr wenig oder mög­lichst gar kein Fleisch essen. Denn auch Deme­ter — Tie­re wer­den nicht tot­ge­strei­chelt.… (wobei es ihnen wahr­schein­lich mas­siv bes­ser geht als dem Tier, das oben auf dem Foto in der Packung gelan­det ist).

    Viel­leicht soll­te es Pflicht sein, dass jede Schul­klas­se ein­mal bei lau­fen­dem Betrieb eine Schlach­te­rei besich­tigt oder in eine Mas­sen­tier­hal­tung hin­ein­schau­en kann. Dann wür­de der Anteil von Vege­ta­ri­ern und Vega­nern in unse­rer Gesell­schaft mas­siv in die Höhe schnel­len und wir bräuch­ten uns kei­ne Gedan­ken über ver­lo­ge­ne Fleisch­wer­bung machen.…

  3. Lotti
    17. Juni 2015
    Antworten

    Als Wer­be­trei­ben­der mit fleisch­ver­ar­bei­ten­dem Betrieb auf der Kun­den­lis­te steht man lei­der auch macht­los da. Das The­ma exis­tiert nicht in unse­rem All­tag! Außer wenn gesagt wird: “Wir erwäh­nen gar nicht was für ein Fleisch da drin ist (außer auf der Zuta­ten­lis­te), denn der Ver­brau­cher soll sich dar­um gar kei­ne Gedan­ken machen, son­dern sich in unse­re unbe­schwer­te Welt einkaufen.”
    Als ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter Mensch muss ich eigent­lich nicht nur auf Fleisch ver­zich­ten, son­dern auch den Job wech­seln. Die wirt­schaft­li­che Macht dahin­ter ist beratungsresistent.

  4. Melanie
    17. Juni 2015
    Antworten

    Es gehört eine rea­le Kenn­zeich­nung mit Bil­dern drauf. Wie bei Ziga­ret­ten. Außer­dem Hin­wei­se wel­che gesund­heit­li­chen Schä­den zuviel Fleisch und das gan­ze Anti­bio­ti­ka anrich­ten können

  5. Sehr , sehr gute Kampagne.
    Wei­ter so! Danke.

    Mit nach­hal­ti­gen Grüßen

  6. Gisela
    6. Juli 2015
    Antworten

    Ich bin erst seit ca. 2 Jah­ren Vega­ner, und beschäf­ti­ge mich seit­her mit gesun­der Ernäh­rung. Habe aber auch frü­her nicht sehr viel Fleisch geges­sen. Wenn ich aber sehe, was gekauft und z.B. in Restau­rants für Por­ti­ons­grö­ßen auf­ge­tischt wird, bin ich am Ver­zwei­feln. In den Nach­rich­ten hör­te ich, dass 2014 so viel Fleisch in Deutsch­land pro­du­ziert und ver­zehrt wur­de, wie nie zuvor.Dabei müß­ten wir eine Trend­wen­de haben, um unser Kli­ma noch zu ret­ten. Man merkt ja schon, wie die meis­ten Deut­schen ticken, als mal der Vor­schlag kam, einen Fleisch­lo­sen Tag ein­zu­füh­ren, was gab es da einen Auf­schrei! Ich fürch­te, ohne gesetz­li­chen Druck ist da nicht viel zu machen, und das wird die Regie­rung tun­lichst ver­mei­den. Aber ich muß für die Fol­ge­kos­ten der Über­ge­wich­ti­gen immer mehr in die Kran­ken­kas­se einzahlen!

  7. 27. Dezember 2015
    Antworten

    Seit nun­mehr 5 Jah­ren betrei­ben wir den Hock­manns­hof, auf dem eine Fami­li­en­rot­te von 60 — 90 rot­bun­ten Husu­mer Land­schei­nen so leben kann, wie man sich das ger­ne wün­schen würde.

    Die Tie­re wer­den auf der Wei­de gebo­ren, sie leben zusam­men mit Ihren Müt­tern bis Sie groß sind. Wenn Sie ger­ne mal Bil­der sehen wol­len ein­fach https://www.hockmannshof.de/Rotbuntes-Husumer-Landschwein.html in Ihren Brow­ser ein­ge­ben so kön­nen die Tie­re bei uns leben.

    Ein Schwein wel­ches mehr als 800 m² Platz pro Tier hat bewegt sich natür­lich auch um ein viel­fa­ches mehr als eines mit nur 1,4 m² Platz pro Tier. Das hat zur Fol­ge, dass die Tie­re ca. 3–4 mal soviel Zeit brau­chen um das glei­che Gewicht auf die Waa­ge zu brin­gen wie ein Mast­schwein. Dazu kommt noch, dass die Tie­re nicht mit Indus­trie­fut­ter gefüt­tert wer­den son­dern aus­schließ­lich nur Fut­ter erhal­ten, wel­ches auf dem Hof selbst ange­baut wird und die natür­lich je nach Jahreszeit.

    Bei uns ‚leben die Tie­re 24 Mona­te in frei­er Natur und haben dann am Ende eines inter­es­san­tem und abwechs­lungs­rei­chen Lebens ein so tol­les dun­kel rotes Fleisch wel­ches von Geschmack nur so überläuft.

    Was darf so was kosten ?

    Wir haben im lau­fe der Jah­re vie­le schö­ne und vor allem Genuss­vol­le Pro­duk­te entwickelt.

    Wer sich dafür Inter­es­siert unser Shop http://www.feinschmecker-schwein.de/

    Jetzt sind wir sehr oft auch auf Genuss Märk­ten und ver­kau­fen unse­re Pro­duk­te dort direkt.
    z.B. 125 Gramm fei­ne Leber­wurst im Glas ohne jeden Zusatz­stoff und mit einem herr­li­chen Aro­ma für € 7,50 — 8,50 je Glas.

    Auf einem nor­mal gro­ßen Markt haben wir ca. 200 — 450 Kun­den pro Tag am Stand die­se kön­nen bei uns auch ger­ne alles Probieren.

    100 von 450 Besu­chern sagen: Schmeckt ja super, wie frü­her aber zu teuer.
    Wei­te­re 100 Besu­cher sehen das Preis­schild und lau­fen gleich wei­ter ohne zu probieren.
    100 fra­gen nach dem Preis und sind dann Vegetarier.
    und 50 bis 150 Besu­cher kau­fen mit Freude.

    Wie passt das, oder was darf ein Schwei­ne­le­ben / Tier kosten.

    Unse­re Erfah­rung: Selbst wenn das Pro­dukt deut­lich und sofort nach­voll­zie­bar bes­ser schmeckt als das was man so kennt, ist die Preis Bar­rie­re bei unter 4,00 je 125 Gramm.

    Am Stand neben an, wir Hand gemach­te Sei­fe mit 100 Gramm pro Stück für € 6,50 ver­kauft da geht deut­lich mehr über den Tresen.

    Ger­ne kön­nen Sie mich anmai­len um mit mir das The­ma zu vertiefen

    Mit freund­li­chen Grüß

    Hein­rich Hock

  8. E. Gruen
    18. November 2018
    Antworten

    Hal­lo Markus,

    Ich den­ke eine kor­rek­te Eti­ket­ten Bezeich­nung ist der rich­ti­ge Weg! Mei­ner Mei­nung nach soll­te man abschre­cken­de Bil­der (z.B. von der abar­ti­gen Tier­hal­tung) auf die Ver­pa­ckun­gen dru­cken, wie wir es von Ziga­ret­ten­schach­teln ken­nen. Ist sowas nicht mög­lich?? Ich kann allen Men­schen, die sagen ‘ist doch Quatsch’ die Doku­men­ta­ti­on “Erd­lin­ge” sehr emp­feh­len, seit­dem kau­fe ich nur noch Biofleisch! 😉

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