Auch in der ultimativ-subjektiven Presseschau zur fünften Kalenderwoche kommen wir an PEGIDA und der Lügenpresse nicht vorbei. So mahnt etwa Hans-Martin Tillack vom STERN zur medialen Selbstkritik. Natürlich sei es Quatsch, dass die deutsche Presse manipuliert oder gar CIA-gesteuert werde. Trotzdem müssten sich die Leser wundern, „wenn die Berliner Hauptstadtkorrespondenten (…) in kollektiver Besoffenheit einen Karl-Theodor zu Guttenberg zum kommenden Kanzler hochschreiben. Bis sich der Mann — uups! — doch als Blender entpuppt“ oder „ein ganzer Chor von Kommentatoren Peer Steinbrück als alternativlosen SPD-Kanzlerkandidaten“ ausruft. Auch Aufstieg und Fall des Ehepaares Wulff oder das Hoch- und Niederschreiben der Energiewende könnte in diese Aufzählung eingefügt werden. Natürlich gibt es keine systematisch geplanten, Redaktions- oder gar Verlagsübergreifenden Medienkampagnen. Doch ein medialer Herdentrieb befördert mitunter fulminante Themen- und Personenkarriere.
PEGIDA in Grün
Auch Joachim Müller-Jung, Leiter der FAZ-Redaktion „Natur und Wissenschaft“, beschäftigte sich mit PEGIDA. In seinem Kommentar „PEGIDA in Grün“ beurteilt er das geplante Verbot von Gentechnik auf deutschen Äckern als „Kapitulation vor der Demagogie“. Die heraufbeschworenen Gefahren der Gentechnik seien wissenschaftlich nicht haltbar. Und die Demonstration „Wir haben es satt“ sei ähnlich wie PEGIDA von „Wut statt Vernunft“ geprägt. Leider lässt er entscheidende Punkte der Gentechnik-Problematik galant unter den Tisch plumpsen. Statt den Hunger in der Welt zu bekämpfen, werden gentechnisch veränderte Pflanzen als Tierfutter genutzt, um den Bedarf an Billig-Fleisch zu decken. Zudem verkaufen die großen Hersteller patentiertes Saatgut mit dazugehörigem Pflanzenschutzmittel und verdienen zusätzlich an Lizenzgebühren. Nicht zuletzt scheint Gentechnik keineswegs den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Viele Schädlinge sind robuster als erwartet.
Nützliche Idioten
Einen gänzlich anderen Bezug zwischen PEGIDA und „Wir haben es satt“ stellt Ingo Schulze in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG her. Die Dresdner Bewegung ist ihm zufolge eine Ansammlung von „Nützlichen Idioten“ die mit inhaltsleeren und dumpfen Parolen für die Bundesregierung ein bequemes Reaktions-Ventil darstellten. Die fünfzigtausend Demonstranten in Berlin, die friedlich und mit Spaß demonstriert hätten, seien hingegen medial und politisch viel zu wenig beachtet worden. Einem Fazit, dem ich mich gerne anschließe.
Flaternde Monarchen
Breite, mediale Wahrnehmung erfuhr diese Woche hingegen eine andere, spektakuläre Massenbewegung: Jahr für Jahr flattern Abermillionen Monarchfalter über 4000 Kilometer von Kanada und den USA nach Mexiko, um dort zu überwintern. Eine Reise, die mehrere Falter-Generationen benötigt und von der DEUTSCHEN WELLEN mit der Kamera begleitet wurde. Doch die Schmetterlinge leiden unter Nahrungsmangel in den USA, Abholzung in Mexiko und dem Klimawandel. Wie der WWF Mexiko mitteilte, bezogen die schwarz-gelben Falter in diesem Jahr auf einer Fläche von knapp über einem Hektar ihr Winterquartier. Das war nach dem Rekordtief in 2014 zwar ein Zuwachs von 69 Prozent, stellt allerdings noch immer die zweitkleinste Fläche seit rund 20 Jahren dar.
Peeling oder Schminke?
Wer von Natur aus kein reizvoller Schmetterling sondern eher eine kleine Raupe ist und daher bei der äußeren Schönheit nachhilft, für den habe ich eine schlechte Nachricht: Mikroplastik ist zu einem ernst zu nehmenden Umweltproblem geworden. Die winzigen Granulatkügelchen, in vielen Peelings und Cremes enthalten, sollen zum Beispiel Hautschüppchen besser entfernen. Allerdings landen die kleinen Teilchen über das Abwasser oft in Flüssen und Meeren; reichern sich in der Nahrungskette an. Auf Antrag der Grünen hat der Bundestag über das Problem debattiert. Von einer gesetzlichen Regelung hält die Regierung nichts. Vielmehr wird auf den freiwillige Verzicht durch Unternehmen gesetzt. Konsumenten, die sich darauf nicht verlassen wollen, denen sei der entsprechende BUND-Einkaufsratgeber empfohlen. Wer jetzt aus ökologischen Gründen auf sein tägliches Plastik-Peeling verzichten will, dem bleibt der Griff zur Puderdose. In Zeiten von hochauflösender Kameratechnik sollte es aber professionelle HD-Schminke sein. Nur so wird auf dem Fernsehbildschirm aus einer kleinen Hautunreinheit kein Mond-Krater. Ein Ratschlag, den nicht nur Moderatoren und Pressesprecher beherzigen sollten, wie dieses Schild beweist. Dank modernster Überwachungsmethoden ist in Berlin Mitte HD-Schminke jederzeit angemessen.
Kuh der Woche: Exxon Mobil
Den Kuh der Woche landet (knapp) die Kommunikationsabteilung von EXXON MOBIL. Die Social Media Manger wollten wohl besonders witzig und locker rüberkommen und lassen auf Twitter noch bis kommenden Montag nach einem Namen für ihren Dinosaurier des Jahres suchen. Den Negativpreis haben die geschätzten NABU-Kollegen im Dezember 2014 an Gernot Kalkoffen, den Europachef von EXXON MOBIL, für seine Verharmlosung des umstrittenen Fracking-Verfahrens und als Repräsentant einer rückwärtsgewandten Energiepolitik verliehen. Mein Namensvorschlag lautet: Tyranno Exxonus Rex – ein animalischer Killer, der wegen eines plötzlichen Klimawandels ausgestorben ist. Aber auch mit J.R. Exxon oder Schreckensexxe kann ich mich anfreunden.
Und noch ’ne Geschlechtskrankheit gratis obendrauf…
Ein heißer Gegenkandidat für den Kuh der Woche war das Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Die geschätzten Kollegen gingen in der Pressemitteilung „Geschlechtskrankheiten bei Wildtieren“ der Frage nach, ob sexuelle Freizügigkeit die Immunkompetenz stärkt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung dürften wahrscheinlich nicht nur chronischen Berghain-Besuchern interessieren.
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