Massentierhaltung kann man als Tierfreund eigentlich nur schrecklich finden. Dass in Deutschland pro Jahr 55 Millionen Schweine und noch viel mehr Hühner geschlachtet und in alle Welt exportiert werden, ist spätestens seit Corona nicht nur moralisch, sondern auch gesundheitspolitisch relevant. Die derzeitige Intensivtierhaltung ist nicht nur ethisch fragwürdig. Sie ist ein Gesundheitsrisiko.
Seit dem Corona-Skandal im Schlachthof Tönnies wissen wir alle, dass in der Fleischindustrie auch Arbeiter zur Gewinnmaximierung ausgebeutet werden. Wir haben auch alle schon davon gehört, dass zwischen Tiermast und Regenwaldabholzung ein direkter Zusammenhang besteht. Und uns schmeckt das Fleisch immer noch?
Die Politik ist für diese ganzen Missstände verantwortlich, sagen wir. Es muss sich etwas ändern. Stimmt. Und zwar auch bei uns selbst.
Billig hat seinen Preis
Gut und billig soll unser Fleisch sein, unsere Wurst, unser Käse, unsere Milch. Doch billig hat seinen Preis. Zum Beispiel den Preis, dass in der fleischverarbeitenden Industrie Menschen aus Osteuropa als Billiglohnkräfte verheizt werden. Und dass Tierwohl immer noch klein geschrieben wird.
Wenn es um Corona geht, zeigen wir angesichts von Corona mit dem Finger in ferne Länder. Wir reden über Wildtiermärkte in Wuhan, Buschfleisch in Afrika und immer wieder über Fledermäuse. Wir schütteln den Kopf über Ernährungs- und Lebensweisen in Südostasien und Afrika. HIV, Ebola, SARS, MERS und Co. – ihr Ursprung liegt woanders, der Funke springt eben in globalisierten Zeiten schlicht schnell über. Das Problem aber sind „die Anderen“. Darauf erst mal einen leckeren Burger um die Ecke.
Wir haben als Konsumentinnen und Konsumenten mehr mit dem wachsenden Risiko der nächste Zoonose zu tun, als wir wahrhaben wollen. Der nächste Viren-Sprung von Tier zu Mensch liegt vielleicht ganz nah — im Stall um die Ecke. Die Spanische Grippe stammte wahrscheinlich aus einem nordamerikanischen Hühnerstall. Das Schweinegrippevirus von 2009 wurde erstmals unweit von einem Schweinemastbetrieb in Mexiko nachgewiesen. Nutztiere spielen weltweit eine Rolle als potenzielle Überträger von Viren. Das kann jederzeit auch in Deutschland der Fall sein.
Die Sache mit den Antibiotika…
Zur Zoonosen-Gefahr gesellt sich die Resistenz-Falle. Zwar ist der Einsatz von Antibiotika in der Schweinehaltung in den letzten Jahren zurück gegangen. Dennoch kommen insbesondere bei Mastkälbern und ‑hühnern weiter Antibiotika inklusive wichtiger Reserve-Antibiotika zur Anwendung. Im Stall bilden Keime Resistenzen; multi-resistente Bakterien können durch die Stallabluft, durch Gülle und durch das Fleisch der Tiere auf den Menschen wechseln.
Umweltrisiko Fleisch
Große Geflügel‑, Schweine- und Rindermastanlagen produzieren viel zu viel Stickstoff, der als Teil reaktiver chemischer Verbindungen Probleme schafft. Zu hohe Nitrateinträge durch Gülle und Mist auf viel zu wenig Fläche bereiten Trinkwasserversorgern vielerorts Sorge. Stickoxide sind Luftschadstoffe, ebenso wie Feinstaubverbindungen, bei denen Ammoniak im Spiel ist. Lachgas, was aus überdüngten Böden entweicht, ist wiederum ein Klimakiller.
Fleisch frisst Land
Andernorts frisst unser Fleisch Wald und Wildnis auf, weil das billige Futtermittel Soja dort riesige Flächen braucht. Die EU ist hinter China der zweitgrößte globale Importeur von Soja. In unseren Futtertrögen landet Lebensraum von Menschen und Tieren, darauf weisen wir schon seit vielen Jahren hin. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass das in die EU importierte Sojaschrot aus Gebieten mit einem hohem Entwaldungsdruck stammt wie zum Beispiel Brasilien. Neben dem Verlust einzigartiger Savannen und tropischer Wälder geht dies auch auf Kosten des Klimas. Verschwindet Wald für Acker, werden Treibhausgasen frei.
Politik gefragt – und wir alle
Keine Frage: Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Dialog über den Wert von Lebensmitteln und Natur. Über die Wertschätzung für nachhaltige Tierhaltung und Landwirtschaft. Wir müssen uns bewegen und verändern. Ja, da ist die Politik gefragt. Die Ausbeutung von Menschen im Schlachthof muss per Gesetz enden. Sicher, die Bundesregierung hat den Einstieg in mehr Tierwohl und Umweltschutz im Stall und auf dem Acker jahrelang verschleppt.
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Die Verantwortung liegt aber nicht allein in den Händen der Politik, des Lebensmitteleinzelhandels oder der Landwirt:innen. Sie schließt uns alle genauso ein.
Zurzeit stammt aber beispielsweise nur knapp ein Prozent des in Deutschland verkauften Fleisches aus dem Bio-Landbau. Veränderung beginnt bei uns auf dem Teller. Es macht mir in diesem Zusammenhang Hoffnung, dass in Deutschland offenbar deutlich seltener Fleisch auf den Tisch kommt als noch vor einigen Jahren. In der Umfrage “Ernährungsreport 2020” gaben 26 Prozent an, täglich Wurst oder Fleisch zu konsumieren. Im ersten “Ernährungsreport” vor fünf Jahren waren es noch 34 Prozent.
Wir sagen es schon lange, wir sagen es weiter: Wer sich sein Fleisch weiter schmecken lassen möchte, sollte weniger davon essen. Und die Finger von Billigfleisch lassen. Für das Tierwohl, das Klima, die Weltgesundheit, für dich selbst.
Sehr geehrte WWF-Freunde,
ich würde alles tun, um diesem Planeten zu helfen. Ich habe mich schon zeit
meines Lebens auf Bäumepflanzen verlegt. Ich suche schon lange nach
engagierten Mitstreitern für mein kleines Höfchen in Ungarn (1 ha Grund). Es wird Kräuter- und Heilpilzeanbau angestrebt. Aber auch ein Gnadenhof wäre möglich. Ich suche Mitbewohner für das Gästehaus, welche sich dieses herrichten und dort leben möchte. Bilder zu meinen Höfchen sind in Facebook unter meinem Namen zu finden. Ich bin V‑Partei-Mitglied.
Ich könnte mir auch vorstellen, mich für den WWF praktisch zu engagieren,
bei Baumpflanzungen usw.
Danke, dass es Sie gibt. Gruß Katharina Zwing
Hallo zusammen,
wann wollen wir endlich aufhören anzuprangern und zum gesamtgesellschaftlichen
Konsens aufzurufen? Das höre ich von Frau Klöckner seit Ewigkeiten!
Warum rufen wir nicht mal für 8 Tage zum Fleischboykott auf, eingepackt in eine öffentlichkeitswirksame Kampagne.
Am Ende des Lebens werden wir nach unseren Taten beurteilt und nicht nach unseren Appellen und Kritiken.
Radio
Liebe Tanja Dräger,
vielen Dank für den Beitrag! Ich sehe mir gerade das Video “WWF: Mit weniger Fleisch das Klima retten” auf ZDF an. Ich plane derzeit eine Studie zum Fleischkonsum durch und freue mich, wenn Sie mich kontaktieren. Leider konnte ich keine persönlichen Kontaktdaten von Ihnen finden — daher habe ich hier einen Kommentar hinterlassen.
Beste Grüße
Magdalena Lutzeyer