Cer­ra­do darf nicht sterben


Cerrado: Schwere Traktoren beim Anbau von Soja
Cerrado: Von Biodiversität zu Monokultur © alffoto / iStock Editorial / Getty Images Plus

Cer­ra­do? Bei Süd­ame­ri­ka den­ken wahr­schein­lich die meis­ten an den Ama­zo­nas, die Anden und viel­leicht noch die Pam­pas. Den Savan­nen­wald Cer­ra­do kennt hier­zu­lan­de kaum jemand. Dabei ist der Cer­ra­do wun­der­schön, rie­sen­groß, sehr beson­ders – und lei­der auch mas­siv bedroht.

Was ist der Cer­ra­do überhaupt?

Der Cer­ra­do ist eine Savan­ne-Wald Land­schaft in Süd­ame­ri­ka. Das bedeu­tet: Dich­tes Gras mit ver­ein­zel­ten Büschen und Bäu­men, aber auch fast geschlos­se­ne Wald­ge­bie­te. Etwa 25 Pro­zent der Flä­che Bra­si­li­ens gehö­ren zum Cer­ra­do. Er grenzt im Nor­den an den Ama­zo­nas­re­gen­wald und an die Mata Atlan­ti­ca im Süden. Der Cer­ra­do ist kei­ne eben­mä­ßi­ge Flä­che, son­dern cha­rak­te­ris­tisch unter­bro­chen von den „cha­pa­das“, aus­ge­dehn­ten kilo­me­ter­lan­gen Pla­teaus. Mit gut zwei Mil­lio­nen Qua­drat­ki­lo­me­tern ist der Cer­ra­do so groß wie Deutsch­land, Spa­ni­en, Frank­reich, Ita­li­en und Groß­bri­tan­ni­en zusam­men. Es ist das zweit­größ­te Biom Süd­ame­ri­kas nach dem Ama­zo­nas-Regen­wald.

Cerrado: Wertvolle Biodiversität
Der Savan­nen­wald des Cer­ra­do © Ben­to Via­na / WWF Brazil

War­um ist der Cer­ra­do so wichtig?

Der Cer­ra­do ist die arten­reichs­te Savan­ne der Welt. Fünf Pro­zent aller Arten der Welt kom­men hier vor! Und vie­le sind ende­misch, kom­men also nur hier vor. Der Cer­ra­do ver­sorgt auch drei der größ­ten Was­ser­quel­len Süd­ame­ri­kas: den Ama­zo­nas, Para­gu­ay und São Francisco.

Wodurch wird der Cer­ra­do bedroht?

Der Boden des Cer­ra­do ist sehr arm und sau­er. Bis vor 50 Jah­ren galt der Cer­ra­do daher als wert­los für die Land­wirt­schaft. Durch moder­ne tro­pi­sche Agrar­tech­nik ent­wi­ckel­te sich der Cer­ra­do dann aber in die lukra­ti­ve Korn­kam­mer Bra­si­li­ens. 70 Pro­zent des bra­si­lia­ni­schen Soja kom­men inzwi­schen von hier. Von den ursprüng­li­chen Wäl­dern ste­hen nur noch 20 Pro­zent. Ein wei­te­res Drit­tel ist schon stark beschä­digt. Der Rest wur­de vor allem zu Vieh­wei­den gemacht, die wie­der­um zuneh­mend in Soja­fel­der umge­wan­delt wer­den. Jähr­lich wer­den immer noch cir­ca 90.000 Hekt­ar gero­det. Nur fünf Pro­zent des Cer­ra­do sind geschützt.

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Unglaub­lich, wie schnell der Mensch eine so gro­ße Natur­land­schaft mas­siv ver­än­dert. Die Fol­gen für die Arten­viel­falt sind immens. Noch kann man auf inten­siv bewirt­schaf­te Soja­fel­dern Ren­di­ten von knapp 10 Pro­zent erwar­ten. Dadurch steigt der Druck auf die noch vor­han­de­nen Res­te des Savannenwaldes.

Nicht nur ich fra­ge mich, wie lan­ge die Böden des Cer­ra­dos den inten­si­ven Soja­an­bau tra­gen. Unter ande­rem wegen Pes­ti­zit­ein­satz und Boden­ero­si­on. Nach­hal­tig ist das jeden­falls nicht. Von sozia­len Fra­gen wie der Ver­drän­gung von Klein­bau­ern ganz abge­se­hen. Indi­ge­ne haben fast kei­ne Land­rech­te im Cerrado.

Cerrado: Brandrodung für Soja
Feu­er in Bra­si­li­en. Wald schwin­det immer schnel­ler für die Land­wirt­schaft. © David Beb­ber / WWF-UK

Und wie viel hat das mit uns zu tun?

Ton­nen­wei­se. Ein Groß­teil des ange­bau­ten Sojas geht in die Mas­sen­tier­hal­tung nach Chi­na und Euro­pa. Die­ses Fleisch wird dann vor allem in Super­märk­ten an uns Ver­brau­cher ver­kauft. Mit Soja wer­den vor allem Schwei­ne und Hüh­ner gefüt­tert. Chi­na impor­tier­te 54 Mil­lio­nen Ton­nen, die EU 13 Mil­lio­nen Ton­nen im Jahr 2017. Wer sein täg­lich Fleisch braucht, muss wis­sen: Wir tra­gen mit unse­rer Mas­sen­tier­hal­tung, die nur mit Soja­kraft­fut­ter zu den heu­ti­gen Prei­sen mög­lich ist, erheb­lich zur Ent­wal­dung bei.

Ach­tung, jetzt kommt ein Satz zum Mer­ken: Der Soja­an­bau nimmt eine noch viel grö­ße­re Flä­che in Beschlag als der Anbau von Palmöl.

Wie kön­nen wir den Cer­ra­do retten?

Eine Idee zur Ret­tung liegt dar­in, die Stra­te­gie aus dem Ama­zo­nas zu kopie­ren: eine Ver­pflich­tung aller nicht wei­ter für Soja zu roden. Hat im bra­si­la­ni­schen Ama­zo­nas zumin­dest in Bezug auf Soja funk­tio­niert. Seit 2006 gelang es dort, die Soja­pro­duk­ti­on auf bestehen­den Flä­chen um 400 Pro­zent zu stei­gern. Dadurch ging der Anteil an der Regen­wald­ro­dung für den Soja­an­bau von 30 auf 1,5 Pro­zent zurück.

Auch im Cer­ra­do wür­de sich eine frei­wil­li­ge und pri­vat­wirt­schaft­li­che Lösung anbie­ten. Die gro­ßen Soja-Unter­neh­men kön­nen sich zusam­men­tun und sehr schnell auf ent­wal­dungs­freie Lie­fer­ket­ten umstel­len. Das geht unter ande­rem, weil wir ein Oli­go­pol von nur sechs bis acht Unter­neh­men bei den Soja­händ­lern haben und weil in Bra­si­li­en ein jähr­li­ches Ent­wal­dungs­mo­ni­to­ring auf Farmebe­ne mög­lich ist. Stark ver­ein­facht: Wir kön­nen jähr­lich über­prü­fen, ob für eine Farm Flä­chen gero­det wur­den. Wenn die Händ­ler des­halb das Soja nicht mehr kau­fen, dann ist das Pro­blem gelöst. Zumin­dest das Pro­blem der Ent­wal­dung. Die­se Lösung wäre ein gro­ßer Schritt. Es wäre den­noch nur ein Min­dest­stan­dard. Sozia­le und wei­te­re Umwelt­pro­ble­me sind dadurch nicht gelöst.

Cerrado: Soja soweit das Auge reicht
Cer­ra­do: Soja soweit das Auge reicht © Adria­no Gam­ba­ri­ni / WWF-Brazil

Eine gemein­sa­me Lösung zum Stopp der Ent­wal­dung haben sich Ende 2019 mehr als 150 Unter­neh­men und Inves­to­ren zum Ziel gesetzt. Eine ent­spre­chen­de Absichts­er­klä­rung wur­de unter­zeich­net. Doch die gro­ßen bra­si­lia­ni­schen Soja­ver­bän­de ABIOVE und ANEC sind vor der fina­len Unter­zeich­nung abgesprungen.

Was die Poli­tik tun muss: Lie­fer­ket­ten und Mercosur

Ein ganz ande­rer Lösungs­an­satz liegt bei den Han­dels­part­ner Bra­si­li­ens. Deutsch­land dis­ku­tiert jetzt end­lich ernst­haft ein Lie­fer­ket­ten-Gesetz, stellt aber bis jetzt kei­ne Umwelt­kri­te­ri­en auf. Die EU ent­wi­ckelt eben­falls ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz. Wir kön­nen noch hof­fen, dass dies wir­kungs­voll die wei­te­re Ent­wal­dung verhindert.

Es kann schlicht nicht sein, dass die EU und ins­be­son­de­re Deutsch­land Ent­wal­dung und ande­re Umwelt­fra­gen im Rah­men des EU-Mer­co­sur Frei­han­dels­ab­kom­mens über­haupt nicht ernst neh­men. Dort ist gibt es kei­ner­lei Ver­bind­lich­keit im Umwelt­ka­pi­tel — das muss sich unbe­dingt ändern!

Dekla­ra­ti­on der deut­schen Lebens­mit­tel­kon­zer­ne 

Ich kann nur begrü­ßen, dass sich jetzt in Deutsch­land Lebens­mit­tel­händ­ler für einen Stopp der Ent­wal­dung ein­set­zen. In einer gemein­sa­men Dekla­ra­ti­on for­dern Aldi-Nord, Aldi-Süd, EDEKA, Kauf­land, Lidl, Metro, Net­to Mar­ken-Dis­count und Rewe die bra­si­lia­ni­schen Soja­händ­ler auf, die Ent­wal­dung zu been­den. Die deut­schen Lebens­mit­tel­händ­ler rufen die Soja­kon­zer­ne auf den Ver­hand­lungs­tisch zurück­zu­keh­ren, damit Ver­ein­ba­run­gen für eine ent­wal­dungs­freie Soja­pro­duk­ti­on so schnell wie mög­lich in Kraft tre­ten kön­nen. Aus ande­ren euro­päi­schen Län­dern wie Nor­we­gen, Frank­reich und Däne­mark kom­men aktu­ell gleich­lau­ten­de Appelle.

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