Spanien geht das Wasser aus. Unsere Pfirsiche, Gurken und Tomaten kommen aber zum großen Teil dorther. Und brauchen viel Wasser. Den Ausweg aus dem Dilemma kann nur mit denen funktionieren, die Obst und Gemüse für ihr Geschäft brauchen. Es gibt Ansätze.
Spanien ist der Obst- und Gemüsegarten Europas. 2021 hat das Land 29 Millionen Tonnen Obst und Gemüse produziert – Tomaten, Gurken, Broccoli, Zitrusfrüchte oder Erdbeeren. Das ist mehr als ein Viertel der Produktion in der gesamten EU. Die Hälfte davon wird exportiert. Aber wie lange noch? Europas Gemüsegarten droht zu vertrocknen.
Die spärlichen Niederschläge im Herbst und Winter haben nicht ausgereicht, um die Wasservorräte aufzufüllen. Besonders Katalonien, Murcia und Andalusien sind betroffen. Übernutzung, Misswirtschaft, mangelnde Regulierung oder fehlende Umsetzung der Gesetze – die Wasserkrise hat viele Ursachen.
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Die Landwirtschaft muss sich hier grundlegend ändern, wenn sie eine Zukunft haben soll. Damit in dieser trockenen Region Nachfrage und Verfügbarkeit von Wasser in etwa passen, müssen Landwirt:innen effizient (und damit legal) bewässern. Wir brauchen flächendeckend wassersparende Technologien wie Tröpfchenbewässerung und Bodenfeuchtigkeitssonden. Ökosysteme müssen geschützt beziehungsweise wiederhergestellt werden, nur sie können uns dauerhaft mit ausreichend sauberem Wasser versorgen. Biodiversität muss auf den Äckern und Plantagen wiederhergestellt werden. Wir brauchen weniger Pestizide und gesündere Böden. Es gibt viel zu tun.
Zu viel Bewässerung auf zu großer Fläche
Machen wir uns nichts vor: Bisher wird auf zu großer Fläche zu viel bewässert. Wasser zu sparen ist notwendig, reicht aber nicht aus. Wir müssen die Grundbedingungen ändern: Politik und Behörden müssen illegale Wassernutzung konsequent ahnden. Die oftmals ineffizienten Wasserleitungen müssen dringend ausgebessert werden. Was letztendlich angebaut wird sollte an das knapper werdende Wasser angepasst sein. Alles andere ist Raubbau.
Es ist wenig nachhaltig Wasser aus benachbarten, ebenfalls unter Knappheit leidenden Gebieten zu pumpen oder auf teure Meerwasserentsalzung zu setzen. Wir brauchen dringend Investitionen in naturbasierte Lösungen, etwa Aufforstung oder Flussrenaturierung. Zudem müssen der Strukturwandel in der Region begleitet, alternative Einnahmequellen gefördert, ökologische Leistungen belohnt werden.
Die Lebensmittelindustrie muss handeln — aus eigenem Interesse
Lebensmitteleinzelhandel und die lebensmittelverarbeitende Industrie sollten den Wandel zur nachhaltigem Wassernutzung in den Anbauregionen unterstützen. Schon aus Eigeninteresse. Sie brauchen schließlich auch in Zukunft ganzjährig frisches, hochwertiges (und bezahlbares) Obst und Gemüse. Bei dem geringen Selbstversorgungsgrad in Deutschland sieht es sonst in den kälteren Jahreszeiten düster aus.
Im ersten Schritt sollten sie Transparenz einfordern und illegale Wassernutzung aus ihrer Lieferkette ausschließen. Mit Web-Tools wie unserem WWF Water Risk Filter können Wasser- und Biodiversitätsrisiken in der Lieferkette erkannt werden. Die erkannten Schwachstellen sollten dann als erstes angepackt werden.
In Südspanien wird illegales Bewässern kaum geahndet und von marktüblichen Zertifizierungssystemen nicht immer ausgeschlossen. Hier könnte die Lebensmittelindustrie auf zusätzliche Legalitätsaudits setzen. Zudem kann eine Prüfung beauftragt werden, die Flächen von Produzenten mit offiziellen Karten zu illegaler Nutzung abgleicht.
Was Zertifizierungen bringen
Ist die Legalität der Flächen- und Wassernutzung sichergestellt, kann mittels Zertifizierungen wie Global G.A.P. und seinem Zusatzmodul Spring eine effiziente Bewässerung eingefordert werden. Global G.A.P. Spring ist eine Basisanforderung an das Bewässerungsmanagement und sollte in Regionen wie Südspanien Mindestanspruch sein.
Deutlich weiter geht der Standard der Alliance for Water Stewardship. Er setzt voraus, dass Betriebe sich der Wasserrisiken in ihrer Region bewusst sind. Gemeinsam entwickeln sie dann Pläne, um diese Risiken zu minimieren. Dabei wird nicht nur auf Bewässerung geschaut, sondern auch auf Wasserqualität, Süßwasserökosysteme, Trinkwasser- und Sanitärversorgung und das Wassermanagement.
Was uns das Modellprojekt zeigt
Natürlich: Zertifizierungssysteme bergen stets die Gefahr, dass Händler die Verantwortung auf die Erzeuger abwälzen. Wir können aber Landwirt:innen in gemeinsamen Projekten bei der Transformation unterstützen. Ein Beispiel hierfür liefert das Projekt zwischen Edeka, seinen Lieferanten und dem WWF zu Zitrusfrüchten aus Spanien. Bereits seit 2015 werden dort Orangen, Clementinen und Mandarinen nachhaltiger konventionell angebaut. Es geht uns darum weniger Wasser und Pestizide zu brauchen, aber auch Bodenqualität und Biodiversität zu verbessern. Trotz der gekürzten behördlichen Wassernutzung gelang es den 26 Landwirten mit weniger auszukommen und zusätzlich mehr als vier Milliarden Liter Wasser in einem Jahr einzusparen. Es geht eben doch!
Renaturierungen senken Wasserrisiken
Auch in der umliegenden Landschaft muss sich etwas tun. Auch hier müssen sich Lebensmitteleinzelhandel und Industrie stärker engagieren. Denn Investitionen in Renaturierungsprojekte senken ihre eigenen Wasserrisiken und machen Lieferketten sicherer. Ein gemeinsames, vorwettbewerbliches Handeln würde die Effizienz und Wirksamkeit erhöhen. Da viele Händler ihre Waren aus denselben Regionen beziehen, ergibt es Sinn an einem Strang zu ziehen.
Wir haben Werkzeuge zur Anpassung an die Wasserkrise!
Wie das konkret funktionieren könnte, zeigt ein Projekt der Alliance for Water Stewardship in Huelva. Betriebe erheben dort gemeinsame Daten, halten Schulungen ab und tauschen Erfahrungen aus. Das Ziel ist die Zertifizierung der Betriebe nach dem Standard der Alliance und somit nachhaltigere Wassernutzung und Partizipation. Partner hierbei sind deutsche Supermärkte wie und Kaufland.
Allerdings ist uns das noch zu zaghaft, angesichts der wenigen Zeit, die noch bleibt, um das Blatt zu wenden. Die Szenarien, wie der Klimakrise sich auf Spanien auswirken könnte, sind erschreckend. Wir müssen jetzt handeln. Die Daten, Werkzeuge und Maßnahmen zur Anpassung an die Wasserknappheit liegen auf dem Tisch. Tests zeigen, dass sie funktionieren. Partnerschaften zwischen Wettbewerbern, mit Lieferanten, der Zivilgesellschaft und der Politik stehen bereit.
Nur so kann es gelingen, dass neben regionaler und saisonaler Ware auch zukünftig frisches Obst und Gemüse unsere Regale erreicht, ohne dass wir die Trockenheit in Spanien weiter voranzutreiben.
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