Qual­len: Wesen wie von einem ande­ren Stern


Wie groß werden Quallen?
Einen halben Millimeter bis mehrere Meter groß: Quallen © IMAGO / Imagebroker

In ver­schie­de­nen Far­ben schil­lernd, fast durch­sich­tig, manch­mal sogar leuch­tend trei­ben sie seit rund 650 Mil­lio­nen Jah­ren durch unse­re Mee­re: Qual­len gehö­ren zu den ältes­ten und ursprüng­lichs­ten Lebe­we­sen der Erde. Dabei haben sie kein Gehirn und bestehen fast nur aus Was­ser. War­um bren­nen ihre Berüh­run­gen? Wie gefähr­lich sind Qual­len? Wes­halb kommt es zur Qual­len­pla­ge? Und was sind das über­haupt für merk­wür­di­ge Wesen?

Ohne Hirn, Herz und Knochen

Qual­len bestehen zu 99 Pro­zent aus Was­ser, haben kein Gehirn, kein Herz, kein Blut und kei­ne Kno­chen. Sie set­zen sich aus nur drei Schich­ten zusam­men: Der Außen­haut, einer gal­lert­ar­ti­gen Glib­ber­mas­se als elas­ti­sche Zwi­schen­schicht — im Eng­li­schen hei­ßen sie des­halb Jel­ly­fi­sh — und einer inne­ren Schicht mit Hohl­raum als Magen.

Über­le­bens­künst­ler

Qual­len besit­zen ein Netz aus Ner­ven­zel­len und neh­men Rei­ze wie zum Bei­spiel Licht oder Schwe­re durch Sin­nes­zel­len in ihrer äuße­ren Haut­schicht wahr. Zwar fehlt ein zen­tra­les Gehirn, das die­se Wahr­neh­mun­gen ver­ar­bei­ten kann. Doch bestimm­te Rei­ze füh­ren auto­ma­tisch zu bestimm­ten Reak­tio­nen. So kön­nen sie gezielt jagen, Fein­de abweh­ren und sich paa­ren. Gera­de weil sie so ein­fach gebaut und dazu recht anspruchs­los sind, kön­nen sich Qual­len gut an Ver­än­de­run­gen ihrer Umwelt anpassen.

War­um brennt die Berüh­rung der Qualle?

Warum brennen Quallenstiche? Was tun nach einem Quallenstich? Wie soll man eine Quallenverbrennung behandeln, was sollte man nicht tun?
Qual­len wer­den auch Medu­sen genannt © demar­fa / iStock / GettyImages

Obwohl so ursprüng­lich und ein­fach gebaut, haben Qual­len und ihre Schwes­tern die Koral­len und See­ane­mo­nen eine hoch­kom­pli­zier­te Wun­der­waf­fe von ihrem Vor­fah­ren geerbt: Gift­har­pu­nen! Die­se sind in Nes­sel­kap­seln auf­ge­wi­ckelt, die bei Berüh­rung explo­die­ren und die Har­pu­nen an Fäden her­aus­schleu­dern. Die Fang­ar­me der Qual­len sind mit tau­sen­den die­ser Nes­sel­zel­len besetzt. Oft sind die Fäden hohl und ent­hal­ten Gift, wel­ches dann die Beu­te der Medu­sen — Krebs­tie­re, Lar­ven und klei­ne Fische — lähmt oder tötet. Ob eine Qual­le für den Men­schen gefähr­lich wer­den kann, hängt davon ab, ob die Har­pu­nen genug Wucht haben, die mensch­li­chen Haut­zel­len zu durch­sto­ßen und wel­ches Gift die Qual­len­art benutzt. Für Men­schen ist es sel­ten töd­lich, löst aber häu­fig Juck­reiz und Bren­nen aus.

Ste­chen auch tote Quallen?

Die Ten­ta­kel von Qual­len kön­nen sehr kurz, aber auch bis zu 20 Meter lang sein und noch bei toten Qual­len bren­nen. Eben­so wenn sie vom Kör­per abge­trennt im Meer trei­ben. Man spricht dabei tat­säch­lich von einem Qual­len­stich.

Die gif­tigs­te Qual­le der Welt

Wie gefährlich sind Quallen? Welche Quallen sind giftig?
Gif­tigs­tes Tier der Welt: See­wes­pe © IMAGOUIG

Die gif­tigs­te Qual­le der Welt ist gleich­zei­tig das gif­tigs­te Tier der Erde über­haupt: Die aus­tra­li­sche See­wes­pe. Wegen ihr wer­den in Aus­tra­li­en vie­le Bade­strän­de mit Net­zen abge­schirmt. Das Gift ihrer zwei bis drei Meter lan­gen Ten­ta­kel könn­te theo­re­tisch 250 Men­schen töten.

Die See­wes­pe ist eine Wür­fel­qual­le, erkenn­bar an ihrer vier­kan­tig wir­ken­den Form. Ins­ge­samt unter­schei­det man zwei gro­ße Grup­pen von Qual­len: Die Schei­ben- oder Schirm­qual­len, die für den Men­schen unge­fähr­lich sind. Und die sehr gif­ti­gen Wür­fel­qual­len. Letz­te­re leben haupt­säch­lich in tro­pi­schen Gewäs­sern und sind die ein­zi­gen Qual­len mit Linsenaugen.

Qual­len in Nord- und Ostsee

Welche Quallen gibt es in Nord- und Ostsee? Wie gefährlich sind unsere heimischen Arten? Und warum werden sie zu Hauf an den Strand gespült?
Ohren­qual­le © IMAGO / blickwinkel

In käl­te­ren Gewäs­sern wie der Nord­see oder Ost­see gibt es kei­ne Wür­fel­qual­len. Die häu­figs­te Qual­le hier ist die Ohren­qual­le, benannt nach ihrem Mus­ter. Ihr Gift kann die Haut des Men­schen nicht durchdringen.
Anders ist das bei den Feu­er­qual­len: So wer­den ver­schie­de­ne Qual­len­ar­ten bezeich­net, deren Fang­ar­me beim Men­schen Haut­rei­zun­gen her­vor­ru­fen. Bei uns hei­misch gehö­ren dazu die Gel­be und Blaue Haar­qual­le, die Leucht­qual­le und die Kom­pass­qual­le.

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Welche Quallen gibt es bei uns? Warum sind Quallen wichtig?
Feu­er­qual­le mit Stö­cker­ma­kre­len © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Fas­zi­nie­ren­de Feuerquallen

Obwohl Feu­er­qual­len eigent­lich sehr gif­tig sind und sich unter ande­rem von klei­nen Fischen ernäh­ren, benut­zen eini­ge Fisch­ar­ten in der Nord­see wie Pfer­de­ma­kre­len und Witt­lin­ge die­se Qual­len als trei­ben­de Nach­wuchskrip­pe. Ähn­lich wie die Clown­fi­sche und ihre Ane­mo­ne bei „Fin­det Nemo“.

Was tun nach einem Quallenstich?

Wie behan­delt man eine Qual­len­ver­bren­nung? Was hilft und was soll­te man bes­ser nicht machen? Nach der Berüh­rung mit Qual­len­ten­ta­keln blei­ben häu­fig Nes­sel­kap­seln auf der Haut zurück. Über­gießt man die Stel­le mit Süß­was­ser oder Alko­hol oder rub­belt sie gar mit einem Hand­tuch ab, zer­plat­zen die Kap­seln und bren­nen noch mehr. Bes­ser Sand dar­über streu­en und ihn zum Bei­spiel mit einer Plas­tik­kar­te abstrei­chen. Wenn mög­lich die Haut vor­her mehr­fach mit Essig über­gie­ßen. Auch mit Hil­fe von Rasier­schaum las­sen sich die Kap­seln nach kur­zer Ein­wirk­zeit abscha­ben. Gleich­zei­tig kühlt er. Bei Kreis­lauf­pro­ble­men soll­test Du einen Arzt auf­su­chen. In Regio­nen mit sehr gif­ti­gen Qual­len sowieso.

War­um stran­den Qual­len? Weil sie Plank­ton sind!

Qual­len bewe­gen sich mit Rück­stoß­be­we­gun­gen fort, indem sie ihren Schirm zusam­men­zie­hen und öff­nen. Sie kön­nen so bis zu zehn Kilo­me­ter pro Stun­de schnell wer­den. Haupt­säch­lich wer­den sie aber von Mee­res­strö­mun­gen getrie­ben. Gegen die­se kom­men sie nicht an und gel­ten des­halb wis­sen­schaft­lich als gela­tin­ö­ses Plank­ton, also leben­di­ges Treibgut.

Von der Strö­mung wer­den die Qual­len auch an den Strand gespült. Inter­es­sant: Ihre Sin­nes­zel­len neh­men das wahr, eben­so wenn man sie berührt. Obwohl sie kei­nen Schmerz emp­fin­den kön­nen, möch­ten sie ver­mut­lich lie­ber ins Meer zurück­ge­wor­fen, als am Strand her­um­ge­kickt werden.

Was sind das eigent­lich für Tiere?

Unsterbliche Quallen, Glibbertiere als Superfood und in der Kosmetik: Die Wissenschaft kann sich viel abgucken.
Spie­gelei­qual­le von unten © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Qual­len gehö­ren zum Stamm der Nes­sel­tie­re wie ihre Schwes­tern, die Koral­len und See­ane­mo­nen. Die ver­fü­gen näm­lich über ähn­li­che Harpunen.
Und jetzt wird es noch etwas kom­pli­zier­ter. Qual­len sind die Nes­sel­tie­re näm­lich nur in einem Sta­di­um ihres Lebens. Zunächst schlüp­fen aus Eiern win­zi­ge Lar­ven. Die ver­wan­deln sich in Poly­pen – jetzt schon mit Fang­ar­men aus­ge­stat­tet – und sit­zen wie klei­ne Bäum­chen am Mee­res­grund oder auf Stei­nen fest. Von den Poly­pen lösen sich schließ­lich Tei­le, die sich zu schwimm­fä­hi­gen Medu­sen aus­bil­den. Die Qual­le ist also kein eige­nes Tier, son­dern ein Sta­di­um im Lebens­zy­klus.

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Auch die im Mit­tel­meer vor­kom­men­de, gif­ti­ge Por­tu­gie­si­sche Galee­re ist übri­gens kei­ne Qual­le, son­dern ein Zusam­men­schluss von Polypen.

Lebenszyklus von Quallen: Polypen und Medusen-Stadium
Poly­pen der Ohren­qual­le © IMAGO / blickwinkel

Wie kommt es zur Quallenplage?

Ein mas­sen­haf­tes Auf­tre­ten der Medu­sen, die soge­nann­te Qual­len­blü­te, ist Aus­druck der Zer­stö­rung unse­rer Umwelt: Über­dün­gung stei­gert das Nah­rungs­an­ge­bot der Medu­sen, die Erwär­mung der Mee­re durch die Kli­ma­kri­se und die Über­fi­schung min­dern die Fress­fein­de der Glibbertiere.

Dabei sind zu vie­le Qual­len nicht nur läs­tig beim Baden, sie ver­stop­fen auch Kühl­an­la­gen von Kraft­wer­ken und Schif­fen, brin­gen bei einer Über­po­pu­la­ti­on das Öko­sys­tem durch­ein­an­der und gefähr­den gan­ze Fischbestände.

Auch Plas­tik­müll för­dert die Quallenblüte

Das ist tat­säch­lich so! Plas­tik­müll am Mee­res­grund und zum Bei­spiel auch die Füße von Bohr­in­seln und ande­re Beton­bau­ten bie­ten einen guten Unter­grund für das Fest­set­zen von Poly­pen. Außer­dem scha­den trei­ben­de Plas­tik­tü­ten den Fress­fein­den der Qual­len — See­vö­geln, Mee­res­schild­krö­ten und ver­schie­de­nen Fisch­ar­ten – wenn die­se die Tüten mit Qual­len ver­wech­seln und dar­an verenden.

Können auch tote Quallen brennen bzw. stechen? Welche Quallen gibt es in Nord- und Ostsee? Wie kommt es zur Quallenplage?
Kom­pass­qual­le in der Nord­see © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Auf Ter­mi­na­tor-Art

Noch etwas Inter­es­san­tes zum Schluss: Ver­lie­ren die Medu­sen einen ihrer Ten­ta­kel oder einen Teil ihres Schirms, wächst die Stel­le wie­der nach. Qual­len ver­fü­gen über ver­schie­de­ne erstaun­li­che Selbst­hei­lungs­me­tho­den und sind manch­mal sogar unsterblich.

Die unsterb­li­che Qualle

Obwohl Qual­len nor­ma­ler­wei­se nur weni­ge Stun­den bis Mona­te alt wer­den, gibt es eine Art, die stets wie­der jung wird. Die Tur­ri­t­op­sis Dohr­nii lebt im ita­lie­ni­schen und spa­ni­schen Mit­tel­meer. Nach der Ver­meh­rung bil­det sie sich zum Poly­pen zurück, star­tet wie­der von vor­ne und ent­wi­ckelt sich neu!

Die­se Unsterb­lich­keit ist nicht das Ein­zi­ge, was Qual­len für die Wis­sen­schaft inter­es­sant macht. Das Kol­la­gen ihrer Gel­mas­se wird in der Kos­me­tik ein­ge­setzt, das fluo­res­zie­ren­de Pro­te­in leuch­ten­der Medu­sen spielt eine gro­ße Rol­le in der Mole­ku­lar­bio­lo­gie (Che­mie-Nobel­preis 2008!) Pro­te­in­reich und fett­arm gel­ten die Glib­ber­tie­re als neu­es Super­food. Nicht zuletzt sind sie – in nor­ma­ler Anzahl – wich­tig für ein gesun­des Gleich­ge­wicht unse­rer Meere.

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3 Kommentare

  1. Inga
    10. September 2021
    Antworten

    Hal­lo
    Wir müs­sen Plastik/Plastiktüten durch Pap­pier oder ande­rem Mate­ri­al, auf­lös­ba­ren Mate­ri­al, wie Hun­de Tüten ersetzen.
    Mühl­tü­ten sol­len aus auf­lös­ba­ren Plas­tik oder aus Papier sein.
    Bei den Kli­ni­ken kön­nen über­all nur Pap­pier Ein­weg­bä­cher benutzt wer­den und kei­ne Plastikbächer.

  2. Adrienne Siepert
    10. September 2021
    Antworten

    Qual­len sind wirk­lich fas­zi­nie­ren­de Wesen. Dan­ke für die­sen span­nen­den Bei­trag. Da kann man wie­der viel Neu­es mitnehmen.

  3. Gustav
    12. September 2021
    Antworten

    @Inga Hälst du Feu­er­zeug unter der Tüte, ist sie in Sekun­den ver­schwun­den. Zumin­des­tens die dün­nen Obst, Bröt­chen Tüt­chen. Ergo, soll­te es immer ein Feu­er­zeug zu jeder Tüte geben.

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