Tief im Herzen des zentralafrikanischen Regenwalds lebt eine seltene Affenart, die ein halbes Jahrhundert als ausgestorben galt. Das ist die unglaubliche Geschichte, wie der einst totgeglaubte Affe wiederentdeckt wurde.
Folge uns in Social Media
Wie alles begann
Das Wissen um den Bouvier-Stummelaffen (Piliocolobus bouvieri), der irgendwo im tropischen Dickicht Zentralafrikas beheimatet sein sollte, war im Laufe des letzten Jahrhunderts verloren gegangen. Bis auf ein paar wenige Exemplare aus dem 19. Jahrhundert, die in Museen einstaubten, fehlte vom Primaten jede Spur. Seit fünfzig Jahren hatte niemand mehr einen Bouvier-Stummelaffen zu Gesicht bekommen. Die Art galt als ausgestorben.
Bis sich 2015 ein Forschungsteam um die Biologen Lieven Devreese und Gaël Elie Gnondo Gobolo auf die Suche begab. Durch ein Buch aus dem Jahr 1949 wurden sie auf den Ntokou-Pikounda-Nationalpark in der Republik Kongo aufmerksam. Dessen Sumpfwälder rund um den Bokiba-Fluss galten als mögliches Verbreitungsgebiet. Tatsächlich gelang es der Expedition, den Bouvier-Stummelaffen aufzuspüren. Der Beweis war erbracht: Der Affe lebt.
Ein Videobeweis musste her
Diese Gewissheit genügte Jaap van der Waarde vom WWF Kamerun, um sechs Jahre später den beschwerlichen Weg ins Reich der Stummelaffen selbst auf sich zu nehmen. Eigentlich waren der Naturschützer und sein Team nur in die Republik Kongo gekommen, um eine solarbetriebene Wasserstelle zu installieren. Kurzerhand beschlossen sie, länger zu bleiben. Jaap van der Waardes Ziel: Den Bouvier-Stummelaffen zum ersten Mal mit einer Videokamera einzufangen.
Beschwerliche Reise
Die Reise in den kongolesischen Dschungel verlangte dem Team einiges ab, wie sich van der Waarde erinnert: „Von der Hauptstadt Brazzaville brauchten wir eineinhalb Tage mit dem Wagen bis zum Ende der Straße. Dann mussten wir auf dem Fluss einen halben Tag mit dem Kanu fahren, bis zum Anfang des Parks. Die nächsten drei Tage hatte ich hohes Fieber. Ich hatte Malaria und musste mich selber behandeln.“
Am letzten Tag der Expedition, die sie immer wieder knietief durch den Schlamm immer weiter hinein in den dichten Wald führte, war die Gruppe bereit aufzugeben. Da ertönten plötzlich Schreie aus den Baumwipfeln. Hoch über ihren Köpfen raschelte es, aber noch war Nichts zu sehen. „Jedes Mal wenn wir in der Nähe waren, dann bewegten sich die Affen wieder durch die Baumkronen weg von uns“, erzählt van der Waarde. Eine Stunde noch watete das Forschungsteam durch den trüben Kandeko-Fluss, bis die Affen endlich zur Ruhe kamen, um zu fressen.
Kontakt
Der Naturschützer erblickte fünf erwachsene Bouvier-Stummelaffen und ein Junges. Kaum hatte er seine Kamera herausgeholt und scharfgestellt, waren sie schon wieder weg. Aber ein Affe blieb – vielleicht, um die Menschen im Auge zu behalten. Lange genug, damit van der Waarde eine Aufnahme des Bouvier-Stummelaffen machen konnte. Dann gab der Kamera-Akku den Geist auf und der Naturschützer konnte sich den Film erst im Camp anschauen. „Es war ein unglaubliches Gefühl, zu wissen, dass ich der erste Mensch war, der diesen Affen gefilmt hat.“
Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!
Von der Natur lernen
Die Wiederentdeckung des Bouvier-Stummelaffen ist der lebende Beweis dafür, dass die Natur uns immer wieder überrascht und zeigt, wie vielfältig unserer Planet ist. Laut der Roten Liste der IUCN sind Bouvier-Stummelaffen vom Aussterben bedroht. Sie existieren nur in einem sehr kleinen Teil Afrikas, doch ihr Lebensraum schwindet. „Wir wissen so gut wie nichts über diese Art und ich hoffe, dass dieser Film dazu beiträgt, dass sich mehr Menschen für den Affen und den Nationalpark interessieren“, sagt van der Waarde.
Der WWF unterstützt die Bemühungen der Regierung, den Nationalpark Ntokou-Pikounda zu erhalten. Zudem arbeiten wir eng mit den indigenen Gemeinschaften zusammen, um nachhaltige Lebensgrundlagen für sie zu finden. Gleichzeitig gilt es die Öffentlichkeit weiterhin aufmerksam zu machen – auf die Dringlichkeit, sich jetzt und in Zukunft für den Schutz bedrohter Tiere und ihrer Lebensräume einzusetzen.
Angesichts der turbulenten Geschichte des Bouvier-Stummelaffen fragt sich Jaap van der Waarde zurecht: „Wenn ein so großer Affe so lange unentdeckt bleiben kann – was gibt es dann noch da draußen?“
Kein Kommentar