Muss die Savan­ne ster­ben, damit der Regen­wald überlebt ?


Die Hälfte ist schon weg. Landwirtschaft im Cerrado verdrängt Natur © David Bebber WWF UK

Die gute Nach­richt: Am Ama­zo­nas geht die Ent­wal­dung zurück. Die Schlech­te: In der benach­bar­ten Cer­ra­do-Savan­ne wird umso hef­ti­ger geholzt. Der Grund: Soja­an­bau soweit das Auge reicht. Die Boh­nen lan­den auch in Euro­pa vor allem in den Fut­ter­trö­gen der Fleisch­in­dus­trie. Das EU Gesetz für ent­wal­dungs­freie Lie­fer­ket­ten ändert dar­an wenig, denn die Savan­ne gilt nicht als Wald. Höchs­te Zeit für eine Neudefinition.

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Bedroh­tes Paradies

Der Ama­zo­nas ist der Inbe­griff von Regen­wald: Tro­pisch, grün und Lebens­raum einer ein­zig­ar­ti­gen Tier­welt. Dar­un­ter sind far­ben­präch­ti­ge Papa­gei­en, rosa Fluss­del­fi­ne und der majes­tä­ti­sche Jagu­ar. Es ist der größ­te Regen­wald der Welt und nicht zuletzt die ästhe­ti­schen Bil­der, egal ob in den Medi­en oder als Asso­zia­tio­nen in den Köp­fen der Men­schen, ver­schaf­fen dem Ama­zo­nas enor­me Auf­merk­sam­keit.  Das ist ein immenser Vor­teil, wenn es um sei­ne Bewah­rung geht. Ande­re Lebens­räu­me und ihre Chan­ce auf Schutz gera­ten aus dem Blick­feld. Wir wer­fen einen kri­ti­schen Blick auf die­ses Phä­no­men, den Sta­tus Quo im Ama­zo­nas und sei­nen weni­ger bekann­ten aber eben­so gefähr­de­ten Nach­barn, den Cerrado.

Pret­ty Pri­vi­le­ge im Naturschutz? 

Ein Jagu­ar: Der Star des Ama­zo­nas. © Gabri­el Rojo / WWF

 

Der Mäh­nen­wolf, ein
typi­scher Bewoh­ner des Cer­ra­do © IMAGO / age­fo­to­stock / Mark Jones

Wir schüt­zen, was wir ken­nen und lie­ben. Und wir lie­ben ten­den­zi­ell eher das Ein­drucks­vol­le, den Super­la­tiv, das visu­ell Schö­ne. “Pret­ty Pri­vi­le­ge” oder  “Schön­heits­pri­vi­leg”. Dahin­ter steckt die vor allem im west­li­chen Kul­tur­kreis seit der Anti­ke ver­in­ner­lich­te Vor­stel­lung, dass Schön­heit der Aus­druck von Wahr­heit und Güte ist. In der Phi­lo­so­phie ist die­se Ein­heit als soge­nann­te Tri­as der obers­ten Wer­te bekannt. Unter­schie­den wird in die Kul­tur­schön­heit, die sich z.B. in Lite­ra­tur und bil­den­der Kunst spie­gelt, sowie die Natur­schön­heit. Sie beschreibt im Wesent­li­chen das, was wir viel­leicht beim Anblick des Jagu­ars emp­fin­den. Wir sehen Anmut, Erha­ben­heit und sind fas­zi­niert. Sei­ne Schön­heit trifft uns auf emo­tio­na­ler Ebe­ne und somit auch sein Lebens­raum, für den wir uns auto­ma­tisch ein­set­zen wol­len. Im Ide­al­fall kann das Schön­heits­pri­vi­leg einer ein­zel­nen Art zum Sprung­brett für ganz­heit­li­chen Natur­schutz wer­den und eine posi­ti­ve Ket­ten­re­ak­ti­on aus­lö­sen. Doch die Rea­li­tät zeich­net häu­fig ein ande­res Bild. Eben­so wie Men­schen, die als schön emp­fun­den wer­den, haben ent­spre­chen­de Tier­ar­ten und ihre Öko­sys­te­me einen imma­nen­ten Vor­sprung. Die­ser kann sich  .B. in der Spen­den­be­reit­schaft für spe­zi­el­le Tier­ar­ten nie­der­schla­gen aber auch wenn es um bin­den­de Geset­ze geht.

Ver­scho­ben statt behoben

Poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Inter­es­sen füh­ren dazu, dass Natur­schutz teil­wei­se nur so weit reicht wie das Auge und damit der Druck der Öffent­lich­keit. Was weni­ger sicht­bar und damit unbe­kann­ter ist, wird häu­fig außer Acht gelassen.

Ein gutes Bei­spiel für die­sen Mecha­nis­mus ist das EU-Gesetz zu ent­wal­dungs­frei­en Lie­fer­ket­ten, das ab  2025 den Import von Waren ver­bie­tet, die mit Ent­wal­dung in Zusam­men­hang ste­hen. Ein wich­ti­ger und rich­ti­ger Schritt ange­sichts der Tat­sa­che, dass laut Ernäh­rungs- und Land­wirt­schafts­or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­ein­ten Natio­nen (FAO) zwi­schen 1990 und 2020 allein in Ama­zo­ni­en ca. 600.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter Wald abge­holzt wur­den, eine Flä­che fast dop­pelt so groß wie Deutschland.

Noch immer bedro­hen die Ket­ten­sä­gen den Regen­wald, aber die Abhol­zung ist zurück gegan­gen. © Nick Haw­kins / WWF

Vor allem unter der Regie­rung Jair Bol­so­n­a­ro in Bra­si­li­en nahm die Ent­wal­dung deut­lich zu. Das süd­ame­ri­ka­ni­sche Land beher­bergt mit 65 Pro­zent den größ­ten Anteil des Ama­zo­nas­re­gen­wal­des und ist gleich­zei­tig der welt­weit größ­te Expor­teur von Soja, einem Haupt­trei­ber der kom­mer­zi­el­len Ent­wal­dung. Zwar darf schon seit 2006 dank des soge­nann­ten Soja-Mora­to­ri­ums in Bra­si­li­en kein Regen­wald mehr für den Soja-Anbau gero­det wer­den. Den­noch führ­te die­ser Mei­len­stein nicht zu einer nach­hal­ti­gen Lösung, son­dern viel­mehr zu einer Ver­schie­bung des Pro­blems: Die Anbau­flä­chen haben sich immer stär­ker vom Ama­zo­nas in Rich­tung Süd­os­ten aus­ge­wei­tet, in das Gebiet des Cer­ra­do, der arten­reichs­ten Savan­ne der Welt. Sie ist trotz ihrer Viel­falt an Flo­ra und Fau­na deut­lich unbe­kann­ter. So ist es wenig über­ra­schend, dass der inter­na­tio­na­ler Auf­schrei bis­lang aus­bleibt, obwohl die Regi­on inzwi­schen bereits mehr als die Hälf­te sei­ner ursprüng­li­chen Flä­che an die Agrar­in­dus­trie ver­lo­ren hat.

Die Lage spitzt sich zu

Allein zwi­schen August 2022 und Juli 2023 wur­den erschre­cken­de 11.011,7 Qua­drat­ki­lo­me­ter in Agrar­flä­che umge­wan­delt. Beson­ders tra­gisch: Auch durch das neue EU-Gesetz zu ent­wal­dungs­frei­em Soja bleibt der Cer­ra­do qua­si unge­schützt, da Baum­sa­van­nen nicht der gel­ten­den Defi­ni­ti­on eines Wal­des entsprechen.

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Die neu­es­ten Zah­len des Natio­na­len Welt­raum­in­sti­tuts (INPE) vom Febru­ar 2024 bestä­ti­gen die­se Schief­la­ge ein­drück­lich. Wäh­rend im Ama­zo­nas die Ent­wal­dung zuletzt um 30 Pro­zent zurück­ge­gan­gen sind, hat sie im Cer­ra­do um 19 Pro­zent zuge­nom­men. Noch kras­ser wird der Ver­gleich, wenn man die Peri­ode von August 2023 bis Febru­ar 2024 betrach­tet. Im Ver­gleich zum Vor­jahr ging die Abhol­zung im Ama­zo­nas um 56 Pro­zent zurück und stieg par­al­lel dazu im Cer­ra­do um 63 Pro­zent an.

Was wir dage­gen tun

Etwa 80 Pro­zent der ent­wal­de­ten Savan­nen­flä­che wer­den für den Soja­an­bau genutzt. Der Cer­ra­do ist die wich­tigs­te Soja-Quel­le der EU. Die Boh­nen wer­den, ins­be­son­de­re in Form von Soja­schrot als Fut­ter­mit­tel für die Mas­sen­tier­hal­tung importiert.

Soja für die Tier­mast in Euro­pa stammt häu­fig aus dem Cer­ra­do. ©Ana Pau­la Rebe­lo / WWF UK

In einem gemein­sa­men Pro­jekt mit den Kolleg:innen  des WWF Bra­si­li­en set­zen wir uns für ent­wal­dungs­freie Soja-Lie­fer­ket­ten ein. Die Arbei­ten wer­den  geför­dert durch die Gesell­schaft für Inter­na­tio­na­le Zusam­men­ar­beit (GIZ) mit Mit­teln des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung (BMZ). In Bra­si­li­en legen wir unser Haupt­au­gen­merk auf die nach­hal­ti­ge Pro­duk­ti­on und Flä­chen­über­wa­chung. In Deutsch­land steht hin­ge­gen  die Soja­bran­che im Fokus, um ein gemein­sa­mes Markt­si­gnal zu set­zen. Wir bie­ten Unter­neh­men und inter­es­sier­ten Akteu­ren ent­lang der gesam­ten Lie­fer­ket­te eine Aus­tausch- und Arbeits­platt­form für die  Trans­for­ma­ti­on zu ent­wal­dungs­frei­em Soja. So ver­su­chen wir gemein­sam den Sek­tor Schritt für Schritt umzu­ge­stal­ten. Unser Ziel: Ein sek­tor­wei­tes State­ment zu ent­wal­dungs­frei­en Lie­fer­ket­ten zwi­schen Bra­si­li­en und Deutsch­land. Denn eine sol­che tat­säch­lich posi­ti­ve Ket­ten­re­ak­ti­on hilft einer­seits der Wirt­schaft, vor allem aber dem Cerrado.

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