Ohne eine zukunftsgerichtete Haushaltspolitik kann Deutschland den eigenen Umwelt- und Klimazielen nicht gerecht werden. Was die Bundesregierung jetzt dringend unternehmen muss.
Als Hintergrund: Jedes Jahr gibt es den gleichen oder ähnlichen Prozess für einen Bundeshaushalt. Nachdem sich im Frühjahr die Bundesregierung auf Eckwerte einigt, arbeiten alle Minister:innen ihre eigenen Budgetpläne aus. Die werden dann Anfang Sommer in einem Haushaltsentwurf der Bundesregierung zusammengeschnürt. Nach der Sommerpause debattiert der Bundestag im Plenum und in Ausschusssitzungen ausführlich über diese Entwürfe. Normalerweise kommt es im November zur Abstimmung und letztlichen Einigung für den Bundeshaushalt für das nächste Jahr. Und so beginnt der Prozess der Haushaltsaufstellung wieder von vorne…
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Diese Jahr jedoch beherrschen Kürzungsforderungen und Streit in der Bundesregierung die Schlagzeilen. So hat Finanzminister Christian Lindner dieses Jahr keinen Eckwertebeschluss präsentiert und auch der Haushaltsentwurf der Regierung musste nach hinten verschoben werden – auf den spätmöglichsten Zeitpunkt, den 5. Juli. Das alles, weil der Finanzminister mehr Sparen möchte. Doch das ist zu kurz gedacht: Ohne Plan heute den Bundeshaushalt zu kürzen, kostet uns morgen doppelt und dreifach!

Deutschland braucht dringend einen echten Klima- und Zukunftshaushalt, der auf die Transformation unserer Wirtschaft ausgerichtet ist. Die Ampel-Koalition spricht davon schon in ihrem Koalitionsvertrag und wiederholt dieses Ziel auch immer wieder. Zuletzt hat Kanzler Olaf Scholz gesagt: Klimaschutz solle eine Priorität im Bundeshaushalt 2024 sein. Nur leere Worte? Oder ist der Bundeshaushalt wirklich auf unsere Umwelt- und Klimaziele ausgerichtet?
Zu wenig Geld für gute Investitionen
Momentan gibt es noch viel Luft nach oben. Die Nachhaltigkeitswirkung des Bundeshaushalts ist inkonsistent und lähmt die Transformation unserer Wirtschaft. So werden jedes Jahr nach wie vor mehr als 65 Milliarden Euro für umweltschädliche Subventionen ausgegeben. Darunter fallen Vergünstigungen für Flugreisen und Dienstwagen, aber auch Unterstützung für fossile Industrien in Form von Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer. Ein glaubwürdiger Klima- und Zukunftshaushalt muss grundlegend anders aussehen.

Statt Milliarden für umweltschädliche Aktivitäten auszugeben, sollte der Staat aktiv die Transformation hin zu einer Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen ankurbeln. Hierfür braucht es mindestens 46 Milliarden Euro pro Jahr an öffentlichen Investitionen. Der Bund muss direkt investieren, um z.B. die Energie- und Schieneninfrastruktur umweltfreundlich und klimaneutral zu gestalten. Aber auch die Kommunen unterstützen, etwa für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem müssen effektive und faire Förderprogramme eingerichtet werden, damit beispielsweise flächendeckend Häuser energetisch saniert werden können.
Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!Wenn die Bundesregierung diese notwendigen Investitionen unterlässt, wird Deutschland nicht zukunftsfähig werden, die Chancen einer gelungenen Transformation verpassen und noch stärker unter den Folgen der Erderhitzung leiden. Forschende schätzen die Kosten der Klimakrise für Deutschland auf eine Höhe von 280 bis 900 Milliarden Euro bis 2050. Heute schon kosten im Durchschnitt extreme Wetterbedingungen – wie die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 – knapp 130 Milliarden Euro pro Jahr. Je länger wir brauchen für die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft, je länger wir die Anpassung an die Folgen der Klimakrise hinauszögern, desto teurer wird die Rechnung am Ende für alle.
Verantwortliche Haushaltspolitik für mehr Klimaschutz
Eine Nachhaltigkeitssteuerung des deutschen Bundeshaushalts wäre eine Triple-Win-Situation. Umwelt und Klima würden durch mehr und gezieltere öffentliche Anstrengung für die Transformation gewinnen. Durch sinnvollere und gezieltere Entlastungen würde im Vergleich zum jetzigen Bundeshaushalt sogar Geld eingespart werden. Und der sozialen Tragfähigkeit der Transformation würde geholfen werden. Denn viele Privilegien, wie die Dienstwagenbesteuerung, kommen zumeist Besserverdienenden zu Gute.

Für die deutsche Haushaltspolitik gibt es darauf nur eine logische Antwort: Den Bundeshaushalt konsequent entlang der Anforderungen der Transformation hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften auszurichten. In Ländern wie Frankreich oder Österreich werden die öffentlichen Ausgaben schon längst auf ihre Nachhaltigkeitsauswirkungen geprüft. Die deutsche Bundesregierung hingegen steht noch ganz am Anfang in ihren Bemühungen, die Haushaltspolitik als Instrument für den Klimaschutz zu nutzen. Im Dezember 2022 wurde ein erster Bericht von der Bundesregierung zu diesem Thema veröffentlicht, der aber noch viele Schwächen aufweist und zu wenig ambitioniert ist.
Wir dürfen nicht zulassen, dass kurzfristige Politikinteressen die Transformation unserer Wirtschaft ausbremsen. Unser Geld müssen wir jetzt gezielt und effektiv einsetzen, damit Deutschland nicht tiefer in die Klimakrise stürzt. Dafür gehören Umwelt- und Klimaziele fest in die jährliche Aufstellung des Bundeshaushalts integriert.
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