Der Dammbruch am Auffangbeckens einer Eisenerzmine im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais setzte im Januar 2019 eine gewaltige Flutwelle frei. 12 Millionen Kubikmeter giftiger Schlamm walzten auf ihrem Weg ins Tal alles nieder. Die Bilanz: Mindestens 248 Tote und 22 Vermisste. Unter den Opfern waren viele Arbeiter, die gerade in der Mittagspause waren.
Vale muss für den Dammbruch bezahlen
Knapp ein halbes Jahr nach dem verheerenden Dammbruch hat ein Gericht jetzt den Bergbaukonzern Vale zur Wiedergutmachung verpflichtet. Das Unternehmen müsse alle entstandenen Schäden beheben, ordnete ein Richter im Bundesstaat Minas Gerais an. Eine Schadenssumme wurde nicht festgelegt. Der Dammbruch habe auch die Umwelt und die wirtschaftlichen Aktivitäten in der Region geschädigt.
Folge uns in Social Media
Tatsächlich sind die Umweltfolgen der Katastrophe noch schwer abzuschätzen. Der WWF zählt 568 bedrohte Tier- und Pflanzenarten in der Provinz Minas Gerais. Darunter Baumfrösche, Ameisenbären, Ozelote und Hirsche sowie zahlreiche Vogel‑, Reptilien- und Amphibienarten.
Brasilianisches Eisenerz für Deutschland
Auf den ersten Blick könnte der Unfall als tragischer Zwischenfall am anderen Ende der Welt abgetan werden. Doch gerade Deutschland trägt Mitverantwortung. Die Tatsache, dass der gebrochene Damm wenigen Monaten zuvor vom TÜV Süd begutachtet wurde und dieser offenbar keine Beanstandungen hatte, ist dabei nur ein Nebeneffekt. Die dunkle Seite der Globalisierung zeigt sich gerade beim Bergbau besonders deutlich. Deutschland bezieht zum Beispiel mehr als die Hälfte seines Eisenerzes für die Stahlproduktion aus Brasilien. Der Müll in Form von riesigen Abraumhalden mit einem Cocktail aus Schwermetallen, Arsen und anderen giftigen Chemikalien bleibt im Land. Bergbau hinterlässt Mondlandschaften, zerstört die Wälder und vergiftet Böden, Luft und Wasser.
Rückhaltebecken sind oft tickende Zeitbomben
Unvergessen ist die Katastrophe am Rio Doce vor wenigen Jahren. Der Unfall ereignete sich nur rund 150 Kilometer vom aktuellen Fall in Brumadinho. Auch damals brach ein Damm. Die Flutwelle tötete 19 Menschen und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Tausende Betroffene verloren ihr Heim, ihren Job und ihre Lebensgrundlage und viele von ihnen warten noch immer auf Entschädigung. Beteiligt an der Mine war ebenfalls der Konzern Vale.
Dennoch ist das keineswegs ein brasilianisches Problem. Die Liste der Unfälle ist lang und auch in Europa keine Seltenheit. Baia Mare in Rumänien und Aznalcollar Spanien waren Schauplätze ähnlicher Katastrophen. Um die Sicherheitsstandard zu erhöhen, sind die Gesetzgeber gefordert.
Indirekte Auswirkungen durch Bergbau
Bergbau hat extrem negative Umweltfolgen, wenn dieser nicht verantwortungsvoll betrieben werden. Ist erstmal eine Mine geplant, werden Straßen in zuvor teils unberührte Natur und Schutzgebiete gebaut. Da auch Energie benötigt wird, entstehen nicht selten auch Kraftwerke. Und am Ende wird alles über errichtete Eisenbahntrassen an die Küste geschafft.
Check out the first study of it´s kind on “Germany’s ecological footprint of Steel and Aluminium” by WWF.
As one of the authors(see others below)I´m happy to reply on any questions and remarks you have. #KatalinaEngel #MélissaDeHertogh #MalikaVirahSawmyhttps://t.co/w0UGTiseTL pic.twitter.com/j3ATWIrbbR— Tobias Kind (@tobiaskind) October 17, 2018
Als eines der Hauptabnehmerländer spielt Deutschland eine wichtige Rolle. Um dies zu verdeutlichen, haben wir letztes Jahr einen Report veröffentlicht, in dem der ökologische Fußabdruck der Stahl und Aluminiumindustrie thematisiert wird. Wir fordern die deutschen Unternehmen auf, die riesige Mengen für Autos, Gebäude und Dosen importieren, endlich ihre Lieferkette auf Umweltrisiken zu untersuchen. Die Firmen müssen auf die Einhaltung von Menschen- und Umweltstandards pochen. Und sie müssen die auch von der Politik einfordern!
Auch die Verbraucher sind gefordert
Zugleich sollten wir die Verbraucher nicht aus der Pflicht entlassen. Wir alle sollten uns fragen: Woher kommen die Rohstoffe? Muss ich wirklich meinen Kaffee aus Bequemlichkeit aus einer Kapsel in die Tasse pressen lassen?
Lieber Tobias
ich finde es prinzipiell richtig, mit deutschen Unternehmen zu reden. Dahinter steht allerdings der “normale” Unternehmeransatz, dass Produkte für den Konsumenten erzeugt werden, diesem Konsumenten verkauft werden und somit aus dessen Konsum die Arbeitskräfte bezahlt und die Gewinne eingestrichen werden. Die letztendlichen Verbraucher des Eisenerzes oder des Aluminiums sind nicht die Unternehmen, sondern die Verbraucher, also anteilig wir oder Du und natürlich ich!! Somit bin ich indirekt und natürlich nicht vorsätzlich, und auch nur ein ganz wenig, aber doch mitschuldig an solchen profitbedingten Katastrophen!
Unser Konsum, unser (auch meiner) Luxus hat eben seinen Preis. Selbst, wenn wir unseren
Preis, also unsere tägliche Arbeitsleistung und Sozialabgaben bezahlen, heisst das nicht, dass von unserem Beitrag genügend zu den Bergarbeitern in Brasilien geht.
Lieber Tobias, wie richtest Du eigentlich Deinen Konsum ein, damit Du nicht an solchen Bergbaufolgeschäden, wie Menschenleben, vergiftete Flüsse, Schlammlawinen, Abholzung und ähnlichem beteiligt bist?? Wie vermeidest Du den Konsum von Eisen und Aluminium?
Würde mich freuen, von Dir zu hören.
Beste Grüße Carlos
Lieber Carlos,
ich stimme dir absolut zu und möchte keineswegs den Konsumenten aus der Verantwortung nehmen. In unserer Studie: “ROHSTOFFBOOM ZWISCHEN GEWINNEN UND VERLUSTEN Deutschlands ökologischer Fußabdruck durch Stahl und Aluminium” sind wir auch ausführlich auf die Rolle von Konsumenten eingegangen (https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Analyse-Stahl-und-Aluminium-Rohstoffboom-zwischen-Gewinnen-und-Verlusten.pdf). Ich persönlich versuche generell meinen ökologischen Fußabdruck allgemein klein zuhalten, was mir auch leider nicht immer gelingt. Zum Beispiel Alu und Stahl — ich trinke keinen Kaffee aus Aluminiumkapseln, kaufe Küchengeräte die hochwertig sind und nicht zweimal im Jahr neu angeschafft werden müssen. Es gibt noch eine Menge Dinge die man vermeiden kann (Joghurt-Deckel, auf denen Aluminium gesprüht ist und nicht wieder in den Kreislauf kommen) ersetze ich durch Joghurt aus dem Glas. Aber alleine schon einmal bei den Unternehmen nachzufragen, woher Ihre Rohstoffe kommen hilft dafür Bewusstsein zu schaffen. Danke nochmals für deine Frage.
Viele Grüße
Lieber Tobias,
dies ist nur ein Beispiel dafür, daß Kapitalismus eben nicht mit Umweltschutz vereinbart werden kann. Es liegt in der Natur dieses Systems, daß die Natur exponentiell ausgebeutet wird. Das hat damit zu tun, daß alle in der Wertschöpfungskette ihre konstanten prozentualen Gewinne haben wollen. Selbst wenn der Prozentsatz konstant bleibt, bedeutet das einen exponentiellen Anstieg. Das kann man über die Herstellkosten machen oder bei Monopolen über den Verbraucherpreis, aber oft wird einfach auf Teufel komm raus die Nachfrage (durch Werbung, etc.) erhöht, um höhere Stückzahlen herstellen zu können. Damit werden die Fixkosten (Forschung+Entwicklung) auf eine höhere Anzahl an Produkten verteilt und der Gewinn steigt.
Wir kommen also bei der Frage nach der Lösung nicht drum herum, ob der Kapitalismus — und er hat uns immerhin aus dem dunklen Mittelalter befreit — immer noch zeitgemäß ist, oder ob wir eine neue Form der Wirtschaft brauchen, bei der Mensch und Umwelt, statt der Profit im Mittelpunkt steht.
Schöne Grüße,
Bye Thomas
Lieber Herr Kind,
es ist schon ziemlich zum Verzweifeln, dass man allein dadurch, dass man lebt, lauter Umweltschäden anrichtet. Noch aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg stammend, weiß ich, dass ohne ein Minimum an Nahrung und — in unsern Breiten — an künstlich erzeugter Wärme durch Kleidung und Heizung ein Überleben selbst bei spartanischer Lebensweise nicht möglich ist. Und nun wächst die Zahl von Energie- Verbrauchern, die unseren ‑mindestens vom Satelliten aus — so wunderschöne Erdball bevölkern, noch stetig. Was ist zu tun? Man kommt auf böse Science-fiction-Gedanken und schämt sich fast, so alt geworden zu sein. Ein bisschen Trost — nur eine ganz kleine Hoffnung — täte gut. Darum bittet herzlich
Ihre Meike
Hallo Frau Kluge, wir alle brauchen Wasser und Luft, wir alle konsumieren. Die entscheidende Frage ist nur was und wieviel davon. Wir müssen es als Gesellschaften schaffen nachhaltig zu wirtschaften, also nicht mehr zu verbrauchen als die Erde regenerieren kann. Dafür müssen wir uns alle einsetzen. Und hier kommt der Trost: Immer mehr Menschen sind sich dessen bewusst. Ich will hier nur die Degrowth Debatten nennen oder den Schülerstreik gegen den Klimawandel. Sie sind mit ihrer Sorge wahrlich nicht allein. Ich bin überzeugt, dass wir das Ruder zum nachhaltigen Wirtschaften herumwerfen können. Es ist ja nicht nur moralisch richtig, sondern auch ökonomisch vernünftig.
Lieben Gruß!