Zug­vö­gel im Wat­ten­meer: Unent­behr­li­cher Rastplatz


Im Frühjahr und Herbst machen viele Zugvögel in Deutschland Rast. Wichtiger Stopp ist das Wattenmeer.
Ziehende Sanderlinge und Alpenstrandläufer machen im großen Schwärmen bei uns Halt. © Hans-Ulrich Rösner, WWF

Rie­si­ge Vogel­schwär­me am Him­mel, lau­tes Geschnat­ter und Gepie­pe aus tau­sen­den Schnä­beln: Das Wat­ten­meer wim­melt eigent­lich immer von Vögeln.
Zu den Höhe­punk­ten des Vogel­zugs im Früh­jahr und im Herbst sind es beson­ders vie­le. Das nah­rungs­rei­che Watt wird zum Rast­platz für rund zehn Mil­lio­nen Wat- und Was­ser­vö­gel zwi­schen ihren Win­ter­quar­tie­ren im Süden und den Brut­ge­bie­ten in der Arktis.

Knutt — Tan­ken für den Langstreckenflug

Einer, der sich bei uns so viel Fett anfrisst, dass er sein Kör­per­ge­wicht fast ver­dop­pelt, ist der Knutt. Dabei ist das ohne­hin ein recht plum­per Wat­vo­gel. Man glaubt kaum, wel­che Stre­cken er zurück­legt: Wenn er im Mai aus West­afri­ka bei uns ankommt, hat er knapp 5000 Kilo­me­ter Non-Stopp-Flug hin­ter sich. Er bleibt etwa vier Wochen. Dann geht es Rich­tung Sibi­ri­en zum Brü­ten, wie­der bis zu 5000 Kilo­me­ter, ohne Pau­se und Nah­rung. Dort ist die Ark­tis mög­li­cher­wei­se noch schnee­be­deckt und er muss wei­ter aus­hal­ten, bevor es etwas zu Fres­sen gibt. Gut, dass er bei uns mit vie­len klei­nen Muscheln vor­her ordent­lich auf­tan­ken kann!

Kom­men und Gehen: Im Wat­ten­meer ist immer Vogelzug

Im Frühjahr und Herbst machen viele Zugvögel in Deutschland Station. Das Wattenmeer ist wichtiger Rastplatz.
Knutts auf einem Rast­platz im Wat­ten­meer bei Hoch­was­ser © Hans-Ulrich Rös­ner, WWF

Wäh­rend die Knutts aus West­afri­ka noch bei uns ankom­men, flie­gen die Knutts, die in Euro­pa über­win­tert haben, schon wie­der wei­ter. In ihrem Fall aber Rich­tung Grön­land! Und die Alpen­strand­läu­fer zie­hen, je nach­dem in wel­chem Teil der Ark­tis sie brü­ten, von Anfang bis Ende Mai in Rich­tung Nor­den: Die ver­schie­de­nen Arten und Popu­la­tio­nen der Zug­vö­gel sind zu unter­schied­li­chen Zei­ten bei uns.

Die meis­ten stop­pen auch nicht nur kurz, son­dern blei­ben län­ger. Im Früh­jahr beginnt die beson­ders vogel­rei­che Zeit im März, der Höhe­punkt liegt im Mai. Der Herbst­zug star­tet schon im Juni, die meis­ten Zug­vö­gel beob­ach­ten wir dann im Sep­tem­ber und Okto­ber. Die Wat- und Was­ser­vö­gel nut­zen den Auf­ent­halt im Wat­ten­meer neben der inten­si­ven Nah­rungs­auf­nah­me oft auch zum Feder­wech­sel.

Küs­ten­see­schwal­be — Der wei­tes­te Zug­weg der Welt

Nicht alle Wat­ten­meer­vö­gel flie­gen wei­ter in die Ark­tis. Man­che Zug­vö­gel, die im Früh­jahr aus dem Süden kom­men, blei­ben zum Brü­ten hier und flie­gen dann wie­der zurück. Dazu gehört die Küs­ten­see­schwal­be. Sie ist nicht schnell, aber aus­dau­ernd! Küs­ten­see­schwal­ben sind die Tie­re mit den längs­ten bekann­ten Zug­we­gen der Welt. Die im Wat­ten­meer brü­ten­den Küs­ten­see­schwal­ben legen im Jahr um die 90.000 Kilo­me­ter zurück – die afri­ka­ni­sche Küs­te ent­lang, teils auch nach Süd­ame­ri­ka und bis in die Antarktis.

Zugvögel im Wattenmeer: Die Küstenseeschwalbe legt die längsten Strecken der Welt zurück
Eine Küs­ten­see­schwal­be bewacht ihren Brut­platz. © Hans-Ulrich Rös­ner, WWF

Wie ori­en­tie­ren sich Zugvögel?

Vögel navi­gie­ren mit­hil­fe des Magnet­fel­des der Erde und der Stel­lung der Son­ne und der Ster­ne. Zusätz­lich erin­nern sich Zugvögel an die Regi­on, in der sie auf­ge­wach­sen sind oder wo sie schon ein­mal geras­tet haben und tra­gen sie wie eine inne­re Land­kar­te mit sich. Land­mar­ken wie Flüsse, Gebirgszüge und Küstenlinien hel­fen dabei. Vie­le Arten sind so in der Lage, zum Bei­spiel im Wat­ten­meer immer wie­der die glei­che Insel zum Ras­ten oder im Brut­ge­biet das glei­che Revier und manch­mal sogar den glei­chen Nest­platz zu finden.

Das Wattenmeer liegt auf dem sogenannten ostatlantischen Zugweg der ZugvögelWar­um ist das Wat­ten­meer so wich­tig für Zugvögel?

Das Wat­ten­meer ent­lang der Nord­see­küs­te Deutsch­lands, Däne­marks und der Nie­der­lan­de ist eine der vogel­reichs­ten Regio­nen der Welt und ein rie­si­ges Feuchtgebiet.
Das macht es zur Dreh­schei­be für zie­hen­de Wat- und Was­ser­vö­gel auf ihrem soge­nann­ten ost­at­lan­ti­schen Zug­weg: Von Süd­afri­ka über das Wat­ten­meer bis nach Grön­land oder zur nord­si­bi­ri­schen Taimyr-Halbinsel.
Das Ein­zugs­ge­biet, aus dem die Vögel zu uns kom­men, umfasst die hal­be Ark­tis – noch eine Beson­der­heit des Wattenmeeres!

For­ma­ti­ons­flug der Wildgänse

Die Vogel­welt im Wat­ten­meer ist beein­dru­ckend. Aber mas­sen­haft For­ma­ti­ons­flü­ge wie die von Kra­ni­chen darf man sich hier nicht vor­stel­len. Die meis­ten Vögel flie­gen in eher klei­nen Schwär­men, oft auch hoch jen­seits der Sicht­bar­keit. Am auf­fäl­ligs­ten sind die For­ma­tio­nen von zie­hen­den Wild­gän­sen, etwa den Rin­gel­gän­sen. Das sieht dann wirk­lich aus wie eine V- oder 1‑Formation aus dem Bilderbuch.

War­um flie­gen vie­le Zug­vö­gel in Formation?

Warum fliegen Zugvögel Formationen?
Rin­gel­gän­se: War­um flie­gen Zug­vö­gel For­ma­tio­nen? © Hans-Ulrich Rös­ner, WWF

Die­ses Zug­ver­hal­ten hat einen ein­fa­chen Grund: Es spart Kraft. Die hin­te­ren Vögel flie­gen im Wind­schat­ten und kön­nen auf den Luft­ver­wir­be­lun­gen glei­ten, die das Flü­gel­schla­gen der vor­de­ren Vögel erzeugt. Wenn die anfüh­ren­den Vögel nicht mehr kön­nen, las­sen sie sich zurück­fal­len und die nächs­ten rücken auf.

Wie bedroht sind Zugvögel?

Zug ist für sehr vie­le Vögel not­wen­dig, aber immer auch mit Gefah­ren ver­bun­den. Vie­le davon sind mensch­ge­macht: Künst­li­che Hin­der­nis­se wie Strom­lei­tun­gen oder Hoch­häu­ser bedro­hen die wan­dern­den Vögel auf ihrem Weg – und sogar der Abschuss oder Fang mit Net­zen! Außer­dem lässt die kon­ven­tio­nel­le Land­wirt­schaft immer weni­ger geeig­ne­te Brut­plät­ze und Nah­rung für die Vögel übrig. Umso wich­ti­ger und ein gro­ßer Erfolg für die Natur, dass der äußerst wert­vol­le Lebens­raum hier im Wat­ten­meer fast voll­stän­dig als Natio­nal­park geschützt ist!

Wel­che Fol­gen hat der Kli­ma­wan­del für Wattenmeervögel?

Das wer­de ich oft gefragt. Im Zuge des Kli­ma­wan­dels dro­hen dra­ma­ti­sche Fol­gen auch für die Vogel­welt des Wat­ten­mee­res. Durch den beschleu­nig­ten Mee­res­spie­gel­an­stieg könn­ten Watt­flä­chen und Salz­wie­sen im Wat­ten­meer dau­er­haft über­flu­tet wer­den und für die Vögel ver­lo­ren gehen. Und vie­le ark­ti­sche Tun­d­ra­ge­bie­te, in denen die Vögel brü­ten, dro­hen eben­so ver­lo­ren zu gehen wie Feucht­ge­bie­te im Süden, in denen sie überwintern.

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Zug­vö­gel beobachten

Im Natio­nal­park Wat­ten­meer gibt es viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten für Gäs­te, die Vögel zu beob­ach­ten. Es gibt Füh­run­gen und Fly­er und Bro­schü­ren zu geeig­ne­ten Beob­ach­tungs­spots. Die fin­det Ihr am bes­ten auf der Natio­nal­park-Wat­ten­meer-Web­site oder über das jewei­li­ge Natio­nal­park-Info­zen­trum vor Ort.

Eine Über­sicht über zwei grö­ße­re Ver­an­stal­tun­gen gibt es hier: www.wwf.de/watt/events.

Die Rin­gel­gans­ta­ge im Mai auf den schles­wig-hol­stei­ni­schen Hal­li­gen müs­sen aller­dings in die­sem Jahr wegen der Coro­na-Kri­se lei­der aus­fal­len. Hof­fen wir das Bes­te für uns alle – und damit auch, dass die Zug­vo­gel­ta­ge im Herbst im Natio­nal­park nie­der­säch­si­sches Wat­ten­meer wie­der statt­fin­den kön­nen. Denn der Mensch braucht die Natur. Und sie ist nicht nur für die Vögel, son­dern für unser aller Gesund­heit von maß­geb­li­cher Bedeutung.

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1 Kommentar

  1. 10. Mai 2020
    Antworten

    Wir müs­sen uns für die Umwelt und die Tie­re einsetzen.

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