Was wür­de ein Kli­ma­kanz­ler tun?


Olaf Scholz Klimakanzler
Ist das der Klimakanzler? © imago / photothek / Florian Gaertner

Ich bin jetzt 25. Laut Lebens­er­war­tung einer deut­schen Frau habe ich noch um die 55 Jah­re Leben vor mir. Ich brau­che jetzt ihn: den ech­ten Kli­ma­kanz­ler. Und hier kommt, was er jetzt tun muss. 

Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grund­ge­setz fol­gen­de Schutz­pflicht des Staa­tes umfasst auch die Ver­pflich­tung, Leben und Gesund­heit vor den Gefah­ren des Kli­ma­wan­dels zu schüt­zen. Sie kann eine objek­tiv­recht­li­che Schutz­ver­pflich­tung auch in Bezug auf künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen begrün­den.

Das stammt aus dem his­to­ri­schen Beschluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom März 2021 zum deut­schen Kli­ma­schutz­ge­setz. Damals hat­te das höchs­te deut­sche Gericht geur­teilt, dass Tei­le des alten Kli­ma­schutz­ge­set­zes ver­fas­sungs­wid­rig waren. Es bür­de­te nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen eine hohe Emis­si­ons­re­duk­ti­ons­last auf. Und schränkt dadurch mei­ne, unse­re Frei­heit ein – wäh­rend vor­he­ri­gen Gene­ra­tio­nen deut­lich grö­ße­re Tei­le des CO2-Bud­gets zuge­stan­den wurden.

Kli­ma­schutz hat Verfassungsrang

Das Ergeb­nis die­ses Beschlus­ses war die Über­ar­bei­tung des deut­schen Kli­ma­schutz­ge­set­zes. Neue Zwi­schen­zie­le für die Reduk­ti­on von Treib­haus­gas­emis­sio­nen wur­den fest­ge­legt. Viel wich­ti­ger aber ist, dass das Ver­fas­sungs­ge­richt deut­lich gemacht hat: Kli­ma­schutz ist eine Ver­pflich­tung des Staa­tes. Und die­se Ver­pflich­tung darf nicht ein­fach auf­ge­scho­ben wer­den, da sonst eben die Frei­hei­ten von mor­gen unver­hält­nis­mä­ßig ein­ge­schränkt wer­den. Kli­ma­schutz hat seit­her also Verfassungsrang.

War­um pas­siert so wenig beim Klimaschutz?

Soweit zu Recht und Theo­rie. Bei der Umset­zung wird es aller­dings schon wie­der schwie­ri­ger. Denn zwar hat die Bun­des­re­gie­rung im Koali­ti­ons­ver­trag fest­ge­legt, dass sie das Kli­ma­schutz­ge­setz „noch im Jahr 2022 kon­se­quent wei­ter­ent­wi­ckeln“ und ein umfas­sen­des Kli­ma­schutz­so­fort­pro­gramm auf den Weg brin­gen wol­le. Alle Sek­to­ren – Ver­kehr, Gebäu­de, Strom­erzeu­gung, Indus­trie und Land­wirt­schaft – müss­ten dazu ihren Bei­trag leis­ten. Pas­siert ist aller­dings… sehr wenig. Ein Kli­ma­schutz­so­fort­pro­gramm? Gibt es immer noch nicht. Und die Sek­to­ren? Haben erst vor Kur­zem ein ver­nich­ten­des Urteil des Expert:innenrats für Kli­ma­fra­gen in Bezug auf ihre Umset­zung der Kli­ma­zie­le bekommen.

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Der Expert:innenrat ist bewer­tet den Fort­schritt der Sek­to­ren. Das Urteil: Die bis­he­ri­gen Emis­si­ons-Reduk­ti­ons­ra­ten rei­chen bei wei­tem nicht aus, um die Kli­ma­schutz­zie­le für 2030 zu errei­chen – weder in der Sum­me noch in den ein­zel­nen Sek­to­ren“. Ins­be­son­de­re die Sek­to­ren Ver­kehr und Indus­trie sto­ßen deut­lich zu vie­le Emis­sio­nen aus. Das von Minis­ter Wis­sing vor­ge­leg­te Sofort­pro­gramm für den Bereich Ver­kehr war sogar so schlecht, dass die Expert:innen es im August im Grun­de nicht bewer­tet hat­ten – es erfül­le die Anfor­de­run­gen an ein Sofort­pro­gramm nicht.

Gro­ße Ver­spre­chen, klei­ne Resultate

Trotz gro­ßer Ver­spre­chen und Ankün­di­gun­gen hat die Bun­des­re­gie­rung also nicht gelie­fert. Die bis­he­ri­gen Maß­nah­men zei­gen wenig Ambi­ti­on. Sie genü­gen – zum Bei­spiel im Bereich Ver­kehr – nicht mal der gesetz­li­chen Pflicht des Kli­ma­schutz­ge­set­zes. Statt­des­sen taucht immer wie­der die For­de­rung der FDP auf, die Sek­tor­zie­le für den Kli­ma­schutz auf­zu­wei­chen, also etwa die Min­de­rungs­zie­le für Indus­trie oder Strom­erzeu­gung. Die­se Bilanz ist ernüch­ternd. Olaf Scholz, Selbst­be­zeich­nung Kli­ma­kanz­ler, wird zum Kum­mer­kanz­ler. Doch er kann das noch ändern.

Was mein Kli­ma­kanz­ler tun muss

Ers­tens: Die Sek­tor­zie­le sind zen­tral. Sie zei­gen trans­pa­rent und spe­zi­fisch, wo wir in den ein­zel­nen Berei­chen ste­hen und wo wir han­deln müs­sen. Sie set­zen auf die fai­re und gemein­schaft­li­che Umset­zung von Kli­ma­schutz. Und das ist gut so. Denn um 2045 kli­ma­neu­tral zu wer­den, müs­sen wir auch in allen Sek­to­ren anset­zen. Außer­dem wei­sen die Sek­tor­zie­le kla­re Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu. Und sie ermög­li­chen Nach­bes­se­run­gen: näm­lich über ihre Ver­pflich­tung zu Sofort­pro­gram­men im Fal­le einer Ziel­ver­feh­lung. (Mehr zu dem The­ma auch in unse­rem offe­nen Brief: „Kli­ma­zie­le wer­den nicht erreicht, indem man sie abschafft“.)

Zwei­tens soll­te ein Kli­ma­kanz­ler das Kli­ma­schutz­ge­setz nicht nur bei­be­hal­ten, son­dern sich  für des­sen Wei­ter­ent­wick­lung ein­set­zen. Denn momen­tan wird der Kli­ma­schutz haupt­säch­lich an „Ex-Post“-Indikatoren gemes­sen. Also Indi­ka­to­ren, die sich auf das ver­gan­ge­ne Jahr bezie­hen. Um gerüs­tet für die Zukunft zu sein, brau­chen wir auch „Ex-ante“-Indikatoren. Ein Bei­spiel: der Fach­kräf­te­man­gel. Wir wis­sen jetzt schon, dass wir viel zu wenig Fach­kräf­te für den Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien haben. Das ist ein Indi­ka­tor dafür, dass wir im Sek­tor Strom­erzeu­gung ein Pro­blem bei der Umset­zung der Kli­ma­zie­le bekom­men wer­den. Und dass wir dort nach­steu­ern sollten.

Drit­tens wür­de ein Kli­ma­kanz­ler schnellst­mög­lich sei­nen Ver­spre­chen nach­kom­men und ein Kli­ma­schutz­so­fort­pro­gramm auf den Weg brin­gen – und zwar ein ech­tes Kli­ma­schutz­so­fort­pro­gramm. Die­ses müss­te den Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien und sau­be­rer Anwen­dun­gen und Indus­trie­pro­zes­se beschleu­ni­gen, sowie fos­si­len Pro­jek­ten end­gül­tig eine Absa­ge ertei­len – im Aus­land wie in Deutsch­land. Außer­dem braucht es umfas­sen­de Inves­ti­tio­nen etwa in „Kli­ma-Infra­struk­tur“, erneu­er­ba­re Ener­gie­sys­te­me und die Sanie­rung beson­ders inef­fi­zi­en­ter Gebäu­de. So kann der Umbau in Rich­tung Kli­ma­neu­tra­li­tät ermög­licht wer­den. Das wür­de nicht nur dem Wirt­schafts­stand­ort Deutsch­land gut­tun, son­dern auch ein kla­res Signal an den pri­va­ten Kapi­tal­markt senden.

Klima Demonstration
Kli­ma­kanz­ler, bit­te her­hö­ren. Es gibt viel zu tun! © Halfpoint/iStock/Getty Images

Was also wer­den der Kanz­ler und die Bun­des­re­gie­rung tun? Am bes­ten alles. Ich bin jetzt 25. Laut Lebens­er­war­tung einer deut­schen Frau habe ich noch um die 55 Jah­re Leben vor mir. Damit bin ich ein Teil der Gene­ra­ti­on, auf die sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt 2021 bezo­gen hat. Ja, mei­ne Gene­ra­ti­on wird die Last der Emis­si­ons­min­de­run­gen, die wir heu­te nicht unter­neh­men, tra­gen müs­sen. Des­we­gen brau­che ich, alle ande­ren und die kom­men­den Gene­ra­tio­nen jetzt ihn: den ech­ten Kli­ma­kanz­ler.

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