Ein Veto gegen den ver­gol­de­ten Aus­puff: War­um die Auto­in­dus­trie kei­ne Kauf­an­rei­ze braucht


Autoindustrie Corona: Halde von Neuwagen
Halde von Neuwagen © gargantiopa/iStock/Gettyimages Plus

Mei­nen Kin­dern wird bei län­ge­ren Auto­fahr­ten öfter mal schwumm­rig. Ein ähn­li­ches Gefühl beschleicht mich, wenn Auto­ma­na­ger nach Steu­er­gel­dern rufen. Ob sie mit ihrer For­de­rung Gehör fin­den, bleibt abzu­war­ten. Die Bun­des­re­gie­rung hat die Ent­schei­dung über Kon­junk­tur­hil­fen erst ein­mal bis Juni vertagt.

Coro­na: Unter­schrei­ben Sie für grü­ne Konjunkturprogramme! 

 

Es steht außer Fra­ge, dass die Ver­kaufs­zah­len von Neu­wa­gen im März ein­ge­bro­chen sind. Das Schick­sal sin­ken­der Ver­käu­fe teilt die Bran­che aber mit Unter­neh­men aller Cou­leur. Nach Jah­ren der Rekord­um­sät­ze trifft es auch kei­nen Armen. Selbst wenn kein Fahr­zeug ver­kauft wür­de, wären BMW, Volks­wa­gen und Daim­ler bis weit in den Herbst noch flüs­sig, rech­net das Han­dels­blatt vor.

Weil jemand vier Wochen nicht ins Auto­haus konn­te, dürf­te er kaum auf die geplan­te Anschaf­fung eines fahr­ba­ren Unter­sat­zes ver­zich­ten. Das unter­schei­det die Auto­käu­fer von Kon­zert­be­su­chern oder Knei­pen­gän­gern. Die dür­fen zwar auch wie­der raus, doch so viel Bier kön­nen sie gar nicht trin­ken, damit die kri­sen­ge­plag­ten Gas­tro­no­men ihre aus­ge­fal­len Ein­nah­men kom­pen­sie­ren kön­nen. Bei Auto­händ­lern ist das anders.

Schon nach Wochen wie­der nor­ma­ler Absatz

Von Nis­san ist zu hören, dass sich der Absatz auf dem wich­ti­gen chi­ne­si­schen Markt schon weni­ge Wochen nach dem Lock­down wie­der auf dem Vor­jah­res­ni­veau ein­ge­pen­delt habe. 

Das Auto – Pro­fi­teur der Pandemie?

Die Ver­mu­tung liegt nahe, dass die Ent­wick­lung in Deutsch­land ähn­lich ver­läuft. Mit­tel­fris­tig dürf­te das Auto sogar zu den Pro­fi­teu­ren der Epi­de­mie gehö­ren. Eine aktu­el­le Umfra­ge des Deut­schen Zen­trums für Luft- und Raum­fahrt belegt, dass vie­le, die bis­lang ohne Pkw unter­wegs waren, sogar wegen des Coro­na-Virus über die Neu­an­schaf­fung nach­den­ken. Das eige­ne Auto wei­se gegen­über ande­ren Ver­kehrs­mit­teln einen deut­lich höhe­ren Wohl­fühl­fak­tor auf. Und kei­ne Infektionsgefahr.

Im Grun­de ist das nicht wirk­lich über­ra­schend. Aus Angst vor Anste­ckung stei­gen vie­le auf’s Fahr­rad, neh­men den Wagen und mei­den Öffent­li­chen Nah­ver­kehr oder Car­sha­ring. Wenigs­tens der Trend zum Rad ist ein Licht­blick. Händ­ler machen glän­zen­de Geschäfte.

 

Vie­le Städ­te, von Bogo­ta bis Buda­pest und sogar Ber­lin, reagie­ren auf den Boom der Bikes mit einer Neu­ver­tei­lung des öffent­li­chen Raums und soge­nann­ten Pop-Up-Rad­we­gen. Sie machen sogar Stra­ßen für Fuß­gän­ger frei. 

Düs­ter für die Verkehrswende

Jen­seits der neu­en Rad­strei­fen sieht es aber für die Ver­kehrs­wen­de eher düs­ter aus. Zu den gro­ßen Ver­lie­ren von Coro­na gehö­ren alle Öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel. Die Fahr­gast­zah­len sind in eini­gen Städ­ten um mehr als 80 Pro­zent gesun­ken! Ähn­lich dra­ma­tisch stellt sich die Lage für die Deut­sche Bahn dar. Die Zahl der Rei­sen­den im Fern­ver­kehr ist auf 10 bis 15 Pro­zent des Niveaus vor der Kri­se zurück­ge­gan­gen. Auch Bus­un­ter­neh­mer ste­hen vor dem Konkurs.

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Frag­los: Im Mobi­li­täts­sek­tor gibt es vie­le, die sich berech­tigt Sor­gen machen müs­sen. VW, BMW und Co gehö­ren eher nicht dazu. In die­ser Kri­se kom­men vie­le Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten auf den Prüf­stand, so auch der selbst­ver­ständ­li­che Ruf nach öffent­li­chen Gel­dern für die Auto­her­stel­ler. Die gesam­te Bran­che soll­te prü­fen, ob und wie die eige­nen Anteils­eig­ner an dem Weg aus der Kri­se betei­ligt wer­den kön­nen. Das ist nor­ma­le Unter­neh­mens­po­li­tik, vor allem weil in den ver­gan­ge­nen Jah­ren hohe Gewin­ne gemacht wur­den und die Wen­de zur E‑Mobilität aus­ge­spro­chen zöger­lich ange­lau­fen ist.

Elek­tro­mo­bi­li­tät verschlafen

Die Unter­neh­men set­zen jetzt zuneh­mend auf Elek­tro­mo­bi­li­tät — nach­dem sie die Ent­wick­lung jah­re­lang ver­schleppt hat­ten und mit Was­ser­stoff viel­fach auf’s fal­sche Pferd gesetzt haben. In den gegen­wär­ti­gen Kri­sen­for­de­run­gen an Steuerzahler:innen muss des­halb zual­ler­erst klar wer­den, wie die Anteils­eig­ner ihren Bei­trag zur Kri­sen­sta­bi­li­tät leis­ten. Wenn die Gesell­schaft einen Anteil leis­ten soll­te, dann vor allem zur Trans­for­ma­ti­on der Branche.

Autoindustrie Corona: Neuwagen Stoßstange an Stoßstange
Wir brau­chen weni­ger Autos © roibu/iStock/Gettyimages Plus

Es ist ein gutes Signal, dass es beim Auto­gip­fel am Diens­tag (05. Mai 2020) kei­ne Zusa­gen gab. Nun soll­ten alle noch­mal über­le­gen, wie eine sinn­vol­le För­de­rung aus­sieht. Das Kon­zept der Kauf­prä­mie hat schon ein­mal nicht funk­tio­niert. Bei der Abwrack­prä­mie 2009 wur­den Käu­fe ledig­lich vor­ge­zo­gen. Es war und wäre wie­der ein öko­no­mi­sches Stroh­feu­er, das öko­lo­gisch ohne­hin höchst frag­wür­dig ist.

Lie­ber ein Bonus-Malus-Ansatz, als Mil­li­ar­den sinn­los zu verheizen

Ver­bren­nern auch noch mit staat­li­chen Gel­dern den Aus­puff zu ver­gol­den, ist eine ganz schlech­te Idee. Es ist sinn­los, Mil­li­ar­den als kurz­fris­ti­ge Kon­sum­an­rei­ze für kli­ma­schäd­li­che Pro­duk­te zu ver­hei­zen. Mög­li­che Prä­mi­en auf Elek­tro­fahr­zeu­ge zu beschrän­ken, kann nur das min­des­te sein. Es gibt bereits Zuschüs­se für Elek­tro­au­tos und Plug-in-Hybri­de, die noch zu erhö­hen wären.

Dar­über hin­aus soll­te aber die Sys­tem­um­stel­lung unter­stützt wer­den — durch das Gegen­teil einer Kauf­prä­mie, näm­lich die Erhe­bung eines zusätz­li­chen Betra­ges beim Kauf von beson­ders inef­fi­zi­en­ten Ver­bren­nern (Bonus-Malus-Sys­tem). Im Gegen­zug für Hil­fen müss­ten die Unter­neh­men sich ver­pflich­ten, einen kla­ren Pfad zur Kli­ma­neu­tra­li­tät zu defi­nie­ren und über die Erfül­lung die­ses Ziels auch trans­pa­rent berichten.

Elek­tro­au­tos lösen Ver­kehrs­pro­ble­me, Unfäl­le, lan­ge Staus, wenig Platz für Fuß­gän­ger und Rad­fah­rer und ver­sie­gel­te Flä­chen aber nicht. Für eine moder­ne Mobi­li­tät brau­chen wir ins­ge­samt nicht mehr, son­dern weni­ger Autos.

Ver­kehr auf den rich­ti­gen Weg bringen!

Es wäre fahr­läs­sig, Ver­bren­nungs­mo­to­ren mit Steu­er­gel­dern wei­ter zu för­dern, wäh­rend der Ver­kehrs­sek­tor beim Kli­ma­schutz seit 30 Jah­ren nicht vor­an­kommt. Die Gel­der las­sen sich sinn­vol­ler ein­set­zen. Die För­de­rung von Bat­te­rie­for­schung und ‑Pro­duk­ti­on sowie eine geziel­te För­de­rung von E‑Mobilität für Flot­ten kämen indi­rekt auch der Auto­in­dus­trie zugu­te. Pro­gram­me für einen bes­se­ren ÖPNV, digi­ta­le Ange­bo­te und Sha­ring-Model­le, ein leis­tungs­fä­hi­ges Nacht­zug­netz sowie Kauf­prä­mi­en für Las­ten­rä­der, E‑Bikes und auch Bahn­Cards kön­nen den Ver­kehr jetzt auf den rich­ti­gen Weg bringen.

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5 Kommentare

  1. Nico Jekov
    9. Mai 2020
    Antworten

    Guter Bei­trag! Bis auf einen wesent­li­chen Punk: Elek­tro­au­tos sind AUCH Mist. Sie sind ener­ge­tisch nicht leist­bar, d.h. es gibt nicht genug Strom, auch in Zukunft wird es den nie und nim­mer geben. Als Kon­se­quenz ist die Ener­gie­wen­de nur unter weit­ge­hen­der Abschaf­fung des Indi­vi­du­al­ver­kehrs zu schaf­fen. Alles ande­re ist völ­lig illusorisch.
    Wie im Arti­kel schön gesagt: jedes neue Auto, egal wie ver­meint­lich kli­ma­neu­tral, macht alles nur noch schlimmer.
    Bleibt dran!
    Danke!

  2. 9. Mai 2020
    Antworten

    Der welt­wei­te Bedarf an fos­sil betrie­be­nen Kfz ist längst gedeckt — Repa­ra­tur und Umbau auf E‑Antrieb mit Akkus oder Brennstoffzelle
    statt Neu­bau wür­den mehr als 800.000 neue Arbeits­plät­ze schaf­fen, die der­zeit dem Bau von jähr­lich Mil­lio­nen von neu­en fos­sil betrie­be­nen Autos dienen.
    Des­halb Staats­gel­der nur noch für den Umbau in Antrieb mit erneu­er­ba­rer Energie !
    War­um voll funk­ti­ons­fä­hi­ge Autos ver­schrot­ten, anstatt ledig­lich den Antrieb aus­zu­wech­seln. Es gibt elek­ti­sche Naben­mo­to­ren. Der bis­he­ri­ge Raum für den Ver­bren­nungs­mo­tor bie­tet Platz für die Akkus.
    Auch für die Umstel­lung auf Was­ser­stoff und Brenn­stoff­zel­le dürf­te es eine Lösung geben.
    WWF und ande­re star­ke Ver­ei­ne soll­ten sich vom Sta­tus der von der Poli­tik igno­rier­ten Mah­ner befrei­en — durch den Auf­ruf zum Mas­sen­ein­tritt der Nach­denk­li­chen in die Par­tei­en. http://www.demokratievonunten.de

  3. Astrid Yildiz
    10. Mai 2020
    Antworten

    Was­ser­stoff fin­de ich als die bes­te Lösung. Elek­tro­mo­bi­li­tät ist nicht nach­hal­tig, weder in der Her­stel­lung der Akkus noch nach deren Lebens­dau­er. Aus­ser­dem ist es nicht jedem zu jeder Zeit mög­lich, sein Fahr­zeug auf­zu­la­den. Schlicht­weg Uto­pie. Ein­fach ein Auto so lan­ge wie mög­lich nut­zen und nicht dau­ernd neue Autos kau­fen ver­braucht auch weni­ger Res­sour­cen, und nur fah­ren, wenn unbe­dingt notwendig.

  4. Markus Oehling
    13. Mai 2020
    Antworten

    Das infla­ti­ons­be­rei­nig­te BIP von 2009 war viel höher als das von 1959 — also das wäh­rend der soge­nann­ten Wirt­schafts­wun­der­zeit. Somit hät­ten wir in 2009 dann eine Wirt­schafts­kri­se, wenn das infla­ti­ons­be­rei­nig­te BIP von 2009 nur halb so groß wie das von 1959 gewe­sen wäre.

  5. Sambal
    4. Juni 2020
    Antworten

    Heut­zu­ta­ge sind die meis­ten Autos doch eh nach ein paar Jah­ren mit nem Getrie­be­scha­den dahin. Von daher wer­den genug Kauf­an­rei­ze gesetzt, die man gar nicht merkt. Bei den Old­ti­mern ist das noch anders. Komi­scher­wei­se gibt es vie­le, die auch ohne gros­se War­tung bis heu­te durch­ge­hal­ten haben.

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