In der vergangenen Woche brummte es durch die Medien: denn es war wieder einmal der Weltbienentag. Auch wir von der WWF-Pressestelle waren fleißig (e Bienchen), um anlässlich dieses Tages auf die stark bedrohte Art hinzuweisen. Was prompt in einem Artikel bei Spiegel Online Niederschlag fand. Nur etwas anders, als wir gedacht hätten. Denn er griff weniger den Inhalt als vielmehr die Überschrift unserer Pressemitteilung auf: „Rettung für Biene Maja” lautete der Titel.
Die Journalistin Julia Merlot empfand die Zeile irreführend und missverständlich. Sie kritisierte, dass Honigbienen als klassische Nutztiere, gar nicht bedroht sind (obgleich es durchaus bedrohte Nutztierrassen gibt). Stellvertretend für andere Umweltverbände wurde der WWF erwähnt; wir wären für ein großes Missverständnis verantwortlich. Der Text führte dazu, dass ich einige böse Mails bekam, in denen ich des „Populismus’“ bezichtigt und beschimpft wurde. Soweit, leider so alltäglich. Nur: Die Kritik geht am Ziel vorbei, sowohl naturschutzfachlich, als auch aus kommunikativer Sicht
Einsatz von Insektenschutzmittel
Der Rückgang wildlebender Insekten hat dramatische Ausmaße angenommen. Viele von ihnen erfüllen in der Natur – wie die Honigbiene – eine wichtige Funktion als “Bestäuber”. Schon allein aus diesem Grund braucht es dringend ein Umsteuern in unserer heimischen Landwirtschaft. Der massenhafte Einsatz von Insektenschutzmitteln aus der Gruppe der Neonikotinoide ist für diesen Rückgang mitverantwortlich. Diese schaden aber natürlich nicht nur wildlebende Insekten, sondern auch den Honigbienen. Giftstoffe unterscheiden eben nicht zwischen Biene Maja und einer dicken Hummel.
Beim #Bienensterben geht es nicht um Biene Maja. https://t.co/aWSbKn6bQd #Weltbienentag #Honigbienen #Wildbienen
— Julia Merlot (@EinguterMerlot) May 20, 2018
Auch der Einsatz von Glyphosat ist, anders als in dem Artikel dargestellt, ein Problem für Insekten. Herbizide töten „nur Unkräuter“ ab, um die Konkurrenz mit dem vom Landwirt ausgesäten Weizen oder Raps zu vermeiden. Glyphosat geht da einen Schritt weiter und tötet alle grünen Pflanzen ab. Das Mittel bereitet damit ein klinisch sauberes Feld vor – und Insekten finden darin kaum noch Nahrung. Wer also dafür sorgt, dass unsere Kulturlandschaft Honigbienen-freundlicher wird, der hilft zugleich deren wildlebenden Verwandten.
Weltbienentag und der Kampf um Aufmerksamkeit
Kommen wir zur kommunikativen Sicht auf Biene Maja. In Deutschland werden jeden Tag zigtausende Pressemitteilungen versendet. Unzählige Organisationen, Parteien und Unternehmen ringen auf dem hart umkämpften Markt der medialen Sichtbarkeit darum, ihre Themen zu platzieren. Wir vom WWF bilden hier keine Ausnahme. Mit unseren Überschriften wollen wir Neugier des Empfängers (also der Journalisten) wecken und aus der Mitteilungsflut herausstechen. Im Idealfall wird zugleich das Thema umrissen und ein erstes „Ausrufezeichen“ gesetzt.
In den vergangenen Jahren haben wir beispielsweise Jesus Bio kaufen lassen oder verdonnerten ein dreibeiniges Nashorn im Berlusconi-Sprech zu Bunga-Bunga. Und erst kürzlich rieten die geschätzten Kollegen der NABU-Pressestelle die Zeit von Vater- bis Muttertag mit Vögeln zu verbringen.
Bienenaktionstag
Inhaltlich falsch darf eine Überschrift bei aller Kreativität natürlich nicht sein. Tatsächlich ging es in der von Merlot kritisierten Pressemitteilung um einen Bienenaktionstag des Landwirtschaftsministeriums. Auf der Veranstaltung standen explizit nicht nur Wild- sondern aus klassische Honigbienen im Fokus. Also ganz viele kleine Biene Majas. Darüber hinaus unterscheidet der WWF in seiner gesamten Kommunikation zwischen wildlebenden Bestäubern einerseits und Honigbienen andererseits.
All das lässt sich schnell herausfinden, indem man außer der Überschrift auch noch den eigentlichen Text der Pressemitteilung liest. Auch in Zeiten von schnellen Klicks und medialer Dauerberieselung im Sekundentakt ist es ratsam, einen tiefergehenden Blick zu riskieren, bevor man Kritik äußert. Oder, um den Spieß umzudrehen: Wer nur die Überschrift des SPON-Artikels liest, könnte den Eindruck gewinnen, in unserer Landwirtschaft läuft alles „rund“ und das Problem des „Bienensterbens“ sei nur der Hysterie einiger Umweltschützer geschuldet.
Landwirtschaft für Artenvielfalt
Eine Aussage, die Julia Merlot glücklicherweise in ihrem Artikel mitnichten trifft – ganz anders als die Verfasser einiger Mails an mich. Wer übrigens mehr über die WWF-Arbeit für Artenvielfalt in der Landwirtschaft erfahren möchte, dem sei unser entsprechendes Projekt empfohlen, dass nicht nur Biene Maja und ihren Freundinnen, sondern auch allen anderen Tier- und Pflanzenarten in unserer Kulturlandschaft helfen soll – von der Kornblume bis zur Feldlerche. Vielleicht wäre dieses Engagement von zahlreichen Landwirten gemeinsam mit dem WWF und EDEKA ja auch mal eine SPON-Geschichte wert. Ich würde mich freuen. 😉
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