Lieber Giovanni di Lorenzo, lieber Klaus Brinkbäumer, lieber Kai Diekmann!
Innerhalb von 24 Stunden haben mehr als 70.000 Menschen einen Petitionsaufruf der Guardian Media Group für den weltweiten Klimaschutz und gegen Investitionen in fossile Energieträger unterzeichnet. Sie fordern die Bill & Melinda Gates Stiftung und den Wellcome Trust auf, aus Investitionen in fossile Brennstoffe auszusteigen und das Stiftungsvermögen anderweitig und sinnvoll anzulegen. „A big day in civic journalism“, schreibt ein Leser. Das meine ich auch.
„Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten“, so lautete das Credo des ehemaligen Tagesthemen-Moderators Hans-Joachim Friedrichs. Doch hier widerlegt ein britisches Qualitätsmedium sehr eindrucksvoll die in vielen deutschen Redaktionen verbreitete Auffassung, dass sich ein Journalist oder ein journalistisches Medium nicht einseitig festlegen und ‑in Anlehnung an Friedrichs — für eine gute Sache streiten dürfe. Guardian-Chefredakteur Alan Rusbridger argumentiert so:
“Normalerweise startest Du eine Zeitungs-Kampagne erst, wenn klar ist, dass Du sie gewinnen wirst. Diese hier müssen wir gewinnen, denn die physikalischen Gesetze sind unbestreitbar. Wir starten die Kampagne in dem festen Glauben, dass es nur so möglich ist, dieses Thema rechtzeitig in die Vorstandsetagen und Posteingänge der Menschen zu bekommen, die über Milliarden von Dollar verfügen.“
Gemeinsame Petition von Guardian und 350.org
Der Guardian – und das ist nun wirklich ein Schlag ins Gesicht für alle Gralshüter des objektiven Journalismus — kooperiert auch noch mit einer internationalen NGO, mit der vom amerikanischen Umweltaktivisten Bill McKibben gegründeten internationalen Klimaschutz-Organisation 350.org. Ein Medienhaus verbündet sich mit einer zivilgesellschaftlichen Organisation, um einen gesellschaftlichen Aufruf zu befördern. Und das tollste: Es funktioniert. Das beweist wieder einmal, dass Leser/Nutzer/Konsumenten sehr wohl bereit sind, eine klare Haltung und eine mutige Aktion zu honorieren und zu unterstützen.
#Klimagehtunsallean — wo sind die deutschen Medien beim Klimaschutz?
Und was machen die Medien in Deutschland, im Land der Energiewende? Was machen Spiegel, Zeit und Bild? Sie, lieber Giovanni di Lorenzo, lieber Klaus Brinkbäumer, lieber Kai Diekmann? Sie alle werden einwenden, dass Sie sich redaktionell kontinuierlich und ausführlich mit diesem Thema beschäftigen. Kritisch, ausgewogen, argumentativ. Und es der Klimawandel hin und wieder sogar auf den Titel Ihrer Publikationen schafft.
Aber reicht das? Müssen wir alle nicht viel mehr tun? Müssen wir nicht eine breite Allianz schmieden und uns gemeinsam noch sehr viel stärker für den Klimaschutz engagieren?
Geben Sie sich einen Ruck. Der Guardian macht es beispielhaft vor. Es ist noch nicht zu spät.
[…] WWF-Kommunikations-Chef Vollmar fordert mehr Haltung: Marco Vollmar kritisiert die Zurückhaltung deutscher Medien, sich für weltbewegende Themen nachdrücklich zu engagieren. Auch die Politik müsse mehr Haltung bei Umweltthemen zeigen und für eine gute Sache auch bereit sein zu streiten. Der Guardian widerlege mit seiner Kampagne für einen weltweiten Klimaschutz, dass sich eine klare Positionierung auszahlt. wwf.de […]
Tolle Initiative! Und auch journalistisch sinnvoll, da die Leser es glaube ich auch einfach leid sind, von den Redaktionen nur mit ziellosem Länder-Bashing oder Hupfdohlen Reportagen aus den Vorrunden von DSDS belästigt zu werden. Am Ende bindet eine Initative für eine gute Sache doch mehr Leser als Angst, Hass, Titten oder der Wetterbericht.
Applaus.