Was lau­ert im Permafrost?


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Die Forschung untersucht die Auswirkungen des tauenden Permafrosts auf unser Klima © Mifaso / iStock / Getty Images

Am Per­ma­frost herrscht Tau­wet­ter. Was pas­siert, wenn wir den schla­fen­den Koh­len­stoffrie­sen wecken? Die Aus­wir­kun­gen sind kaum vorhersehbar.

Im gefro­re­nen Boden der Ark­tis ver­ber­gen sich die welt­weit größ­ten Koh­len­stoff­vor­kom­men. Der Groß­teil davon ist seit Jahr­tau­sen­den im so genann­ten Per­ma­frost ein­ge­schlos­sen – Dau­er­f­rost­bo­den, der etwa ein Vier­tel der Land­flä­che auf der Nord­halb­ku­gel bedeckt. Nun beschleu­nigt die Kli­ma­er­hit­zung das Auf­tau­en des Per­ma­frosts und setzt rie­si­ge Men­gen an Treib­haus­ga­sen in die Atmo­sphä­re frei.

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Wie Früch­te im Eisfach

Tief­ge­kühl­te Bee­ren kön­nen jah­re­lang im Gefrier­schrank über­le­ben. Nimmt man sie jedoch her­aus, begin­nen sich die Früch­te ziem­lich schnell zu zer­set­zen. Ähn­lich kön­nen Pflan­zen­res­te von Bäu­men, Sträu­chern, Grä­sern und Moo­sen, die in den Dau­er­f­rost­bö­den im Nor­den ein­ge­schlos­sen sind, Jahr­tau­sen­de über­dau­ern – solan­ge die Tem­pe­ra­tu­ren unter dem Gefrier­punkt blei­ben. Taut der Boden, beginnt sich das orga­ni­sche Mate­ri­al zu zersetzen.

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Bei der Zer­set­zung einst im Eis ein­ge­schlos­se­ner Pflan­zen wird CO2 frei © IMAGO / Breakermaximus

Das Pro­blem dabei: Bei die­ser Zer­set­zung wird der Koh­len­stoff aus den Pflan­zen­res­ten in Treib­haus­ga­se umge­wan­delt, in ers­ter Linie Koh­len­di­oxid. Aus was­ser­ge­sät­tig­ten Böden ent­weicht auch zuneh­mend Methan, also ein Treib­haus­gas, das rund 30 mal schäd­li­cher ist als CO2. Wel­che Men­ge an Treib­haus­ga­sen nun tat­säch­lich vom auf­tau­en­den Per­ma­f­rost­bo­den frei­ge­setzt wird, ist auf­grund der schie­ren Grö­ße der Ark­tis nicht leicht zu ermitteln.

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Wie gefähr­lich ist die Lage?

Es gibt zwei Wege, die Frei­set­zung von Treib­haus­ga­sen zu unter­su­chen. Ers­tens, durch die direk­te Mes­sung der Emis­sio­nen vor Ort. Oder zwei­tens, durch die Ent­nah­me von Boden­pro­ben, mit denen sich ermit­teln lässt, wie schnell sich das Pflan­zen­ma­te­ri­al zer­setzt. Hun­der­te Stand­or­te in der Ark­tis wur­den auf die­se Wei­se schon unter­sucht. Ins­be­son­de­re in Russ­land gibt es aber noch rie­si­ge schwar­ze Fle­cken auf der Landkarte.

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Boden­pro­ben aus dem Eis geben Auf­schluss, wie schnell sich frei­ge­leg­tes Pflan­zen­ma­te­ri­al zer­setzt © IMAGO

Wissenschaftler:innen began­nen bereits in den 1970er Jah­ren mit Unter­su­chun­gen zu auf­tau­en­den Per­ma­f­rost­bö­den. So rich­tig ins Rol­len kam die For­schung erst in den spä­ten 90ern. Jüngs­te Fort­schrit­te bei Satel­li­ten­bil­dern und Com­pu­ter­mo­del­len hel­fen heu­te, genü­gend Daten zu sam­meln, um sogar zukünf­ti­ge Emis­sio­nen vorherzusagen.

Drei Schlüs­sel­fra­gen

Um die­se Vor­her­sa­gen tref­fen zu kön­nen, müs­sen sind drei Fra­gen entscheidend:

  1. Wie schnell wird der Per­ma­f­rost­bo­den und der Boden­koh­len­stoff auftauen?
  2. Wie leicht wird sich die­ser auf­ge­tau­te Boden­koh­len­stoff zersetzen?
  3. Und wie warm und feucht wird der Boden nach dem Auf­tau­en sein?

Eine grund­le­gen­de Schwie­rig­keit bei der Vor­her­sa­ge besteht dar­in, dass die Emis­sio­nen von Regi­on zu Regi­on und von Öko­sys­tem zu Öko­sys­tem unter­schied­lich aus­fal­len wer­den. Das Tau­en des Per­ma­f­rost­bo­dens in der Tun­dra Alas­kas wird anders ver­lau­fen als in einem kana­di­schen Moor­ge­biet und sich wie­der­um stark vom Tau­wet­ter im sibi­ri­schen Tai­ga-Wald unterscheiden.

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Der Per­ma­frost in der sibi­ri­schen Tai­ga unter­schei­det sich von ande­ren Regio­nen der Welt © iStock / Get­ty Images

Die Men­ge an Eis ist entscheidend

Ein Schlüs­sel­fak­tor ist die Men­ge des Eises im Per­ma­f­rost­bo­den. Eini­ge Per­ma­f­rost­bö­den ent­hal­ten viel Eis, was bedeu­tet, dass das Tau­wet­ter zum Ein­bruch der Land­ober­flä­che führt, einem so genann­ten Ther­mo­karst. Die kön­nen zu Erd­rut­schen oder zur Bil­dung von Seen und Feucht­ge­bie­ten füh­ren – ein Sze­na­rio, das die Methan­pro­duk­ti­on begünstigt.

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In eis­rei­chen Böden kann es zum Ein­bruch der Ober­flä­che kom­men © Shel­ley Wales / iStock / Get­ty Images

Die der­zei­ti­ge For­schung ver­sucht eben­falls zu ver­ste­hen, wel­che Rol­le Wald­brän­de beim Abtau­en des Per­ma­frosts spie­len und wie wich­tig die Treib­haus­gas­emis­sio­nen wäh­rend der lan­gen Win­ter sind. Außer­dem unter­su­chen Wissenschaftler:innen: Inwie­fern gleicht das in einem wär­me­ren Kli­ma ver­stärk­te Pflan­zen­wachs­tum einen Teil der aus dem Boden frei­ge­setz­ten Treib­haus­ga­se aus.

Was wir heu­te sagen können

Aktu­el­le Erkennt­nis­se deu­ten auf Fol­gen­des hin: Das Auf­tau­en des Per­ma­frosts im 21. Jahr­hun­dert wird eine Men­ge an Treib­haus­ga­sen frei­set­zen, die mit den Emis­sio­nen der gro­ßen Indus­trie­na­tio­nen von heu­te ver­gleich­bar sind. Die Vor­her­sa­gen rei­chen dabei von einem Zusatz an Emis­sio­nen ver­gleich­bar mit denen Japans bis hin zum Aus­stoß der Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Die Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus dem auf­tau­en­den Per­ma­frost wer­den so ver­mut­lich zwar kei­ne unkon­trol­lier­te Kli­ma­er­hit­zung ver­ur­sa­chen. Die gegen­wär­ti­ge Kli­ma­kri­se dürf­te sich dadurch aber weit über das hin­aus beschleu­ni­gen, was allein durch ande­re anthro­po­ge­ne Emis­si­ons­quel­len zu erwar­ten ist.

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Die Treib­haus­ga­se aus dem Per­ma­frost beschleu­ni­gen die Kli­ma­kri­se © kap­pa­pho­to / iStock / Get­ty Images

Die Lösung ist immer die gleiche

Fakt ist: Die­se Emis­sio­nen wer­den so enorm sein, dass sie bei inter­na­tio­na­len Kli­ma­ver­hand­lun­gen in Zukunft berück­sich­tigt wer­den müs­sen. Bis dahin ist der ein­zig gang­ba­re Weg, um die Emis­sio­nen aus dem auf­tau­en­den Per­ma­frost zu redu­zie­ren, die von uns Men­schen ver­ur­sach­ten Treib­haus­ga­se von vorn­her­ein zu begrenzen.

Die­ser Arti­kel ist zuerst im THE CIR­CLE-Maga­zin erschienen.

Mehr zum tau­en­den Per­ma­frost könnt ihr im WWF-Pod­cast Der gefro­re­ne Pla­net hören.

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