Das gemeinsame Nachwuchsförderungsprogramm des WWF Deutschland und der Allianz Umweltstiftung ging im Januar 2019 in die zweite Runde. Als Naturschutz-Trainees werden wir innerhalb des einjährigen Programms an komplexe Managementaufgaben in der Naturschutzarbeit herangeführt. Inna, Nina, Rebecca, Chrissi und ich (Alisha) dürfen euch hier regelmäßig von unseren Erfahrungen berichten — folgt uns durch unser Trainee-Jahr!
Plastikmüll in unseren Ozeanen ist dabei das Thema meines Trainee-Jahres. Denn insbesondere marine Ökosysteme leiden massiv unter der Vermüllung durch “unseren” Plastikmüll. Und das ganz besonders in Asien. Vietnam zählt zu den fünf Ländern, die weltweit als Hauptverursacher für Plastikmüll im Meer gelten. Eine der Hauptgründe dafür ist die unzureichende Abfallwirtschaft. Daher arbeiten wir daran Abfallkonzepte zu erstellen und umzusetzen.
Um die Situation vor Ort besser einschätzen zu können und neue Projektregionen zu erkunden, flogen meine Kollegen und ich nach Vietnam. Wir fanden wunderschöne Orte, tolle und engagierte Menschen… Und viel Plastikmüll.
Cu Lao Cham — Gescheiterte Hoffnung
Unsere Reise beginnt in Zentralvietnam. Wir besuchen die Inseln von Cu Lao Cham, einem Meeresschutzgebiet, nicht unweit der Küste vor der Stadt Hoi An. Etwas durchnässt und zugegebenermaßen leicht zittrig – ich klammerte mich während der Fahrt ängstlich an unser Speed Boat – betrete ich die Hauptinsel. So wie täglich hunderte Touristen, die ein paar Stunden am Strand genießen wollen.
Auf kleinen Motorrollern folgen wir einer holprigen Straße auf einen Berg. Wir werden überwältigt von der schönen Aussicht über die grüne Landschaft. Aber auch von dem Geruch nach verbranntem Plastikmüll. Hier in den Bergen der Insel wurde eine kleine Verbrennungsanlage gebaut. Direkt daneben befindet sich eine Mülldeponie mit Blick über die Berge und das tiefblaue Meer. Die malerischste Deponie, die ich je gesehen habe. Eine groteske Ironie.
Zwischen 2003 und 2009 gab es auf der Insel ein funktionierendes System zur getrennten Abfallsammlung. Die Inselbewohner kompostierten ihren organischen Müll sogar. Der Rest wurde ans Festland gebracht. Doch der Anstieg der Besucherzahlen machte dies unmöglich. Nun wird der ganze Müll zur Deponie auf dem Berg gebracht und teilweise verbrannt. Doch die unvollständige Verbrennung birgt ein großes Risiko: Eine unsichtbare Wolke aus hochgiftigen Dioxinen. Von dieser Luft möchte ich nicht zu viel einatmen und halte mir ein Tuch vor mein Gesicht. Natürlich bringt das nichts, aber ich fühle mich zumindest besser.
Con Dao — Plastikmüll Endstation Paradies
Ein paar Tage später erreichen wir ein anderes, potentiell neues Projektgebiet im Süden Vietnams. Die Inselgruppe Con Dao, etwa 80 Kilometer vor der Küste. Sie umfasst mehrere Schutzgebiete, um die Wälder und Meeresgebiete auf den Inseln zu schützen. Außerdem lockt sie mit paradiesischen Bildern von weißen Sandstränden. So wie dieser Strand auf der Insel Hon Bai Canh.
Und wer möchte hier auch nicht seinen Urlaub verbringen, im Meer schwimmen gehen oder im Schatten der Palmen liegen? Von diesem Strand, der in einigen Wochen wieder Meeresschildkröten zur Eiablage dienen wird, laufen wir ins Landesinnere der kleinen Insel. Und damit hinein in die geschützten Mangrovengebiete. Wir klettern über die langen Stelzwurzeln der Mangroven… Und sehen plötzlich den Wald vor lauter Müll nicht mehr.
Plastikmüll in Vietnams Mangroven
Plastiktüten und –flaschen, Zahnbürsten, Spielzeug und anderer Müll bis hin zu medizinischen Abfall wie Spritzen verrotten hier. Und zwar so weit das Auge reicht. Die Mangrovenwurzeln halten zurück, was bei Flut ins Landesinnere schwimmt. Umgeben von einer melancholischen Stille schauen wir uns diesen Ort an. Starren fassungslos an, was das Meer von unserem Plastikkonsum ausgespuckt hat. Anhand der Etiketten können wir erkennen, dass der Müll auch aus anderen Regionen Asiens kommt, nicht nur aus Vietnam. In diesem Moment ist uns aber eigentlich egal, woher der Müll tatsächlich kommt, klar ist jedoch: Er muss hier weg! Und auf keinen Fall soll hier noch mehr dazukommen.
Unsichtbares Gift des Plastikmülls in Vietnam
Am nächsten Tag sind wir wieder auf der Hauptinsel Con Son unterwegs, um uns die dortige Mülldeponie anzuschauen. Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Die Deponie liegt direkt an einem wunderschönen Sandstrand, in den der Müll bei Regen ungehindert fließen kann. Die Müllberge türmen sich meterhoch und passen so gar nicht in die Kulisse aus grün bewaldeten Bergen im Hintergrund… Wieder weht uns der Geruch nach verbranntem Plastik entgegen. Ein Mann schaufelt hier täglich Müll in den kleinen Verbrennungsofen und atmet dabei die Dioxine ein. Genauso wie seine Familie, die jeden Tag recycelbares Material aus dem Müll heraussucht. Diese Familie arbeitet und lebt auf der Mülldeponie.
Long An — Hoffnungsschimmer im Mekong Delta
Der letzte Abschnitt unserer Reise führt uns schließlich in die Provinz Long An im Mekong Delta. Der Grund: Unser WWF-Modellprojekt in der Provinzhauptstadt Tan An. Hier soll modellhaft die getrennte Erfassung und Verwertung der einzelnen Abfallfraktionen etabliert werden. Die Gespräche mit den Behörden stimmen uns wieder etwas optimistischer – vielleicht gibt es doch noch Hoffnung!
Zukunft: #zerowaste ?
Nach all unseren Eindrücken wissen wir: Abfalltrennung ist auch in Vietnam möglich. Doch sie fordert die kontinuierliche Mitarbeit der lokalen Bevölkerung — und das Nachhalten durch die Behörden. Ansonsten geht alles den Bach runter. Wir als WWF können dabei den Weg Vietnams in eine Plastikmüll freie Zukunft unterstützen.
Vielerorts habe ich in Vietnam noch immer den Nachklang der Kriegsgeschichte spüren können. Ob man in der Zukunft ähnlich düster an unser Heute zurückdenken wird? Ob man sich fragt, wie wir diesen Planeten nur so vermüllen konnten? Werden wir schließlich auch als Teil einer düsteren Vergangenheit betrachtet? Möglicherweise könnten wir aber auch als die Generation gelten, die die Plastikflut stoppen konnte. Sollten wir das denn nicht wenigstens versuchen?
Immerhin: Ich versuche seit Jahren, meinen kleinen Beitrag zu leisten. Ich verzichte vor allem auf Einwegplastikprodukte. Es ist fast unmöglich, Plastik komplett aus seinem Leben zu streichen. Doch es gibt viele Möglichkeiten, Plastik durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen und seinen Müll dadurch zu reduzieren:
- Einkaufstaschen aus Stoff
- Eigener ToGo-Becher
- Mikrofasertücher zum Abschminken
- Metallstrohhalme, Bambuszahnbürsten und andere Dinge des alltäglichen Bedarfs aus nachhaltigen bzw. nachwachsenden Rohstoffen
- Feste Seife und Shampoo (auch toll auf Reisen!)
- Bienenwachstücher als Ersatz für Klarsichtfolie (gerne selbst gemacht, wie bspw. hier)
Und überhaupt: Hast Du schon die WWF-Petition gegen Plastikflut in unseren Meeren unterzeichnet? Bitte machen.
Hast Du noch gute Tipps, um Plastikmüll zu vermeiden? Schreibe sie in die Kommentare!
https://www.youtube.com/watch?v=Xd03sN3eIuM
und was jetzt Alisha?
Ich finde es sehr schade, dass marine Ökosysteme unter der Giftigkeit des Plastikmülls leiden. Mein Onkel beschäftigt sich beruflich mit der Entsorgung von Plastikmüll und Elektroschrott. Er freut sich darüber, täglich einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten zu können.
Als ich in Vietnam war, habe ich selbst viel Plastikmüll produziert — und zwar indem ich Wasser getrunken habe. Da das Leitungswasser nicht zum Trinken geeignet ist, musste ich auf Plastikflaschen zurückgreifen. Und bei dem Klima ist ausreichend Trinken ein Muss. Manchmal konnte man sich im Hotel seine Flaschen aus einem großen Behälter nachfüllen. Aber oft war dort auch nicht genügend Wasser für das ganze Hotel. Auf Strohhalme verzichten schön und gut. Im Alltag entstand bei mir der meiste Müll durch Plastikflaschen. Was mit den Flaschen passierte, nachdem ich sie im Zimmer oder im Müll zurückließ, weiß ich nicht.
Nicht der Verbraucher muss sein Verhalten oder seine Nachfrage ändern — ändern muss sich die Produktion oder die Regelungen durch Regierung und andere Organisationen. Hier ein Togo-Becher und dort eine Bambuszahnbürste sind schön und gut und beruhigen das eigenen Gewissen — aber ändern wird sich dadurch leider nichts.
Solange der Gebrauch und Verbrauch von Plastik einfach und bequem ist, wird sich der Gebrauch und Verbrauch nicht reduzieren, sondern mehr werden. Der Mensch ist zwar intelligent, aber leider auch bequem.
Ich befinde mich gerade in Vietnam und es ist einfach wunderschön hier…aber der Müll ist überall und es erschreckt mich und macht mich traurig. Mal abgesehen von der Abfallentsorgung fängt es hier schon bei der Verpackung an. Plastik ist nochmal in Plastik verpackt…alles ist in unmengen Plastik verpackt und auch vieles besteht hier auch nur aus Plastik.…es ist echt Furchtbar und ich hoffe man kann hier mehr Bewusstsein schaffen…wenn ich wüsste wie, unterstütze ich sehr gerne!!!