Coro­na und die Fol­gen für den Klimaschutz


Corona hat die Welt im Griff. Nicht nur Berlin steht still. © Henning Köstler
Corona hat die Welt im Griff. Nicht nur Berlin steht still. © Henning Köstler

Das Coro­na-Virus bedroht nicht nur unse­re Atem­we­ge und führt unser Gesund­heits­sys­tem an sei­ne Gren­zen, es atta­ckiert zugleich die zuneh­mend glo­ba­li­sier­te Welt­wirt­schaft. Akti­en­kur­se befin­den sich im frei­en Fall, ange­peil­te Wachs­tums­ra­ten sind ange­knackst. Eine schwe­re welt­wei­te Rezes­si­on ist abseh­bar. Um das schlimms­te abzu­wen­den, haben Bun­des­rat und Bun­des­tag in der ver­gan­ge­nen Woche ein Mil­li­ar­den­hilfs­pa­ket beschlos­sen: ein Ret­tungs­schirm für Unter­neh­men, vom Auto­bau­er bis zum Start-up. 

Coro­na-Not­spen­de: Hil­fe­ru­fe aus der gan­zen Welt

Es ist unstrit­tig, dass kurz­fris­tig und unkom­pli­ziert betrof­fe­nen Bran­chen und beson­ders gebeu­tel­ten Selb­stän­di­gen mit Kurz­ar­bei­ter­geld, gestun­de­ten Steu­ern, güns­ti­gen Kre­di­ten oder Zuschüs­sen unter die Arme gegrif­fen wer­den muss. Eben­so wich­tig ist das Ver­bot von mög­li­chen Strom­sper­ren und Woh­nungs­kün­di­gun­gen wegen Miet­rück­stän­den. Damit die­je­ni­gen geschützt wer­den, deren Exis­ten­zen – zusätz­lich zu den gesund­heit­li­chen Risi­ken – auch wirt­schaft­lich bedroht sind.

Wirt­schaft lang­fris­tig wider­stands­fä­hig machen

Die­se Kri­se wird unser Leben und Wirt­schaf­ten aber nicht nur kurz­fris­tig ver­än­dern. Sie schärft unse­ren Blick für die der­zei­ti­ge Anfäl­lig­keit unse­rer Ver­sor­gungs- und Wirt­schafts­sys­te­me. Die nun beschlos­se­nen Maß­nah­men sol­len einer­seits schnell hel­fen, das ist ver­nünf­tig. Min­des­tens eben­so wich­tig sind die lang­fris­tig ange­leg­ten “Wirt­schafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds”, um unse­re wirt­schaft­li­che Wider­stands­kraft dau­er­haft zu sichern.

Wir Klimaschützer:innen arbei­ten welt­weit dar­an, die umfas­sen­de Trans­for­ma­ti­on zu einer resi­li­en­ten, kli­ma­neu­tra­len Wirt­schaft und Gesell­schaft zu errei­chen. Die beschlos­se­nen Kon­junk­tur­hil­fen kön­nen die ent­schei­den­den Impul­se geben und die Wei­chen für die Zukunft stel­len. Dem­nach soll­ten sie auch den Kli­ma­schutz vor­an­brin­gen, wie der Geschäfts­füh­ren­de Vor­stand vom WWF-Deutsch­land, Eber­hard Bran­des, zurecht for­der­te. Die För­der­pa­ke­te müs­sen den Weg zu einer kli­ma­neu­tra­len Wirt­schaft in Deutsch­land und Euro­pa unter­stüt­zen. Und auf kei­nen Fall dür­fen sie die­se Trans­for­ma­ti­on behindern.

Grü­ner Mar­shall­plan? Green Deal für Deutschland?

Gene­rell wer­den die Rufe nach einem grü­nen Inves­ti­ti­ons­pro­gramm lau­ter. Green­peace greift eine Idee des DGB auf und for­dert einen Green Mar­shall Plan. Der BUND spricht von einem Green Deal für Deutsch­land, um neue Arbeits­plät­ze zu schaf­fen und den Weg in eine kli­ma­freund­li­che Zukunft zu ebnen.

Auf dem ersten Blick scheint der Klimaschutz von den Corona-Folgen zu profitieren. © Henning Köstler
Auf den ers­ten Blick scheint der Kli­ma­schutz von den Coro­na-Fol­gen zu pro­fi­tie­ren. © Hen­ning Köstler

Bei­de Vor­schlä­ge ähneln sich und bei­de sind rich­tig. Sie zie­len dar­auf ab, die mit­tel- und lang­fris­ti­gen Hilfs­pro­gram­me an den Grund­li­ni­en des „Euro­pean Green Deal” aus­zu­rich­ten. Die­ses Kon­zept wur­de von der EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en im Dezem­ber 2019 vor­ge­stellt und umfasst eine Rei­he von Initia­ti­ven und Maß­nah­men. Das Ziel: Die EU soll bis 2050 in die Kli­ma­neu­tra­li­tät geführt wer­den.

Schluss mit wei­ter so wie gehabt

Es soll­te dem­nach um eine zukunfts­ge­wand­te Trans­for­ma­ti­on gehen. „Ein Wachs­tums­pa­ket, das blind alte Tech­no­lo­gien för­dert, wäre hin­ge­gen sogar schäd­lich, weil es höhe­re Emis­sio­nen auf Dau­er zemen­tie­ren wür­de“, betont Chris­toph Pode­wils von Ago­ra Ener­gie­wen­de. Und wel­che Aus­wir­kun­gen höhe­re Emis­sio­nen und ein „wei­ter so wie gehabt“ auf die Erd­er­hit­zung und damit auf Mensch und Natur hat, ist bekannt.

Dank Coro­na: Deutsch­land erfüllt Kli­ma­zie­le 2020

Auf den ers­ten Blick schei­nen die Sor­gen über­trie­ben, der Kli­ma­schutz könn­te ins Hin­ter­tref­fen gera­ten. Denn zunächst pro­fi­tiert das Kli­ma von der Kri­se. Anschei­nend. Der Still­stand des öffent­li­chen Lebens führt zunächst ein­mal zu einer Ent­las­tung der Umwelt. Wenn Flug­zeu­ge am Boden blei­ben und Fließ­bän­der still­ste­hen, sinkt der Ener­gie­ver­brauch und damit meist auch der Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen. Ers­te Ein­schät­zun­gen gehen davon aus, dass die chi­ne­si­schen Emis­sio­nen im Febru­ar um 25 Pro­zent zurück­ge­gan­gen sind. Auch hier­zu­lan­de ist wohl mit einem „Coro­na-Effekt“ bei der Treib­haus­gas­bi­lanz zu rech­nen. Deutsch­land wird sogar sei­ne Kli­ma­zie­le für 2020 errei­chen, wie die Ago­ra Ener­gie­wen­de errech­net hat. Die ange­peil­te Emis­si­ons­ein­spa­run­gen um 40 Pro­zent gegen­über 1990 sind nur Dank Coro­na mög­lich gewor­den, nach­dem das Kli­ma­ziel 2020 eigent­lich schon als uner­reich­bar galt.

Emis­sio­nen wer­den wie­der schnell ansteigen

Das alles ist jedoch nur eine Moment­auf­nah­me. Mehr nicht. Die­ser kurz­fris­ti­ge Effekt dürf­te schnell ver­puf­fen, wenn die Pro­duk­ti­on wie­der anrollt und die Schorn­stei­ne wie­der rau­chen. Man spricht von einem soge­nann­ten Rebound-Effekt, wenn nach der Kri­se wie­der busi­ness as usu­al ange­sagt ist. Wel­che Aus­wir­kun­gen die Kri­se auf die glo­ba­len Emis­sio­nen tat­säch­lich haben wer­den, ist noch nicht absehbar.

Unerwarteter Klimaschutz: Corona sorgt dafür, dass das Leben still steht. öffentlichen Lebens führt zunächst einmal zu einer Entlastung der Umwelt. © ESA/CC-by-sa 3.0 IGO
Uner­war­te­te Umwelt­ent­las­tung: Durch die Coro­na-Fol­gen sind die Stick­oxid-Kon­zen­tra­tio­nen dras­tisch gesun­ken. © ESA/CC-by-sa 3.0 IGO

Kli­ma­ent­las­tung zu einem hohen Preis

Der erwart­ba­re Rück­gang der Emis­sio­nen lässt aber selbst Klimaschützer:innen kei­nes­wegs jubeln. Der ehe­ma­li­ge Direk­tor des Pots­dam-Insti­tuts für Kli­ma­fol­gen­for­schung (PIK), Hans Joa­chim Schellnhu­ber, bringt es auf den Punkt:Niemand kann sich über einen posi­ti­ven Kli­ma­ef­fekt freu­en, denn der dafür zu zah­len­de Preis ist unglaub­lich hoch – wegen der ein­bre­chen­den Wirt­schafts­leis­tung, der per­sön­li­chen und sozia­len Kos­ten und vor allem wegen des mensch­li­chen Leids, das die Pan­de­mie ver­ur­sacht. Teu­rer könn­te die Ver­mei­dung zusätz­li­cher Ton­nen von CO2 gar nicht sein.“ 

Coro­na stoppt die Klimaverhandlungen

Auch auf ande­ren Ebe­nen wirft COVID-19 sei­nen Schat­ten auf den inter­na­tio­na­len Kli­ma­schutz. Die nächs­te gro­ße Ver­hand­lungs­run­de zum Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men, die im Novem­ber in Glas­gow anstand, wur­de bereits abge­sagt. Damit ein sol­cher Gip­fel zum Erfolg wird, sind unzäh­li­ge Vor­ge­sprä­che und diver­se Ver­hand­lungs­run­den nötig. Die ers­ten davon sind bereits ver­scho­ben wor­den oder sol­len via Video­kon­fe­renz statt­fin­den. Das unter­stützt zwar die Ein­däm­mung des Virus, benach­tei­ligt aber ein­mal mehr die ärms­ten Län­der, deren Zugriff auf digi­ta­le Kanä­le oft mit weit grö­ße­ren Hür­den ver­bun­den ist als in den Industriestaaten.

Coro­na-Not­spen­de: Hil­fe­ru­fe aus der gan­zen Welt

 

Coro­na über­schat­tet Klimathemen

Mit der nach­voll­zieh­ba­ren Fokus­sie­rung auf die Kri­se nimmt der öffent­li­che Druck auf die Entscheidungsträger:innen ab, tat­säch­lich zu einem Ergeb­nis zu kom­men. Auf Groß­de­mos soll­te in Zei­ten von „Phy­si­cal Distance“ bes­ser ver­zich­tet wer­den und die Fra­ge nach Trumps oder Bol­so­n­a­ros-Coro­na-Tests haben Fri­days for Future und die Erd­er­hit­zung zumin­dest bis auf Wei­te­res aus den Schlag­zei­len und Tren­ding Topics verdrängt. 

Wir haben nur eine Erde

Und den­noch: Viel­leicht erge­ben sich aus dem Hor­ror der Pan­de­mie doch auch Hoff­nungs­schim­mer. Viel­leicht ist es naiv, aber wenn in der aktu­el­len Kri­se die Erkennt­nis wächst, dass die Gesund­heit eines jeden Men­schen auch die Sache der ande­ren ist, dann könn­te die­se Ein­sicht hel­fen, zu einem ganz­heit­li­chen Ver­ständ­nis für unse­ren Pla­ne­ten zu gelan­gen. Einem Pla­ne­ten, auf dem es eben nicht egal ist, wenn Arten aus­ster­ben, das Kli­ma kippt, Wäl­der abge­holzt und Mee­re ver­dreckt wer­den. Nicht zuletzt, weil wir alle davon abhängen.

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7 Kommentare

  1. Andreas
    4. April 2020
    Antworten

    Wir müs­sen unser Ver­hal­ten gene­rell ändern, wenn wir die schwers­ten Ver­feh­lun­gen unse­rer bis­he­ri­gen Hand­lun­gen in den Griff krie­gen wol­len. Die Coro­na­kri­se soll­te zum Nach­den­ken anre­gen. Wenn jedoch nach deren Ende wie­der mäch­tig los­ge­fah­ren wird, könn­te ein Jojo­ef­fekt ein­tre­ten, das sehe ich als gro­ße Gefahr.

  2. Gilbert von Luck
    4. April 2020
    Antworten

    Gehört nur am Ran­de dazu:

    Auf dem Titel­bild sind die neu­en Bun­des­bau­ten “für die Ewig­keit” erkenn­bar, die sich dem Regie­rungs- und Par­la­ments­sitz ggü. am Spree­ufer ent­lang­zie­hen. Das Ufer erkennt man links hin­ten auf dem Bild, in der Kurve.

    Dort befand sich frü­her ein Auwald, der bis an die Stra­ße (Demar­ka­ti­ons­li­nie) reichte.

    Für das Regie­rungs­vier­tel wur­de alles sinn­los gepflas­tert. Es sind dort nur ein­zel­ne Leu­te unter­wegs, und schön sind die Stein­flä­chen m.M.n. auch nicht. Sie wir­ken trost­los, syn­the­tisch, bes­ten­falls noch ansatz­wei­se elegant.

    Die­se Maß­nah­men der Rest­na­tur­ver­nich­tung in der Innen­stadt waren völ­lig unnötig.
    Ich den­ke, auch man­che Poli­ti­ker zögen den Anblick eines bewal­de­ten Ufer­strei­fens der Stein‑, Pflas­ter- und Beton-Ein­öde vor, und ich fra­ge mich immer wie­der, wer geschmack­los genug zum Tref­fen sol­cher Ent­schei­dun­gen ist.
    Mir erscheint das als Aus­fluss eines mecha­nis­ti­schen statt orga­ni­schen Welt­bilds, in dem das Gemach­te alles, das Gewach­se­ne wenig zählt, Mordor statt Auenland.

  3. Otto Zimmermann
    5. Mai 2020
    Antworten

    Seit über 15 Jah­ren ver­fol­ge und betei­li­ge ich mich sehr aktiv an Kli­ma­schutz­the­men, EEG-The­men und lei­de den­noch unter der unbe­lehr­ba­ren und unver­ständ­lich har­ten Ein­stel­lung unse­rer zustän­di­gen Poli­ti­ker. Die vie­len NGO‘s, Demos, Spen­den, Peti­tio­nen und per­sön­li­chen Akti­vi­tä­ten konn­ten daher wenig oder fast nichts errei­chen, bis auf die weni­gen, loben­den Wor­te der Kanz­le­rin gegen­über Greta.
    Heu­te sage ich daher, ohne mei­ne Kraft und mei­nen Mut zu ver­lie­ren, denn ich habe 3 wun­der­vol­le Kin­der und 5 eben­sol­che Enkel­kin­der, für deren Zukunft ich 80jähriger immer kämp­fen werde:
    “Oh Herr ver­gib‘ Ihnen nicht, denn sie wis­sen was sie tun”.

  4. Ich hof­fe, dass die Coro­na­kri­se bald vor­bei ist.

  5. Is Odil
    10. März 2021
    Antworten

    Ich wür­de mein neu­es­tes Buch (das ich nicht ver­öf­fent­li­chen kann):
    “Oh Herr, ver­gib ihnen, denn sie kön­nen gar nicht wis­sen, was sie tun !”, betiteln.

    Vie­len fehlt ein­fach der Hin­ter­grund, um beur­tei­len zu kön­nen wel­che Fol­gen ihr Impuls­ver­hal­ten hat !

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