War­um Pfer­de für bil­li­ges Schwei­ne­fleisch gequält werden


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Unerträglich: das Leid der Pferde bei der PMSG-Gewinnung © Vladimir-Zapletin/iStock-Getty/Images

Pfer­de und Schwei­ne­fleisch — was hat das eigent­lich mit­ein­an­der zu tun? Mehr als die meis­ten Men­schen den­ken würden.

Selbst mir als Nutz­tier­wis­sen­schaft­le­rin war der Zusam­men­hang lan­ge nicht bewusst. Erst durch mei­ne inten­si­ve Arbeit im Tier­schutz erfuhr ich von der Pro­ble­ma­tik um das Frucht­bar­keits­hor­mon PMSG. Pregnant Mare Serum Gona­do­tro­pin ist ein Hor­mon pro­du­ziert von träch­ti­gen Stu­ten. Das Schwan­ger­schafts­hor­mon wird vor allem in der kon­ven­tio­nel­len Schwei­ne­hal­tung ein­ge­setzt, um Betriebs­kos­ten zu sen­ken und somit (noch) güns­ti­ge­res Schwei­ne­fleisch zu pro­du­zie­ren. Was die wenigs­ten Verbraucher:innen wis­sen: Den Stu­ten wird unter scho­ckie­ren­den und tier­quä­le­ri­schen Bedin­gun­gen so viel Blut ent­nom­men, dass sie enor­mes phy­si­sches und psy­chi­sches Leid ertra­gen. Aber erst mal von vorne.

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Wie PMSG gewon­nen wird

Auf soge­nann­ten Blut­far­men, die sich haupt­säch­lich in Süd­ame­ri­ka oder auch Island befin­den, wer­den Stu­ten in rie­si­gen Her­den gehal­ten, um ihnen regel­mä­ßig gro­ße Blut­men­gen abzu­neh­men. Wäh­rend der ers­ten drei Mona­te der Schwan­ger­schaft befin­det sich PMSG näm­lich in beson­ders hoher Kon­zen­tra­ti­on in ihrem Blut. In die­sem Zeit­fens­ter wer­den sie so oft wie mög­lich ein­ge­trie­ben und ange­zapft. Die oft unter­ernähr­ten Pfer­de haben einen offi­zi­el­len Besit­zer (den PMSG-Kon­zern), jedoch leben sie eher wild und sind Men­schen­kon­takt nicht gewohnt. Auf­nah­men der Ani­mal Wel­fa­re Foun­da­ti­on und des Tier­schutz­bunds Zürich zei­gen, wie die geschwäch­ten Stu­ten gewalt­voll, teils mit Trit­ten und Schlä­gen, in Fixier­stän­de getrie­ben wer­den.  Als Tier­schüt­ze­rin und Ver­fech­te­rin des Tier­wohls kann ich mir nur zu gut vor­stel­len, wie trau­ma­ri­sie­rend und beängs­ti­gend die­se Pro­ze­dur für ein Flucht­tier sein muss.

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Hot­spot für Blut­far­men: Island © Ani­mal Wel­fa­re Foundation

Die Blut­ab­nah­me erfolgt unter kei­nen gesetz­li­chen Vor­ga­ben und über­steigt jene Men­ge, die in Deutsch­land für nicht träch­ti­ge Stu­ten emp­foh­len wird. Als ich zum ers­ten Mal auf den Vide­os sah wie einer Stu­te die gro­ße Kanü­le in den bereits ver­narb­ten Hals gerammt wur­de und sie ver­such­te aus dem Fixier­stand aus­zu­bre­chen und dabei ihr Bein zwi­schen zwei Holz­lat­ten ein­klemm­te, wur­de mir schlecht. Die Belas­tun­gen, see­lisch und kör­per­lich, müs­sen enorm sein.

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Erlei­det die Stu­te durch ihren schlech­ten gesund­heit­li­chen Zustand, die men­ta­len Stra­pa­zen und den dau­er­haf­ten Blut­ent­zug nicht von allei­ne eine Fehl­ge­burt, wird durch die Mitarbeiter:innen dafür gesorgt, dass das unge­bo­re­ne Foh­len abstirbt — oft per „Hand­ar­beit“. Das Foh­len ist eben für die­se Indus­trie ein unnö­ti­ges Abfall­pro­dukt, oder gar ein Stör­fak­tor. Es geht schließ­lich dar­um so viel Blut wie mög­lich zu gewin­nen, also wird die Stu­te gleich wie­der neu besamt. Ich fra­ge mich immer wie­der in wel­chem Jahr wir leben und ob wir Men­schen immer noch nicht ver­stan­den haben, dass wir unse­ren Mit­ge­schöp­fen auf der Erde nicht über­le­gen sind.

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Den Stu­ten wer­den bis zu 15 Pro­zent ihres Blu­tes ent­nom­men, was erheb­li­che Gesund­heits­ri­si­ken birgt © Imago/Frank Sorge

Wozu nun die­se Quälerei?

Deutsch­land befin­det sich unter den Top 5 der größ­ten Schwei­ne­fleisch­her­stel­ler der Welt. Die Deut­schen lie­ben Schwei­ne­fleisch, es steht an ers­ter Stel­le was unse­ren Pro-Kopf-Ver­brauch an Fleisch angeht. Schwei­ne­fleisch soll natür­lich mög­lichst güns­tig sein. Dazu benö­tigt es effi­zi­en­te Betriebs­ab­läu­fe und gerin­ge Betriebs­kos­ten der Tier­er­zeu­gungs­be­trie­be und natür­lich eine regel­mä­ßi­ge, schnel­le Repro­duk­ti­on der Muttersäue.

PMSG unter­stützt die­se Bestre­bun­gen gezielt. Das Hor­mon sorgt für eine Brunst­syn­chro­ni­sa­ti­on, also eine Gleich­schal­tung der Zyklen aller Sau­en oder Grup­pen des Betriebs. Der Betrieb kann dann gesam­melt Sper­ma bestel­len, gleich­zei­tig die Sau­en besa­men, in einem Durch­gang die neu­ge­bo­re­nen Fer­kel imp­fen und kas­trie­ren und alle Tie­re par­al­lel aus­stal­len und die Buch­ten rei­ni­gen. Dadurch wer­den die nöti­gen Abläu­fe inner­halb des Stalls auf Effi­zi­enz getrimmt – und somit auch güns­ti­ger. Außer­dem kann durch PMSG eine unna­tür­lich frü­he Puber­tät her­vor­ge­ru­fen und eine erhöh­te Anzahl an Fer­keln pro Geburt erzeugt wer­den. Wenn man sich nun über­legt, dass unse­re Sau­en bereits gene­tisch so hoch­ge­züch­tet wur­den, dass sie jetzt schon oft mehr Fer­kel als Zit­zen haben, däm­mert einem schnell: Mut­ter­sau­en wer­den zu Zucht­ma­schi­nen degra­diert und über­zäh­li­ge Fer­kel kön­nen nicht ernährt wer­den. Sie ster­ben oft noch in der Ferkelbucht.

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PSMG gewähr­leis­tet eine schnel­le Repro­duk­ti­on der Mut­ter­säue, was die Schwei­ne­mast effi­zi­en­ter macht © Ima­go Coun­try­pi­xel 1

Schwei­ne sind mei­ne Lieb­lings­tie­re, sie sind sehr sozi­al, sie pfle­gen enge Bezie­hun­gen zuein­an­der, spie­len zusam­men und schla­fen anein­an­der geku­schelt. Ich bin mir sicher, dass die Tren­nung und der Tod nicht spur­los an einer Mut­ter­sau vor­bei gehen – genau­so wenig wie eine Fehl­ge­burt bei einer der Blutfarm-Stuten.

Ist PMSG sei­nen Nut­zen wert?

Ich ver­mu­te, dass Men­schen, die von PMSG hören sofort Mit­leid mit den Pfer­den bekom­men, denn Pfer­de wer­den von uns heut­zu­ta­ge eher als Heim­tie­re ange­se­hen. Aber was genau ist der Unter­schied zwi­schen einer Sau und einer Stu­te? Soll­ten sie nicht bei­de ohne phy­si­sche und psy­chi­sche Belas­tun­gen leben dür­fen? Wir haben die Empa­thie vor allem Nutz­tie­ren gegen­über ver­lo­ren, wir haben den Bezug zur Land­wirt­schaft ver­lo­ren. Hin­ter den ver­schlos­se­nen Türen der indus­tria­li­sier­ten Tier­er­zeu­ger- und Mast­be­trie­be – genau­so wie denen der Blut­far­men – ver­ste­cken wir das tat­säch­li­che Leid. Kein Tier hat es ver­dient der­art aus­ge­beu­tet zu wer­den, weder für sein kost­ba­res Blut, noch für sei­ne Nach­kom­men. Oder ein­fach nur sein Fleisch.

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Trei­ber der welt­wei­ten Kli­ma- und Arten­kri­se: die Mas­sen­tier­hal­tung © Ima­go Photothek

Ist die­se sys­te­ma­ti­sche Quä­le­rei wirk­lich nötig um unse­re Mas­sen­tier­hal­tung noch wei­ter zu stei­gern und preis­wer­ter zu gestal­ten? Ist eine wei­te­re Stei­ge­rung der Tier­er­zeu­gung über­haupt nötig? Und öko­lo­gisch ver­tret­bar? Das Sys­tem der indus­tria­li­sier­ten Tier­hal­tung trägt in ganz erheb­li­chem Maße zur welt­wei­ten Kli­ma­kri­se und dem Arten­ster­ben bei. Die Treib­haus­gas­emis­sio­nen, die auf das Kon­to unse­rer Ernäh­rungs­sys­te­me gehen, belau­fen sich auf rund ein Drit­tel der gesam­ten von Men­schen ver­ur­sach­ten Emissionen.

Wie viel Fleisch und ande­re tie­ri­sche Pro­duk­te wol­len wir ange­sichts sol­cher Aus­ma­ße noch pro­du­zie­ren? Soll­ten wir nicht anfan­gen die Mas­sen­pro­duk­ti­on abzu­leh­nen und end­lich unse­ren Fleisch­kon­sum über­den­ken? Denn eines ist ganz deut­lich: Die grau­sa­me Pra­xis der PMSG-Pro­duk­ti­on reiht sich ein in die Geschich­te von güns­ti­gem Fleisch­kon­sum um jeden Preis!

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3 Kommentare

  1. Nicole Kirchmeier
    20. April 2023
    Antworten

    Ich bin so scho­ckiert, aber auch beein­druckt von dei­nen Bericht.
    Ich habe damals, in der Ober­schu­le (vor etwa 18 Jah­ren) ein Refe­rat zum The­ma “Mas­sen­tier­hal­tung in der Indus­trie” gehal­ten. Wie der Weg der Schwei­ne von der Pro­duk­ti­on bis zum Schlacht­haus ist. Ich war damals so ent­setzt und hat­te mir so sehr gewünscht, das die Men­schen auf­wa­chen und mer­ken wie wich­tig jedes Lebe­we­sen ist. Zum Glück hat sich dahin­ge­hend schon eini­ges geän­dert, trotz­dem muss noch so vie­les gesche­hen und dem Men­schen bewusst gemacht wer­den, das wir es sind die es ändern können.
    Und zu dei­ner Fra­ge, mei­ner Mei­nung nach soll­ten wir auf­je­den­fall die Mas­sen­pro­duk­ti­on ver­bie­ten und so weit redu­zie­ren das es mög­lich wird, dass wenn wir schon Fleisch essen, wir uns Bewusst sind, es kommt von glück­li­chen Tieren 🙂

  2. Edith
    21. April 2023
    Antworten

    Nur scho­ckiert sein reicht nicht, hilft den Tie­ren nicht! Man muss das ggü Leu­ten aus­spre­chen, habe geschrie­ben Mails, Post­kar­ten, unzäh­li­ge , an Behör­den, reit­ver­ei­nen und andere.

  3. Veronica
    6. September 2023
    Antworten

    Ich brau­che kein Fleisch essen, nicht Mal von glück­li­che Tie­re, denn es gibt genug gesun­der Flei­scher­satz dafür.

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