Ich habe ja selber einen kleinen Hof in Mecklenburg-Vorpommern. Dort kann ich etwas Obst und Gemüse anbauen. So kann ich auf Nummer sicher gehen, dass ich keine Pestizide oder andere Gifte in meinem Essen habe. Bei mir wachsen Erdbeeren, Mohrrüben, Zwiebeln — also nichts Besonderes, außer meinen Topinambur, darauf bin ich schon etwas stolz – das ist etwas Besonderes.
Ich verstehe jeden, der kein Fleisch mehr isst
Vegetarier bin ich keiner. Dafür esse ich viel zu gerne Fleisch. Aber ich habe meine Grundsätze: Wenn wir schon Tiere für unser Essen töten, dann sollten wir doch wenigstens auf ein paar Dinge achten. Dass Schweine beispielsweise nicht zusammengepfercht ohne Auslauf, ohne Stroh in Ställen leben müssen. In Ställen, die nur funktionieren, weil den Ferkeln die Schwänze kupiert wurden, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen. Dass wir kein gentechnisch verändertes Soja aus dafür gerodeten Wäldern vom anderen Ende der Welt importieren, um es als Kraftfutter in die Tröge zu kippen. Oder dass die Tiere vor dem Schlachten tausende Kilometer weit durch Europa gekarrt werden. So etwas darf nicht sein! Da verstehe ich jeden, der sagt, er esse gar kein Fleisch mehr. Am liebsten hätte ich natürlich meine eigenen Tiere auf dem Hof. Das ist aber etwas zu aufwändig für einen Hobby-Landwirt wie mich.
Gutes Fleisch — moralisch und hygienisch vertretbar
Schätzungsweise 90 Prozent des Fleisches in deutschen Läden hat einen sehr negativen Einfluss auf unsere Umwelt. Damit entspricht der absolute Großteil nicht dem, was ich als “gutes Fleisch” bezeichnen und essen würde. Aber: Es gibt gutes Fleisch- von Tieren mit Auslauf und Zugang zu Stroh, Bio-Futter , das überwiegend vom eigenen Hof stammt. Regional erzeugt. Ethisch vertretbar.
Um mich davon zu überzeugen, bin ich an die Müritz gefahren. Genauer gesagt, ging es in die Gläserne Metzgerei des Thönes-Naturverbundes. Hier will ich mir anschauen, wie Wurst gemacht wird. Also gute Wurst, die man sich bedenkenlos schmecken lassen kann.
Und was gehört in eine Wurst? Natürlich Fleisch.
Ich persönlich habe kein Problem damit zu sehen, wie Wurst hergestellt wird. Im Gegenteil. So kann ich mich davon überzeugen, dass nur die besten Zutaten verwendet werden. Die Tiere, das sehe ich mit eigenen Augen, stehen auf der Weide. Nicht wie in der konventionellen Mast, wo sie eng an eng im Stall stehen. Bio-Schweine haben ein Anrecht auf Auslauf — etwas, das leider sehr selten ist bei der Schweinzucht. Und sie werden auch nicht mit Kraftfutter aufgepeppelt.
Schweinefleisch ist fetter als Rinderfleisch
Vor allem Schweinefleisch gehört in eine gute Wurst, lerne ich vom Metzger, weil es besser bindet und fetter ist als Rind. Die Schweinehälften werden angeliefert, weil bei Thönes keine Schweine geschlachtet werden, sondern nur verarbeitet. Bevor es zum Wurstmachen geht, muss ich mich jedoch umziehen. Das ist Vorschrift – und Hygiene ist wichtig bei der Verarbeitung von Fleisch. Daher: Kittel, Gummistiefel, Mütze, Schürze.
Vom Grobfleisch zum Kleinfleisch
Was kommt nach der Grobzerlegung? Richtig, die Feinzerlegung. Das habe ich dann auch selber ausprobiert. Ist auch gar nicht so schwer, wenn man weiß, was man zu tun hat. So geübt wie beim Metzger geht das bei mir natürlich nicht. Das, was am Ende übrig bleibt, heißt Kleinfleisch.
“Satte”, “Cutter” und Fleischwolf
Ich lerne viele neue Wörter. Eine “Kiste” heißt nicht Kiste, sondern eine “Satte” — so der offizielle Metzgername für Wurstkisten. A propos “Satte”: Ich bekomme langsam Hunger. Aber erstmal muss das Fleisch noch durch den Wolf gedreht werden. Der heißt übrigens “Cutter” (sprich: Kutter)
In eine gute Wurst kommt nur bestes Fleisch und keine Reste
Eines kann ich jetzt schon sagen: Es kommen keine Reste in die Wurst. Bio-Wurst kann manchmal blasser sein als die konventionell Gepökelte — das hat aber nichts mit der Qualität zu tun, lerne ich.
Die Würze macht den Unterschied
Das Kleinfleisch kommt zusammen mit Fett und den Gewürzen in die Wurstmaschine. Wichtig ist übrigens noch Eis. Es sorgt dafür, dass alles sich richtig gut verbindet. Das, was ich in den Händen halte, heißt Brät und ist eigentlich schon meine Wurst – nur noch ohne die Hülle.
Unsere Würstchen sind Bio
Aber es fehlt ja noch etwas Entscheidendes: der Darm. Der stammt bei den dicken Würsten von Schweinen und bei den dünnen Würstchen wie Wiener meist von Schafen. Selbst bei Bio-Wurst ist der Darm selten Bio (95 Prozent eines Produktes müssen “Bio” sein, um “Bio” heißen zu dürfen. Unsere Würste sind da locker drüber.)
Geschmackssache: Frisch, gebrüht oder geräuchert
Noch sind sie nicht ganz fertig, obwohl sie schon fast perfekt aussehen. Das Fleisch ist ja noch roh und daher auch sehr anfällig für Bakterien. Entweder sie werden gebrüht, so wie Wiener und Bockwurst oder sie werden geräuchert, wie Salami und Knacker. Meine Würste würden, wenn sie in den Handel kommen jetzt noch in einem großen Kessel gebrüht – aber da sie ganz frisch sind, kann ich sie gleich grillen.
Mein Favorit: die frische Wurst
Ich habe aber Hunger. Deshalb kommen die frischen Würste gleich auf den Grill, ohne sie zu räuchern oder zu brühen. ich kann euch eines versichern: Sie schmecken fantastisch. Und ich konnte mich selber davon überzeugen, dass nur die besten Zutaten verwendet wurden.
WWF-Fleischratgeber hilft
Natürlich kann nicht jeder einfach zu einem Metzger fahren und die Herstellung selber nachprüfen. Der Bio-Metzger um die Ecke ist jedoch eine sehr gute Wahl. Wild aus europäischen Wäldern ist empfehlenswert und lecker. Auch die Neuland-Fleischer gelten noch als eine gute Option. Wenn ihr euch unsicher seid, könnt ihr einfach den Fleischratgeber des WWF befragen. Schon im Jahr 2009 habe ich ein Buch zum Thema regionale und saisonale Ernährung geschrieben: “Allein unter Gurken — mein Abenteuerlicher Versuch, mich regional zu ernähren.”
Bitte tut mir noch einen Gefallen: Jeden Tag Fleisch — das muss nicht sein. Die Deutschen essen im Durchschnitt 1,2 Kiogramm Fleisch pro Woche. 300 Gramm pro Woche wären einerseits völlig ausreichend und zudem wesentlich gesünder. Ich persönlich versuche jedes Jahr zwei Monate ausschließlich vegetarisch zu leben. Das tut mir und dem Klima gut. Versucht es doch auch einmal.
Das ist ein toller Artikel und trifft genau meinen Nerv. In meinem Blog geht es in vielen Bereichen immer wieder um das selbe Thema: Was essen wir da eigentlich und wie ging es denen, die wir essen? Wer mehr lesen mag: http://www.niciandthegoodlife.com
Ich finde es toll, wenn Menschen sich mit der Herkunft ihrer Nahrungsmittel beschäftigen und sie auch mal hinterfragen. Meiner Meinung nach kommt der Riesenverbrauch an Fleisch auch daher, dass die Meisten menschen gar nicht mehr das Tier sehen, das hinter der Wurst oder dem Schnitzel steckt. Offene Ställe und Schlachtereien sind da ein guter Weg um mal auf Tuchfühlung zu gehen. Leider gibt es das viel zu selten!
Da wir auf einem kleinen Selbstversorgerhof aufgewachsen sind und unser Vater Schlachter ist, haben meine Schwester und ich noch ein ganz anderes Verhältnis zu Fleisch und den Tieren aus denen es hergestellt wird. Glücklicherweise haben wir so auch gleich unseren “Metzger des Vertrauens”. Sich in einer Großstadt mit gutem Fleisch zu versorgen ist da auch schon wieder schwieriger…
“Wurst, die man sich bedenkenlos schmeckenlassen kann”
Nur weil ein Tier artgerecht gehalten wird, ist es noch lange nicht ok es zu ermorden und “bedenkenlos” zu essen. Jedes Stück Fleisch war mal ein oder mehrere fühlende Lebewesen.
Natürlich ist es besser, wenn es gut gehalten wird und man sich darum kümmert, woher das Fleisch kommt; aber Fleisch bleibt Mord, egal, wie das/die Tier/e gehalten wird/werden.
Jeder Fleischesser isst möglicherweise übermorgen ein wundervolles, einzigartiges Individuum, das heute noch atmet und lebt und auch leben möchte…
Ausserdem ist es auch bei “glücklich” lebenden Tieren, die geboren werden um zu sterben, so, dass immer wieder ihre Freunde oder Verwandte verschwindenund dann nie wieder auftauchen. Das MUSS doch schrecklich sein. Stellen Sie sich vor so etwas würde ihnen passieren.…