Ein Video liefert den Beweis: „Big City Life“ von Mattafix läuft gerade im Autoradio. Es ist drei Uhr nachts am Montagmorgen des 14. September. Die Stadt Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern schläft. Die Straßen sind leer. Zumindest fast. Denn vor dem Auto eines Neubrandenburgers läuft plötzlich ein Elch. Ein Elch? In Mecklenburg-Vorpommern? Das Video zeigt einen jungen Elchbullen, der im Scheinwerferlicht des Fahrzeugs etwas verunsichert auf der Hauptstraße der Stadt läuft und sich schließlich, einen abrupten Haken schlagend, ins Gebüsch flüchtet.
Solche Elchsichtungen sind in Deutschland längst kein Einzelfall mehr. Und ja, es gab auch schon Unfälle. Was tun, wenn ein Elch vor mir auf der Straße steht?
Wie wahrscheinlich treffe ich auf einen Elch in Deutschland?
Sichtungen der weltweit größten und einst auch in Deutschland heimischen Hirschart häufen sich in den letzten Jahren insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. In Brandenburg geht man sogar davon aus, dass sich mindestens fünf Elche (Stand 2020) auch langfristig in dem Bundesland angesiedelt haben. Es wurden sogar schon Elch-Warnschilder aufgestellt. Auch in Bayern, Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt wurden bereits Elche beobachtet. Die Tiere wandern dabei aus Polen oder Tschechien ein. Die meisten verschlägt es aber nach vergeblicher Partnersuche wieder zurück dorthin. Eine Begegnung mit Elchen in Deutschland ist aktuell also sehr selten — anders als in Schweden oder Alaska.
Wie gefährlich sind Unfälle mit Elchen?
Elche sind riesig, die größten Säugetiere Europas. Bis zu 800 Kilo schwer, über zwei Meter Schulterhöhe, etwa drei Meter lang — die Körpermaße des Elches übersteigen die von anderen heimischen Wildarten wie Reh, Wildschwein oder Rotwild um ein Vielfaches. Sie können sogar größer als die Wisente werden. Was den Elch so beeindruckend macht, macht ihn im Straßenverkehr gleichzeitig auch so gefährlich. Ein Elch ist mitunter schwerer als ein kleines Auto. Ein Zusammenstoß kann fatal sein. Seine langen Beine ragen über die Motorhaube hinaus und werden bei einem Unfall einfach weggeschoben. Der massige Körper des Elches wiederum landet direkt auf der Windschutzscheibe. Eine tödliche Gefahr für Mensch und Tier. Deshalb empfehlen erfahrene Experten aus Elchländern wie Schweden, Kanada oder die USA: Bremsen, dem Tier ausweichen — und nicht überfahren, wie es etwa für andere, kleinere Wildarten angeraten wird.
Wie kann ich einen Unfall mit einem Elch im Straßenverkehr verhindern?
Das A und O zur Vermeidung von Unfällen mit Elchen? Genau wie mit anderen Tieren: Aufmerksam sein, Fuß vom Gas! Haltet euch zur eigenen Sicherheit an die vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen, achtet auf Verkehrswarnungen der lokalen Radiosender und respektiert Warnschilder für Wildwechsel. Im Landkreis Teltow-Fläming wurde jüngst sogar das erste Elch-Schild Deutschlands aufgestellt. Dort hat sich ein Elch dauerhaft niedergelassen. Das Schild wurde nun an einer Stelle platziert, an der er gerne die Fahrbahn kreuzt. Im EU-Interreg geförderten Projekt „ŁośBonasus-Crossing!“ setzen wir uns gemeinsam mit Partnern dafür ein, dass genau solche Lösung für ein Zusammenleben von Mensch und Elch auch in anderen betroffenen Gebieten wie etwa nun in Neubrandenburg Einzug halten.
Folge uns in Social Media
Gar nicht so leicht: Wie erkenne ich einen Elch rechtzeitig?
Elche sind sowohl bei Tag als auch bei Nacht schwer zu erkennen. Ihre dunkelbraune bis ‑graue Fellfarbe verliert sich schnell im Dickicht. Die langen Beine sind leicht mit dünnen Baumstämmen zu verwechseln. Beobachtet daher in Elchgebieten umso aufmerksamer die Straßen- und Waldränder und achtet auf Bewegungen. Wichtig dabei: Augen nach oben! Von unseren anderen, heimischen Wildarten sind wir es gewohnt nach Tieren in Bodennähe zu suchen. So kann es leicht passieren, dass wir selbst einen über zwei Meter hohen Elch am Straßenrand übersehen. Bei Dämmerung und Nacht gilt dies umso mehr. Auf warnend leuchtende Augenreflektionen hofft man beim Elch vergeblich. Die Schweinwerfer eines herkömmlichen Autos beleuchten die Fahrbahn weit unter Kopf- und Augenhöhe des Elches. Deshalb kommt es gerade bei Nacht und Dämmerung zu besonders vielen Unfällen. Schalte daher wo immer möglich das Fernlicht ein und verringere die Fahrgeschwindigkeit so weit, dass du im Notfall innerhalb deiner Scheinwerferlänge abbremsen kannst und zum Stehen kommst.
Was tun, wenn ein Elch vor mir auf die Straße läuft?
Elche neigen dazu vor einem sich nähernden Auto, genauso wie Rehe auch, wie angewurzelt auf der Straße stehen zu bleiben oder aber unverhofft plötzlich die Richtung zu wechseln. Bleibe also — wenn irgend möglich — stehen, halte Abstand und warte ab. Das Tier wird bald das Weite suchen. Verlasse auf keinen Fall dein Auto! Elche fühlen sich schnell bedroht und können sich mit ihren Vorder- und Hinterläufen und ihrem riesigen Geweih wirkungsvoll zur Wehr setzen. Sobald die Gefahr gebannt ist, kontaktiere umgehend die Polizei, um andere Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Sollte ich einen Elch melden?
Ja, bitte den Elch den zuständigen Behörden des jeweiligen Landwirtschaft- und Umweltministeriums melden. In Brandenburg etwa stellt das Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde ein Elchbeobachtungsformular zur Verfügung, worin alle wichtigen Daten der Sichtung im Bundesland dokumentiert werden. Zusätzlich kannst du auch Apps wie Mammelnet auf deinem Smartphone installieren und darüber Sichtungen von Säugetieren wie dem Elch melden. Schutzmaßnahmen und Lösungswege für ein Zusammenleben von Mensch und Tier können nur dann effektiv aufgebaut werden, wenn wir wissen wo und wie viele Tiere es hierzulande gibt. Für ein solches „Monitoring“ sind wir auf die Hilfe aller angewiesen.
Ist Euch mal ein Elch begegnet? Schreibt es uns in die Kommentare!
„Zusammen für den Umweltschutz“
Bei einem Fahrradausflug in Finnland stand der Elch auf einer Lichtung direkt neben dem Fahrradweg. Bin sofort abgestiegen, habe mich neben einen Baum gestellt ihn beobachtet und habe mich ruhig verhalten. Sie sehen schlecht, riechen einen aber um so besser. Er hat nur kurz etwas gewittert, schien es.
Nach einer Weile trollte er sich. Tolles Tier, unvergesslich! Allerdings war ich froh, dass er nicht auf der Straße stand.
Wir befuhren mit unserem Miet-Wohnmobil 2020 die E22 aus Richtung Norköpping Schweden in südliche Richtung. Auf dem Teilabschnitt zwischen Mörtfors und Farbo war die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 90 km/h beschildert. Durch die vielen Hinweisschilder vor Wildwechsel bin ich nicht ganz 70 km/h gefahren, immer die Augen links und rechts am Fahrbahnrand. Um 21:10 dann gab es wie aus heiterem Himmel einen ohrenbetäubenden Knall, ich sah für einen ganz kurzen Moment in Augenhöhe den Kopf eines Tieres im Scheinwerferlicht und durch den Aufprall wurden wir abrupt abgebremst.
Nachdem ich das Wohnmobil am Straßenrand zum stehen bekommen habe, habe ich erst meine Frau beruhigt die vor lauter Panik geschrien hat. Zuerst hatte ich die Handbremse angezogen, den Motor ausgeschaltet und den Warnblinker betätigt. Dann habe ich meine Kopflampe aufgesetzt und eingeschaltet, und bin auf der Bordwandtüre aus dem Fahrzeug gestiegen. Ich habe einer der gelben Warnwesten versucht anzuziehen, die schnitt mir die ganze Zeit unter den Achseln ein, meine Frau hatte mir versehentlich die Kinderweste der Größe ganz klein gegeben. Ein Warndreieck hatten wir beide leider im Wohnmobil nicht finden können so das einer der Ersthelfer sein Warndreieck für uns aufgestellt hat.
Der Frontbereich des Fahrzeugs war massiv beschädigt, aber das Wohnmobil war noch für 2 Tage bewohnbar. Wir hatten den ADAC angerufen und um ein Hotel mit Hunden gebeten, eine Bestätigung per SMS hatten wir auch von SOS International erhalten. Jedoch rief mich kurz nach 23.00 Uhr eine Mitarbeiterin von denen an und sagte, das das Hotel die Buchung storniert habe weil es bereits so spät war. Wir haben uns dann ins Wohnmobil gesetzt, der Abschlepper hat uns dann nach Bockara zum Fiat-Händler auf den Hof gebracht.
An der Unfallstelle berichtete uns die Ersthelferin, daß 9 Erwachsene Männer mit viel Mühe den für die Region unüblich großen Elch auf den Pickup des Jägers getragen haben. Das Tier muss ein geschätztes Gewicht von ca. 800–900 kg gehabt haben, und wurde noch vor Ort von seinen Qualen durch einen Jäger erlöst..
Meine Frau und ich sind uns sicher in der Dunkelheit in Niedersachsen einen Elch gesehen zu haben. Ziemlich unwahrscheinlich, aber er wartete am Straßenrand und als er hinter uns die Straße überquerte wollten wir unseren Augen nicht trauen. Es war dunkel, aber der trottende Gang eines elches ist unverwechselbar (und welches andere Tier ist über 2 Meter groß?)
Hallo Ben, das klingt nach einem tollen Erlebnis. Ohne Foto ist das natürlich schwer zu beurteilen und die Meldungen, die wir in den letzten Jahren bekommen, waren hauptsächlich in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Verwechslungsgefahren gibt es z.B. immer wieder mit Rothirschen. Ein Elch in Niedersachsen ist aber durchaus möglich! Gerade in den 70er und 80er Jahren gab es einige Sichtungen von Elchen z.B. im Kreis Lüneburg. Elch-Sichtungen können übrigens auch über die App iMammalia gemeldet werden und tragen zum Schutz der Arten bei.
Gerade wer in Brandenburg lebt, sollte Warnschilder aufgrund von Elchen besonders ernst nehmen. Glücklicherweise sind Begegnungen mit ihnen im Straßenverkehr jedoch eine sehr seltene Unfallursache. Deutlich häufiger sind demnach Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern sowie Zusammenstöße mit Laternen, Bäumen und ähnlichem. Zur Ermittlung des verursachten Schadens ist anschließend ein KFZ-Gutachter gefragt.