Wie geht es den Säugetieren in Deutschland? Die mit Spannung erwartete Rote Liste gibt Auskunft. Und sagt uns: Naturschutz hilft!
Wir Artenschützer sind ehrlich gesagt immer ein bisschen angespannt, bevor eine Aktualisierung der Roten Liste der bedrohten Tierarten veröffentlicht wird. Was wird drinstehen, welcher Tierart geht es besser, welcher schlechter? Oder ist sogar wieder eine ganz verschwunden?
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Heute wurde erstmals seit 2009 vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) eine aktualisierte Rote Liste für Säugetiere in Deutschland vorgestellt. 97 Säugerarten und ‑unterarten werden darin hinsichtlich ihrer Gefährdung untersucht, von der Alpenspitzmaus bis zum Zwergwal. Darin sind einige gute Nachrichten, viele schlechte – und Vieles, was uns in unserer Arbeit bestätigt.
Die schlechten Nachrichten:
Der Zustand vieler Säugetiere in Deutschland hat sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verschlechtert. Knapp ein Drittel der Säugetiere in Deutschland ist in seinem Bestand gefährdet. In der vorhergehenden Fassung waren es 27 Prozent. Hinzu kommen knapp 20 Prozent, die in Deutschland entweder bereits als ausgestorben gelten müssen oder extrem selten sind.
Massiv verschlechtert hat sich die Lage bei Iltis, Feldhamster und Gartenschläfer. Drei Arten gelten in Deutschland nun neu als „Vom Aussterben bedroht“: das Graue Langohr (eine Fledermausart) sowie der Luchs sind bedrohter als zuvor. Der Zwergwal wurde in der höchsten Bedrohungskategorie neu in die nationale Rote Liste aufgenommen. Er wurde vorher nur sporadisch in deutschen Gewässern gesichtet, gilt aber mittlerweile als hierzulande etabliert.
Die guten Nachrichten:
Verbesserungen sind bei den Arten nachgewiesen, die von gezielten Natur- und Umweltschutzmaßnahmen profitieren. So gelten Wolf, Kleine Hufeisennase und Waldbirkenmaus jetzt nicht mehr als vom Aussterben bedroht. Positiv entwickelt haben sich insgesamt die Bestände von 17 Arten und Unterarten.
Entscheidend dafür sind nach Meinung der Forscher:innen der Natur- und Umweltschutz, etwa bei Atlantischer Kegelrobbe und Fischotter. Durch gesetzliche Schutzbestimmungen und weniger Umweltgifte in den Gewässern konnten sich ihre Bestände etwas erholen. Den Fledermäusen der Kleinen Hufeisennase hilft das Verbot des Pestizids DDT, der Wolf profitiert von seinem strengen Schutz. Das freut uns sehr, weil wir uns immer wieder aufs Neue dafür einsetzen. Langfristiger Einsatz zahlt sich also aus.
Der Luchs ist bedroht! Hilf uns, den Luchsen zu helfen!Bei weiteren 39 Säugetieren wurde seit 2009 zumindest eine stabile Entwicklung festgestellt. Auch diese Erfolge sind der Roten Liste zufolge oft gezielten Artenhilfsmaßnahmen zu verdanken. Das können Maßnahmen im Quartierschutz sein oder die Vernetzung von Biotopen, von denen beispielsweise die Wildkatze profitiert.
Naturschutz lohnt sich – und muss viel weiter gehen!
Das bestätigt mich natürlich wie alle meine Kolleg:innen, alle Helfer und Unterstützer:innen des Naturschutzes. Und spornt mich an. Unsere Arbeit lohnt sich, spürbar und messbar! Vielen Dank an jeden einzelnen Unterstützer!
Es bestätigt mich auch in unserer Forderung in den nächsten zehn Jahren 30 Prozent der Erde unter Schutz zu stellen. Die EU-Biodiversitätsstrategie hat sich exakt zu diesem Ziel für ganz Europa bekannt. Momentan sind allerdings nur rund 15 Prozent der Fläche Deutschlands durch Natura 2000-Schutzgebiete abgedeckt. Wir brauchen also mehr Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturschutzgebiete! Für unsere Artenvielfalt, aber auch für unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir mit entsprechenden Forderungen auch an Entwicklungs- und Schwellenländer herantreten.
Was wir tun müssen
Die Rote Liste zeigt klar, woran wir weiter dringend arbeiten müssen. Die Hauptbedrohungen für Artenvielfalt in Deutschland sind die intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung, Flächenversiegelung, Verlust und Zerschneidung von Lebensräumen durch neue Wohn‑, Gewerbe- und Verkehrsflächen. Vor allem Arten des Offenlandes leiden am Lebensraumverlust und der intensiven Landwirtschaft. In der Nord- und Ostsee nennt die Rote Liste die fischereiliche Nutzung und den Unterwasserschall als wesentliche Ursachen der Bedrohung von Arten. Wir brauchen einen Artenschutz-Dreiklang für Deutschland: Mehr Schutzgebiete, ambitionierte Klimapolitik und einen ernährungs- und landwirtschaftspolitischen Neustart. Nur dann können wir alle der Veröffentlichung der dann aktuellen vielleicht mit Ruhe und Freude entgegensehen.
Es ist wichtig die Umwelt und die Tiere zu schützen. Gut dass es so Organisationen wie sie gibt.
Warum und wo gibt es inzwischen Zwergwale (immerhin bis zu 10 m lang) regelmäßig in deutschen Gewässern? Hat sich für diese Tiere in der Nordsee irgendetwas verbessert?
Und was kann ich in meiner Region dafür tun, dass Biotope nicht nur erhalten bleiben, sondern auch Verbindungen zwischen diesen Biotopen entstehen, damit die Populationen nicht isoliert bleiben? Welche Auswirkungen haben die vielen neuen Zäune in Europa (wegen Flüchtlingen und wegen der Schweinepest) auf die Wildtiere?