Nowa­ja Seml­ja: Die Eis­bä­ren, der Müll und die Menschen


Eisbären im Müll in Churchill, Kanada
Eisbären werden durch Müll angelockt © Sybille Klenzendorf / WWF

Dut­zen­de Eis­bä­ren strei­fen rund um das Dorf Belus­hya Guba auf der rus­si­schen Eis­meer­in­sel Nowa­ja Seml­ja. 52 wer­den gezählt, so vie­le Eis­bä­ren gab es hier noch nie. Die Lokal-Regie­rung ruft den Not­stand aus, Eltern haben Angst ihre Kin­der zur Schu­le zu las­sen. Ihr habt viel­leicht in den letz­ten Tagen die­se Berich­te aus der rus­si­schen Ark­tis gele­sen. Es sind nicht nur Geschich­ten über Eis­bä­ren und Men­schen, son­dern auch über den Kli­ma­wan­del – und den Müll.

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Das Gebiet auf der West­sei­te von Nowa­ja Seml­ja, um das in den Pres­se­be­rich­ten geht, liegt auf einer rus­si­schen Mili­tär­ba­sis. Eines der Haupt­pro­ble­me: Es gibt dort eine gro­ße Müll­hal­de neben dem Ort. Damit züch­tet man sich natür­lich ein gro­ßes Pro­blem. Die Bären wer­den dadurch regel­recht angezogen.

Eis­bä­ren kom­men immer öfter an Land

Seit 2004 gibt es für die Regi­on kei­ne wis­sen­schaft­li­chen Erhe­bun­gen über Eis­bä­ren mehr. 2015 wur­de das gemein­sa­me Sur­vey mit Nor­we­gen abge­sagt. Wir wis­sen also wenig genau­es über die Eis­bä­ren dort. Was wir aber wis­sen: Eis gibt es dort nur noch sehr wenig. Wir haben in den letz­ten 40 Jah­ren sechs mal die Flä­che von Deutsch­land an Eis ver­lo­ren. Pro­gno­sen sagen, dass die Ark­tis bis 2050 im Som­mer kom­plett eis­frei sein wird. Wie in den meis­ten ark­ti­schen Gebie­ten ver­brin­gen die Eis­bä­ren heu­te schon immer mehr Zeit an Land. Das Eis, auf dem sie eigent­lich leben und jagen, wird eben immer weni­ger. Und so nähern sie sich immer öfter den mensch­li­chen Sied­lun­gen. Gera­de, wenn dort viel lecke­rer Müll herumliegt.

Wir haben mit die­sem Pro­blem natür­lich auch in unse­ren Pro­jekt­re­gio­nen wie etwa in Kana­da zu tun. Wir arbei­ten an Lösun­gen für Mensch-Bär-Kon­flik­te in Grön­land, Kana­da, Alas­ka, aber auch in Russ­land. Der WWF hat auch in den letz­ten Jah­ren schon Unter­stüt­zung in Nowa­ja Seml­ja ange­bo­ten. Bei allen Behör­den, auch beim Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um. Pas­siert ist bis­her aber wenig.

Natür­lich kann ich aus der Ent­fer­nung die Situa­ti­on vor Ort nicht hun­der­pro­zen­tig genau ana­ly­sie­ren. Eine Grup­pe Wis­sen­schaft­ler ist jetzt auf dem Weg, um nach kurz­fris­ti­gen Lösun­gen zu suchen.

Was gegen Eis­bä­ren hilft

Bis­her war es hier üblich Eis­bä­ren mit Gum­mi­ge­schos­sen, Signal­ra­ke­ten oder Auto­hu­pen zu ver­trei­ben. Das hilft bei die­ser Zahl von Eis­bä­ren nun nicht mehr.  Um die Mensch-Bären-Kon­flik­te mit­tel- und lang­fris­tig ein­zu­däm­men, braucht man ein stan­dar­di­sier­tes Moni­to­ring, einen Manage­ment Plan und ent­spre­chen­des Trai­ning für Fach-Per­so­nal/­Pa­trouil­len. Die Essens­vor­rä­te und Müll müs­sen bären­si­cher sein. Das Dorf muss mit Zäu­nen und Bar­rie­ren abge­si­chert wer­den, es braucht Video­über­wa­chung und natür­lich hilft ein Bären­warn­sys­tem auf Infra­rot-Basis.  Alles Maß­nah­men, die in ark­ti­schen Sied­lun­gen mit Erfolg ange­wen­det wer­den, um die Risi­ken zu mini­mie­ren. Man muss sie eben nur auch ein­füh­ren. Das ist müh­sam und kos­tet Geld. Und es ist viel bes­ser, als abzu­war­ten bis eine Tra­gö­die passiert.

Und was man machen kann, wenn einem wirk­lich mal ein Eis­bär gegen­über steht, habe ich hier Anton Reyst erklärt:

 

Eis­bä­ren schüt­zen heißt Kli­ma­wan­del bekämpfen!

Habt ihr schon unse­re Peti­ti­on für den Koh­le­austieg und Kli­ma­schutz auf  www.wwf.de/kohlefrei unterzeichnet?

 

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7 Kommentare

  1. Günther Grau
    15. Februar 2019
    Antworten

    Sehr geehr­te Frau Klenzendorf!
    Ich bin auf Sie durch einen Arti­kel in der Säch­si­schen Zei­tung Dres­den gekom­men. Der Titel: “Gefähr­li­che Gäs­te am Nord­po­lar­meer”. Die­ser Arti­kel wur­de angeb­lich von einem Herrn Chris­ti­an Thie­le geschrie­ben. Am Ende die­ses Arti­kels steht dann (dpa). Also ist es ein Arti­kel, der von der Deut­schen Pres­se­agen­tur geschrie­ben wurde.
    In die­sem Arti­kel wer­den auch Sie als Eis­bä­ren-Exper­tin zit­tiert. Wie kommt das? Etwas wei­ter oben auf die­ser Sei­te Ihres Blogs schrei­ben Sie:
    “Seit 2004 gibt es für die Regi­on kei­ne wis­sen­schaft­li­chen Erhe­bun­gen über Eis­bä­ren mehr. 2015 wur­de das gemein­sa­me Sur­vey mit Nor­we­gen abge­sagt. Wir wis­sen also wenig genau­es über die Eis­bä­ren dort. Was wir aber wis­sen: Eis gibt es dort nur noch sehr wenig. Wir haben in den letz­ten 40 Jah­ren sechs mal die Flä­che von Deutsch­land an Eis ver­lo­ren. Pro­gno­sen sagen, dass die Ark­tis bis 2050 im Som­mer kom­plett eis­frei sein wird. Wie in den meis­ten ark­ti­schen Gebie­ten ver­brin­gen die Eis­bä­ren heu­te schon immer mehr Zeit an Land. Das Eis, auf dem sie eigent­lich leben und jagen, wird eben immer weni­ger. Und so nähern sie sich immer öfter den mensch­li­chen Sied­lun­gen. Gera­de, wenn dort viel lecke­rer Müll herumliegt.”

    Ja, wir wis­sen wenig über Eis­bä­ren. Im Zusam­men­hang mit dem soge­nann­ten “Kli­ma­wan­del” hiess es immer wie­der, dass die Eis­bä­ren aus­ster­ben. Dann wird gesagt, dass es immer mehr Eis­bä­ren gibt, es wird von Schät­zun­gen (oder auch Zäh­lun­gen) von über 25.000 berich­tet. Das ist kei­ne seriö­se Wissenschaft!

    Sie schrei­ben davon, dass die Eis­bä­ren immer mehr Zeit an Land ver­brin­gen! Wenn Sie an Land sind, wie kom­men Sie dahin? Ent­we­der sie sind schon an Land oder sie kom­men des­halb an Land, weil z. B. die Nord-Ost-Pas­sa­ge zuge­fo­ren ist. Das ist doch richtig?

    Nun zu den Sied­lun­gen. Auf dem Fest­land der Ark­tis, das ist der Nor­den Kana­das und Russ­lands gibt es immer mehr Sied­lun­gen. Die­se Sied­lun­gen ent­ste­hen immer mehr dadurch, dass sie wegen der Öl‑, Gas- und ande­rer Roh­stoff-Gewin­nun ent­ste­hen. Das ist doch so?

    Ich habe nur eini­ge mei­ner Gedan­ken zu die­sem Arti­kel und Ihrer Blog­sei­te geschrie­ben. Ich wer­de Ihnen zu die­sem The­ma eine sehr aus­führ­li­che email schrei­ben. Denn so kann man das The­ma ” Am Polar­kreis gibt es die­sen Win­ter weni­ger Eis. Die Eis­bä­ren suchen des­halb an Land Fut­ter”. Ich fra­ge mich, war­um Russ­land zu den 12 gro­ßen Eis­bre­chern zwei neue 40.000 t gro­ße Super­eis­bre­cher mit Atom-Reak­to­ren baut. Mei­ne Ant­wort: Weil das Eis in der Nord-Ost-Pas­sa­ge nicht abnimmt und die Ver­sor­gung der Städt in der Ark­tis auf­recht erhal­ten wer­den muss. Ja, und der See­weg über den Nor­den nach Japan, Chi­na und ande­re Län­der in die­ser Regi­on eben kür­zer ist.

    Mit freund­li­chen Grüßen
    Gün­ther Grau aus dem schö­nen Radebeuld

  2. Anneliese Wollandt
    16. Februar 2019
    Antworten

    Die Eis­bä­ren zei­gen nur an, wo die wirk­li­chen Pro­ble­me lie­gen: Der Mensch selbst ist die Quel­le die­ser Zustän­de. Ohne sei­ne Anwe­sen­heit wäre an die­sen Stel­len kei­ne Müll­hal­de ! Durch den Kli­ma­wan­del wird das Pro­blem nur noch ver­stärkt. Das reicht aber nicht für eine Aus­re­de, dazu muss ein grund­sätz­li­cher Wan­del im mensch­li­chen Ver­hal­ten erfol­gen. Nicht nur die sibi­ri­sche See­le soll­te den “schwä­bi­schen Tugen­den” fol­gen und auf­räu­men. Alle müs­sen sich besin­nen und den Umgang mit der Natur ler­nen. Solan­ge in rus­si­scher Manier das Wod­ka­glas und der Müll über die Schul­ter gewor­fen wird, bes­sert sich gar nichts, lei­der auch nicht im “Mus­ter­länd­le”. Dort gibt es genau­so­viel Müll, nur eben kei­ne Eisbären

  3. 16. Februar 2019
    Antworten

    Seit län­ge­rem beschäf­tigt mich die Fra­ge, war­um die Eis­bä­ren, die extrem gefähr­det sind, wo es heißt dass jedes Indi­vi­du­um zählt für den Art­erhalt, nicht gefüt­tert wer­den, um ihnen in kri­ti­schen Situa­tio­nen zu hel­fen. Man könn­te sie mit Fut­ter weit genug von mensch­li­chen Sied­lun­gen weg­lo­cken. Dann müss­te man nicht mit Gum­mi­ge­schos­sen auf sie schie­ßen, um Men­schen zu schüt­zen. Für die Eis­bä­ren geht es um’s blan­ke Überleben.
    Hier kann der Natur­schutz doch nicht ein­fach dane­ben ste­hen und zusehen!
    Über eine Ant­wort der Autorin wür­de ich mich sehr freuen.

    • Hal­lo Sabi­ne, die Füt­te­rung mit nach Men­schen rie­chen­der Nah­rung gewöhnt die Tier nur noch mehr an Men­schen, so dass sie die Scheu ver­lie­ren. Wenn also so eine Fut­ter­stel­le dann mal leer ist, gehen sie noch ziel­si­che­rer und ohne Angst auf Men­schen zu. Das erhöht die Gefahr eines Abschus­ses enorm.

      Aber auch ganz grund­sätz­lich gibt es in der Ark­tis ja auch kei­ne ‚Schlacht­häu­ser“ mit Abfäl­len. Das müss­te dann per Schiff dahin trans­por­tiert wer­den und wäre viel zu teu­er und CO2 lastig.

      Was wir in man­chen Gegen­den aber tat­säch­lich schon gemacht haben, ist das Jagd­res­te (z.B. Wal­res­te) vom Ort abtrans­por­tiert wer­den und als Nah­rungs­quel­le die­nen. Auch in Russ­land haben wir Wal­ros­se, die an Land ver­en­det waren mit Las­tern, etc. ent­fernt. Die­se Fut­ter­quel­len sind aber nicht immer vor­han­den. Also hilft nur, die Ort­schaf­ten auf­zu­räu­men und den Müll ordent­lich ver­wah­ren damit Bären nicht ange­lockt werden.

      Lang­fris­tig hilft es den Eis­bä­ren nur, die natür­li­chen Nah­rungs­ket­ten zu erhal­ten. Wir könn­te den Bären gar nicht so viel Fut­ter lie­fern wie sie bräuch­ten. Ich hof­fe, ich konn­te dei­ne Fra­ge beantworten.
      Vie­le Grüße

  4. Dagmar
    17. Februar 2019
    Antworten

    Die Eis­bä­ren kom­men aus Hun­ger zu den Müll­hal­den. Gäbe es genug Nah­rung und Eis zum Jagen für sie wür­den sie der Nähe der Men­schen mei­den. Wir soll­ten und alle über­le­gen, was wir tun kön­nen um den Kli­ma­wan­del zu ver­lang­sa­men. Etwa pflan­zen­ba­siert essen, öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel benut­zen oder das Fahr­rad und Strom aus erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len bezie­hen. Jeder kann etwas tun, er muss es nur wollen.

  5. Rainer Brüß
    17. Februar 2019
    Antworten

    Viel­leicht könn­te man in den Gebie­ten, in denen die Eis­bä­ren in der Nähe mensch­li­cher Sied­lun­gen nach Fut­ter suchen (Nova­ja Seml­ja, Chur­chill), an eini­gen Stel­len weit genug von bewohn­ten Gebie­ten Ablen­kungs­füt­te­run­gen anle­gen, um die Tie­re von den Müll­plät­zen und Wohn­ge­bie­ten weg­zu­lo­cken. Das gin­ge viel­leicht mit Schlacht­ab­fäl­len aus den Schlacht­hö­fen der gesam­ten Regi­on (was pas­siert denn sonst mit die­sen Fleisch­ab­fäl­len?); das kann jedoch nur eine vor­über­ge­hen­de Maß­nah­me zur Ent­schär­fung der Situa­ti­on sein. Zugleich müss­te der Müll soweit wie mög­lich ver­mie­den und/oder bären­si­cher ent­sorgt wer­den. Lang­fris­tig hel­fen wohl nur Kli­ma­schutz­maß­nah­men welt­weit, die den eigent­li­chen Lebens­raum der Bären rege­ne­rie­ren können.

  6. Margit
    4. März 2019
    Antworten

    Ich schlie­ße mich den Vor­red­nern an und fän­de eine Ant­wort der Autorin oder gene­rell des wwf echt toll!
    War­um wer­den die Eis­bä­ren nicht irgend­wo abseits gefüttert?
    Und, wäre es nicht auch eine Mög­lich­keit ihnen sowas wie „Ste­ge“ zu bau­en, dass sie trotz feh­len­der Eis­de­cke noch am Meer nach Nah­rung jagen können?

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