Gespal­te­ne „Kli­ma­re­gie­rung“


Klimaschutzgesetz: Sofortprogramme der Ministerien reichen nicht
Mehr Klimaschutz wagen, bitte! © imago / Florian Gärtner

FDP blo­ckiert sek­tor­über­grei­fen­des Programm

Für mich war es eigent­lich ein Grund zur Freu­de. Als die Ampel-Koali­ti­on im ver­gan­ge­nen Dezem­ber ihren Koali­ti­ons­ver­trag vor­stell­te, konn­te man von den vie­len Maß­nah­men lesen, die die Bun­des­re­gie­rung kli­ma- und ener­gie­po­li­tisch in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode umset­zen möch­te. Nach Jah­ren des Still­stan­des war das Ziel gesetzt, den Kli­ma­schutz ganz oben auf die Agen­da zu set­zen und die Pari­ser Zie­le zu errei­chen. Dies habe obers­te Prio­ri­tät, so der Koalitionsvertrag.

Ein wich­ti­ger Punkt dar­in: Die Ankün­di­gung eines Kli­ma­schutz-Sofort­pro­gramms. Die Ampel einig­te sich im Koali­ti­ons­ver­trag dar­auf, Kli­ma­schutz zu einer Quer­schnitts­auf­ga­be zu machen. Sie woll­te dafür ein Pro­gramm „mit allen not­wen­di­gen Geset­zen, Ver­ord­nun­gen und Maß­nah­men“ bis Ende 2022 auf den Weg zu brin­gen. Dahin­ter steckt das Ziel, sek­toren­über­grei­fend eine Stra­te­gie für den Kli­ma­schutz mit dem erfor­der­li­chen Weit­blick zu schaf­fen. Bis­her ist davon aller­dings noch nicht all­zu viel zu erkennen…

 

Ver­pass­te Chan­ce im Klimaschutz

Das Kli­ma­schutz­ge­setz gibt für die ein­zel­nen Sek­to­ren Min­de­rungs­pfa­de der Treib­haus­ga­se mit jah­res­schar­fen Ziel­wer­ten an. So kann man jähr­lich über­prü­fen, an wel­chen Stell­schrau­ben man dre­hen muss, damit die Kli­ma­schutz­zie­le der Bun­des­re­gie­rung erreicht wer­den. Im Jahr 2021 haben der Gebäu­de- und Ver­kehrs­sek­tor ihre vor­ge­ge­be­nen Emis­si­ons­wer­te nicht ein­hal­ten kön­nen und um je zwei bzw. drei Mil­lio­nen Ton­nen überschritten.

Klimaschutz: Emissionen nach Sektoren
Das Kli­ma­schutz­ge­setz legt die Jah­res­e­mis­si­ons­men­gen pro Sek­tor bis 2030 fest. © BMU

Das Kli­ma­schutz­ge­setz ver­pflich­tet die zustän­di­gen Res­sorts nun, Sofort­pro­gram­me auf­zu­set­zen, die die­se Emis­si­ons­lü­cke schlie­ßen sol­len. Am 13. Juli muss­ten die zustän­di­gen Minis­te­ri­en für Wirt­schaft und Bau sowie für Ver­kehr nun ihre Pro­gram­me vor­le­gen. Das wäre ein her­vor­ra­gen­der Zeit­punkt für die Ampel gewe­sen, gleich ihr umfas­sen­des Kli­ma­schutz-Sofort­pro­gramm aus dem Koali­ti­ons­ver­trag sek­tor­über­grei­fend vor­zu­stel­len. Doch die­se Chan­ce hat die Regie­rungs­ko­ali­ti­on verpasst.

Statt­des­sen leg­ten die zustän­di­gen Minis­te­ri­en nur Ein­zel­pro­gram­me vor. Die Pro­gram­me haben gemein­sam, dass sie die Emis­si­ons­lü­cken der Ziel­ver­feh­lun­gen aus dem letz­ten Jahr nicht direkt schlie­ßen. Statt­des­sen prä­sen­tier­ten die Minis­te­ri­en Maß­nah­men, die die­se Lücke bis 2030 schlie­ßen sol­len. Doch dabei gibt es auch deut­li­che Unterschiede.

 

Bei der FDP fehlt es an kli­ma­po­li­ti­scher Weitsicht

Im Gebäu­de­be­reich stell­ten die Minister:innen Gey­witz (SPD) und Habeck (Grü­ne) Maß­nah­men vor, die den kom­plet­ten Emis­si­ons­pfad des Sek­tors bis 2030 in den Blick neh­men. Ins­ge­samt soll der Gebäu­de­sek­tor bis 2030 sei­ne Emis­si­ons­wer­te unterm Strich ein­hal­ten und die bis­he­ri­ge Lücke schlie­ßen. Zu kri­ti­sie­ren ist aller­dings, dass auch bei Umset­zung der vor­ge­leg­ten Maß­nah­men die Sek­tor­zie­le bis 2026 jedes Jahr ver­fehlt wür­den. Es wer­den auch Maß­nah­men genannt, die noch gar nicht beschlos­sen sind. In der Sum­me wür­de man am Ende des Jahr­zehnts durch die vor­ge­stell­ten Maß­nah­men aller­dings so viel ein­spa­ren, dass man die Emis­si­ons­lü­cke ins­ge­samt schlie­ßen könn­te. Na ja, let’s see…

Tempolimit für den Klimaschutz
Ein Tem­po­li­mit könn­te schnell und effek­tiv Emis­sio­nen ein­spa­ren © Ima­go / Rupert Oberhäuser

Kli­ma­schutz im Verkehrssektor

Auch das von der FDP-geführ­te Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um nahm das Jahr 2030 genau­er in den Blick. Auch hier hat man kei­ne Maß­nah­men vor­ge­legt, die die Lücke umge­hend schlie­ßen. Dabei lie­gen die dafür not­wen­di­gen Mit­tel auf der Hand. Um das Kli­ma­schutz­ziel bis 2030 zu errei­chen, muss der Sek­tor sei­ne jähr­li­chen Emis­sio­nen um über 60 Mil­lio­nen Ton­nen sen­ken. Ein Tem­po­li­mit wür­de Meh­re­mis­sio­nen schnell und kos­ten­güns­tig redu­zie­ren. Fast die Hälf­te aller kli­ma­schäd­li­chen Sub­ven­tio­nen ist auf den Ver­kehrs­be­reich zurück­zu­füh­ren. Die­se Sub­ven­tio­nen kon­ter­ka­rie­ren jeg­li­che Kli­ma­schutz­be­mü­hun­gen des Sek­tors und soll­ten daher für kli­ma­freund­li­che Inves­ti­tio­nen umge­nutzt werden.

Im Zuge eines umfang­rei­chen Aus­baus der ÖPNV-Ange­bo­te könn­te man etwa in den Ver­kehrs­ver­bun­den ein 365-Euro-Jah­res­ti­cket schaf­fen. Dies wäre zugleich eine kli­ma­freund­li­che Ent­las­tung für vie­le Bürger:innen in Deutsch­land. Staat­li­che “Tan­kra­bat­te” gehö­ren abge­schafft. Sie wir­ken kaum als Ent­las­tung, hal­ten an der fos­si­len Abhän­gig­keit fest und kur­beln den Ver­brauch an, anstatt die „Frei­heits­en­er­gien” für eine ech­te Ver­kehrs­wen­de auszubauen.

Das vor­ge­stell­te Pro­gramm kann ledig­lich 13 Mil­lio­nen Ton­nen ein­spa­ren, so Minis­ter Wis­sing (FDP). Ich fin­de, das Pro­gramm ent­hält weder Weit­sicht, noch sind die Maß­nah­men ambi­tio­niert oder neu. Noch dazu ist frag­lich, ob ein­zel­ne Vor­ha­ben des Pro­gramms, wie die Ein­füh­rung eines flä­chen­de­cken­den WLANs im ÖPNV, tat­säch­lich auch eine Kli­ma­schutz­wir­kung haben. Bald schon wird sich Minis­ter Wis­sing also neue Sofort­pro­gram­me über­le­gen müs­sen, um den Ver­kehrs­sek­tor – mal wie­der – on track zu bringen.

Regie­rungs­par­tei­en gespal­ten bei der Klimapolitik

Die nicht abge­stimm­ten Ein­zel­pro­gram­me für Ver­kehr und Gebäu­de zei­gen, dass man sich inner­halb der Regie­rungs­par­tei­en nicht auf einen gemein­sa­men Kli­ma­kurs eini­gen konn­te. In der Bun­des­re­gie­rung ist das Kli­ma also eher schlecht. Das Kli­ma­schutz­ge­setz gibt es eigent­lich vor: Jeder Sek­tor muss einen fai­ren Bei­trag zur Ein­hal­tung der Kli­ma­schutz­zie­le leis­ten. Das soll­ten alle Regie­rungs­par­tei­en auch berücksichtigen.

Neue Ver­feh­lun­gen der Kli­ma­zie­le bah­nen sich jedoch schon an. Damit nicht jedes Jahr neue Sofort­pro­gram­me mit Ein­zel­maß­nah­men vor­ge­legt wer­den müs­sen, soll­ten sich die Blo­ckie­ren­den in der Bun­des­re­gie­rung einen Ruck geben. Sie soll­ten über ihren ideo­lo­gi­schen Schat­ten sprin­gen und dem Kli­ma­schutz tat­säch­lich obers­te Prio­ri­tät ein­räu­men. So, wie sie es ver­ein­bart haben.

Ach ja, über ein sek­toren­über­grei­fen­des Kli­ma­schutz-Sofort­pro­gramm mit allen not­wen­di­gen Geset­zen, Ver­ord­nun­gen und Maß­nah­men wür­de ich mich bis Ende des Jah­res natür­lich trotz­dem noch freuen…

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