Der Edeka-Kaufmann Raphael Dirnberger verschenkt abgelaufene Lebensmittel, leicht lädiertes Obst oder verbeulte Konservendosen an seine Kunden. Statt alles wegzuwerfen kommen Nahrungsmittel, die nicht mehr verkauft werden können, in den sogenannten „Fair-Teiler“ des Markts im bayerischen Wenzenbach. Ein Gespräch mit dem Besitzer und Ideengeber Raphael Dirnberger.
Herr Dirnberger, wie kamen Sie auf die Idee zum Fair-Teiler gegen die Lebensmittelschwendung?
Dirnberger: Ursprünglich habe ich die Idee von einem Kollegen aus Baden-Württemberg. Dort hat ein Edeka-Betreiber Kisten auf dem Parkplatz aufgestellt. Das lief schnell aus dem Ruder. Da kamen immer die Gleichen und haben alles leergeräumt. Wir machen das jetzt seit zwei Jahren und die Resonanz war von Anfang an toll. Die Kunden haben das gleich verstanden und angenommen. Das hat super funktioniert. Wir haben das ja an zwei Stellen im Laden: Einmal direkt an der Kassen, einmal im Eingangsbereich. Wir hatten noch nie Probleme.
Wieviel verschenken Sie pro Woche?
Wir haben einen Container Müll pro Woche weniger. Damit sparen wir ja sogar noch Kosten. Das macht ordentlich etwas aus, das sind ein paar hundert Euro.

Klingt einfach. Warum machen das andere nicht?
Ich verstehe auch nicht, warum das nicht öfter kopiert wird. Wenn ich irgendwo gesehen hätte, dass das gut funktioniert und auch noch Kosten spart — ich hätte das sofort gemacht. Viele haben wohl Bedenken, dass sie weniger Umsatz machen würden. Das habe ich mal von einem Kollegen gehört: Was ich verschenke, das kauft der Kunde nicht. Ich halte das für Blödsinn. Das Gegenteil ist richtig. Der Kunde kriegt ja etwas geschenkt. Er hat ein gutes Gefühl, wenn er aus dem Laden rausgeht. Das ist doch perfekt für einen Händler. Wenn ich den Fair-Teiler nicht machen würde, müsste ich die Ware ja in die Mülltonne werfen. Da hätte weder ich noch der Kunde etwas davon.
Jetzt sind sie für ihre Kiste gegen die Lebensmittelverschwendung für den Preis „Zu gut für die Tonne!“ Landwirtschaftsministeriums nominiert. Haben Sie etwas, was Sie der Landwirtschaftsministerin sagen werden?
Manche haben wohl Bedenken, weil es rechtlich nicht hundertprozentig abgesichert ist die Lebensmittel zu verschenken. Wenn sich jemand vom Fair-Teiler nimmt und davon krank werden würde. Ich habe da auch schon bei verschiedenen Stellen nachgefragt, von der Edeka Qualitätssicherung bis zum TÜV. Die sagen alle etwas Unterschiedliches. Die einen sagen: Kann man machen. Die anderen warnen: Wenn sich wirklich jemand vergiften würde, wäre es auch rechtlich gefährlich. Das scheint Grauzone zu sein. Ich finde, das sollte geregelt werden.
Wenn sie den Preis tatsächlich gewinnen, würden sich bestimmt mehr Supermärkte dazu entschließen, das Fair-Teiler-Konzept zu übernehmen. Haben sie im Vorfeld schon Nachahmer gefunden?
Ja, ein Kollege in Regensburg macht das jetzt auch. Er hat mich angerufen und gefragt, wie ich das mache und hat das jetzt ganz ähnlich aufgestellt.
Immerhin, ein zweiter Container gesparter Müll und weniger Lebensmittel verschwendet…
Ja, eben. Deutschlandweit ausgerollt wäre das natürlich noch viel interessanter. Das wären hunderte und tausende von Containern. Aber selbst das wäre natürlich, wenn man ganz ehrlich ist, nur ein kleiner Beitrag. Die Industrie schmeißt sehr viel weg – und natürlich vor allem auch der Verbraucher. Ein Drittel der Lebensmittel werden weggeworfen. Für viele Menschen bei uns sind Lebensmittel scheinbar nicht so viel wert. Wir brauchen einfach eine andere Wertigkeit von Essen.
Am 3. April 2019 ist Preisverleihung gegen Lebensmittelverschwendung im Bundeslandwirtschaftsministerium. Aus 117 Projekten hat es der Edeka-Markt Dirnberger unter die drei Finalisten für den Preis geschafft. Wir drücken die Daumen!
Was Du gegen Lebensmittelverschwendung tun kannst, findest du hier.
Ihr kennt andere gute Projekte gegen Lebensmittelverschwendung? Ihr kennt auch Supermärkte, die sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln engagieren? Schreibt es uns in die Kommentare!
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