Wie funk­tio­niert eigent­lich Plas­tik Recyling?


Wie funktioniert Plastik Recycling? Tönsmeier Anlage in Halle © WWF
Wie funktioniert Plastik Recycling? Tönsmeier Anlage in Halle © WWF

Ich habe kei­ne Ahnung von Plas­tik Recy­ling. Das soll sich ändern. Die Recy­cling Fir­ma Töns­mei­er, die seit Jah­ren mit dem WWF koope­riert, hat mich ein­ge­la­den ihre Sor­tie­rungs­an­la­ge in Hal­le zu besu­chen. Ich habe kei­ne Ahnung, was mich erwar­tet. Men­schen, die unse­ren Müll durch­wüh­len? Ich bin gespannt.

Als Video­pro­du­cer vom WWF ist seit eini­gen Mona­ten mein Schwer­punkt­the­ma Plas­tik. Eine gro­ße Her­aus­for­de­rung. Manch­mal kommt es mir vor, als tau­che ich ein, in eine ganz eige­ne, mir unbe­kann­te Welt. Ein eige­nes Uni­ver­sum. Das The­ma Plas­tik scheint end­los. Und doch durch­dringt es jede Faser unse­rer Gesell­schaft und auch mei­nes eige­nen Lebens. Je bewuss­ter mir das wird, des­to neu­gie­ri­ger bin ich, was eigent­lich aus all mei­nem Plas­tik wird, wenn ich es nicht mehr brauche.

Plas­tik Rey­cling Welt­meis­ter Deutsch­land — stimmt das?

Deutsch­land ver­braucht so viel Plas­tik­müll wie kaum ein ande­res Land in Euro­pa. Ins­ge­samt pro­du­ziert jeder Deut­sche 611 Kilo Müll im Jahr. Davon 37 Kilo Plas­tik­müll nur aus Ver­pa­ckung. Wow! Dafür nen­nen wir uns stolz Recy­cling-Welt­meis­ter. Aber wie genau funk­tio­niert Plas­tik Recy­cling? Ich hof­fe, dass mir der Besuch in Hal­le Ant­wor­ten gibt.

Es ist ein grau­er Tag, mat­schig und kalt. Die Anla­ge wirkt wie aus einem Sci­ence Fic­tion-Film. Es sind  kaum Men­schen zu sehen, dafür rie­si­ge Sta­pel Plas­tik­müll. Lager­hal­len bis zum Rand gefüllt mit bun­ten, dre­cki­gen Plas­tik­tei­len. Gabel­stap­ler, die sich wie Rau­pen durch den Müll fres­sen und Plas­tik­ber­ge von A nach B schaffen.

Eine rie­si­ge Wasch­ma­schi­ne zum Plas­tik Recycling

Andre­as Thiel von der Töns­mei­er GmbH & Co Kg führt mich durch die Anla­ge. Täg­lich wer­den auf der Sor­tie­rungs­an­la­ge Inhal­te der gel­ben Ton­ne ange­lie­fert. Zunächst wer­den sie in einer gro­ßen Lager­hal­le gesam­melt. Von dort aus geht der Zyklus los. Ein hoch­kom­ple­xes Sys­tem, von Inge­nieu­ren ent­wi­ckelt, über­nimmt nun die Füh­rung. Durch Luft­drü­sen und Infra­rot­lich­ter wird der Müll in immer spe­zi­fi­sche­re Grup­pie­run­gen getrennt. Schwe­rer Plas­tik­müll von leich­tem, gro­ßer von klei­nem, Metall von Folie. So dass zum Schluss mög­lichst homo­ge­ne Grup­pen ent­ste­hen, die dann wie­der ver­wen­det wer­den kön­nen. Am meis­ten beein­druckt mich dabei eine gigan­ti­sche Trom­mel, in der etli­che Plas­tik­tei­le wild hüp­fend durch­ein­an­der geschleu­dert wer­den. Wie eine rie­si­ge Wasch­ma­schi­ne für Müll.

Es erstaunt mich, wie wenig Men­schen in die­sem Pro­zess arbei­ten. Das Gefühl von einem Sci­ence Fic­tion wird durch die Piep- und Surr-Geräu­sche noch verstärkt.

Zum Schluss kom­men wir in die kli­ma­ti­sier­te Sor­tier­ka­bi­ne. Dort sind tat­säch­lich end­lich ein paar Men­schen. Das sind die Mit­ar­bei­ter, die ganz zum Schluss noch mal mit der Hand kon­trol­lie­ren, ob wirk­lich alles rein­lich sor­tiert ist.

Bernd und das Plastik

Plastik Recycling: Anne und Bernd am Fließband
Bernd sor­tiert unse­ren Plas­tik­müll © WWF

Hier tref­fe ich Bernd. Bernd macht die­sen Fließ­band­job seit acht Jah­ren. Plötz­lich bekommt Recy­cling ein Gesicht. Der Müll den ich nicht ordent­lich tren­ne, muss hier also noch mal ganz zum Schluss hän­disch von Bernd aus­sor­tiert wer­den. Die Arbeit erfor­dert Kon­zen­tra­ti­on und Schnel­lig­keit. „Abends bin ich kaputt“, erzählt Bernd, wäh­rend er kon­zen­triert auf das Lauf­band schaut.  Denn das Müll-Lauf­band ist uner­bitt­lich: In schnel­lem Tem­po lau­fen die Müll­tei­le über das Band. Eine Pau­se ist da nicht mög­lich. „Ich mache das für die Umwelt“, sagt Bernd mit gro­ßer Ruhe und ganz ohne Groll. „Eigent­lich macht mir die Arbeit Spaß“, sagt er. Dann fügt er nach­denk­lich hin­zu: „Aber es macht mich trau­rig, dass wir so viel weg­schmei­ßen“. Mich berührt die­ser kräf­ti­ge, von der Arbeit gezeich­ne­te Mann. Da steht er jeden Tag, ohne dass die Welt etwas von ihm weiß. Und sor­tiert unse­ren Müll. Lei­se und nach­denk­lich ver­ab­schie­de ich mich.

Mein Plas­tik­müll ist in Sekun­den pro­du­ziert. In mei­nem All­tag ist Plas­tik meis­tens nur da, um mei­nen eige­nen, uner­sätt­li­chen Kon­sum zu för­dern. Lieb­los lan­det es dann ohne einen wei­te­ren Gedan­ken in irgend­ei­ner Ton­ne. Wenn ich das nächs­te Mal mei­ne Plas­tik­fla­sche in den Müll schmei­ße, wer­de ich an die vie­len brum­men­den Maschi­nen den­ken. Und an Bernd. An sei­ne röt­li­che, gegerb­te Haut und die vie­len klei­nen Plas­tik­teil­chen, die müh­se­lig von sei­nen Hän­den aus­sor­tiert werden.

Helft uns im Kampf gegen die Plastikflut!

Delfin mit Plastikmüll Kampagne-WWF

Wie hat Dir die­ser Bei­trag gefallen? 

Sehr schön, das freut uns! Viel­leicht magst Du ja… 

…die­sen Bei­trag jetzt teilen: 

Scha­de, dass Dir der Bei­trag nicht so gut gefal­len hat. 

Dein Feed­back wäre sehr wert­voll für uns. 

Wie könn­ten wir die­sen Bei­trag Dei­ner Mei­nung nach optimieren? 

Fol­ge uns in Social Media:
Facebook
Twitter
Youtube
Instagram
LinkedIn
TikTok
Newsletter
Vorheriger Beitrag Wildnis Stadt Berlin
Nächster Beitrag Wo bekomme ich besseres Fleisch?

16 Kommentare

  1. Helmut Pahl
    15. Dezember 2018
    Antworten

    Frau Tho­ma mag sich ganz toll fin­den. Ich kann nur in höchs­tem Maße kin­di­sches Ver­hal­ten erken­nen. Das eigent­li­che The­ma geht bei so viel Geha­be unter.

  2. Sämann
    15. Dezember 2018
    Antworten

    Es beschämt mich, dass weder EU noch unse­re Regie­rung die Ver­wen­dung von Plas­tik­tü­ten und Scha­len mas­siv besteu­ert. Jedes Ein­zel­stück müss­te 2–5 € kos­ten. Die Indus­trie wür­de blitz­schnell Alter­na­ti­ven schaf­fen. MfG Vol­ker Sämann

  3. Gesa Vogler
    15. Dezember 2018
    Antworten

    Wo ist die­se Recy­cling-Sta­ti­on , in Halle/Saale oder in Westfalen ?
    Der Arti­kel konn­te mei­nen Wis­sens­drang lei­der nicht hin­rei­chend stil­len , weil man über den wei­te­ren Weg nach der Sor­tier-Anla­ge nichts erfährt . Die Emo­tio­nen allein , die Anne ver­mit­telt , sind zwar okay , aber die sach­li­che Auf­klä­rung über den wei­te­ren Ver­bleib des recy­cel­ten Plas­tik , den die Anla­ge ent­lässt , fehlt .

    • Anne
      17. Dezember 2018
      Antworten

      Lie­be Frau Vog­ler, vie­len Dank für Ihr Feed­back. Die Sor­tie­rungs­an­la­ge ist in Hal­le. Da es sich bei dem Bericht ledig­lich um eine Fol­ge inner­halb einer län­ger­fris­ti­gen Serie han­delt erklärt es viel­leicht, war­um hier nur der Aspekt der Sor­tie­rung beleuch­tet wird. Ich hof­fe, Ihnen dann in der als­bald geplan­ten Recy­cling Fol­ge offen geblie­be­ne Fra­gen zu beant­wor­ten. Herz­li­che Grüße.

  4. Philipp Pohl
    15. Dezember 2018
    Antworten

    Ich bin voll bei euch.
    viel­leicht soll­te man mal einen auf­ruf star­ten und den kon­su­men­ten sagen, sie mögen doch die gan­ze ver­pa­ckung die si bei ihrem lieb­lings­d­icoun­ter o.ä. kau­fen, auch dort­hin wie­der zurück­zu­brin­gen. wir hal­ten dies mitt­ler­wei­le fast so.
    dies erhöht den druck auf die geschäf­te, ihrer­seits dar­über nach­zu­den­ken, ob wirk­lich so viel ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al ange­bracht ist. anstatt drei oder vier wert­stoff­ton­nen ein­fach in
    aldi, lidl, dm, rewe und co. ton­nen umwan­deln. mal sehen was auf dau­er bei denn passiert.
    lie­be grü­ße, philipp

    • Anne Thoma
      17. Dezember 2018
      Antworten

      Lie­ber Phil­ipp Pohl, vie­len Dank für das posi­ti­ve Feed­back und die Anre­gung. Ich wer­de mal schau­en, ob ich das in einer der kom­men­den Fol­gen mit auf­neh­men kann. In die­sem Sin­ne: fro­he Weih­nach­ten. Herz­li­che Grüße.

  5. Patty
    16. Dezember 2018
    Antworten

    Der Müll wird nur sor­tiert und dann? Was pas­siert dann? Dazu kein Wort, wie es weitergeht 🙁
    Das ist für mich kein Recy­cling. Mit­ten­drin stoppt der Arti­kel. Mir feh­len irgend­wie noch Infos, was genau mit dem sor­tier­ten Müll pas­siert, auch wenn hier in die­ser Hal­le nur sor­tiert wird, kann man in 1 oder 2 Sät­zen schrei­ben, was dann pas­siert, wohin dann der sor­tier­te Müll kommt. Das ist eine berech­tig­te Fra­ge, denn wofür wird sortiert?
    🤔
    Wenn dann der Müll ver­brannt wer­den wür­de (dafür braucht man aber kei­ne Sor­tie­rung vor­ab) und die Roh­stof­fe Kau­tschuk und Die­sel her­aus­kä­men, wäre das eine posi­ti­ve Wen­dung und auch Recycling.

  6. Susann U.
    16. Dezember 2018
    Antworten

    Hal­lo! Ein schö­ner Bei­trag (Dan­ke!), aber die Über­schrift ist irre­füh­rend. Ich war ganz gespannt dar­auf, end­lich mal mehr dar­über zu erfah­ren, wie Plas­tik-Recy­cling (nicht nur das Sor­tie­ren des Mülls) genau funk­tio­niert, also wel­che Kunst­stof­fe wirk­lich wie­der ein­ge­schmol­zen wer­den kön­nen, wie res­sour­cen­in­ten­siv das ist und was letzt­end­lich doch ver­brannt wer­den muss. Klei­ner Spoi­ler: Die Pro­zent­zah­len sind ernüch­ternd! Da muss also unbe­dingt Teil 2 des Bei­trags fol­gen — ich war­te gespannt drauf! 🙂 LG Susann

    • anne thoma
      17. Dezember 2018
      Antworten

      Lie­be Susann, vie­len lie­ben Dank für das Feed­back. Ja, es ist in der Tat zunächst nur der Aspekt der Sor­tie­rung beleuch­tet. Ich hof­fe in einer der kom­men­den Fol­gen noch näher auf den Aspekt Recy­cling ein­zu­ge­hen — so ein Kom­men­tar moti­viert mich noch mehr das mal genau­er unter die Lupe zu neh­men. Also, vie­len Dank!

  7. Joachim
    17. Dezember 2018
    Antworten

    Eigent­lich ein so wich­ti­ges The­ma, über das m.E. gene­rell nicht aus­rei­chend infor­miert wird. End­lich nehmt ihr es auf — und dann so ein infor­ma­ti­ons­lo­ser Arti­kel. Wirk­lich scha­de, man hät­te bedeu­tend mehr dar­aus machen können.

  8. Helmut
    22. Dezember 2018
    Antworten

    Kunst­stoff-Abfäl­le wer­den nach einer aktu­el­len Stu­die im Auf­trag der Kunst­stoff­in­dus­trie zu 80% ener­ge­tisch ver­wer­tet. Die Recy­clat­quo­te, d.h. die Sekun­där­kunst­stoff­quo­te, beträgt gera­de mal 12,7%. Das ist immer noch reich­lich wenig! Sor­tie­rung ist noch lan­ge kein Recycling.

  9. Helena
    8. Mai 2019
    Antworten

    Hal­lo Anne und dan­ke für die­sen inter­es­san­ten Bei­trag zum The­ma Plas­tik­re­cy­cling. Ich wuss­te gar nicht, dass der Müll extra noch­mal per Hand sor­tiert wird. Das The­ma Ent­sor­gung ist mir sehr wich­tig, seit mei­ne Toch­ter in einem Schul­pro­jekt über Recy­cling gelernt hat und jetzt täg­lich bei uns die Müll­ei­mer kon­trol­liert. Toll, wie man von Kin­dern noch ler­nen kann.

  10. Rainer Safferthal
    25. Juni 2019
    Antworten

    Plas­tik Recy­cling funk­tio­niert gar nicht. Lohnt nicht zu tren­nen und sich zum Dep­pen zu machen. Nur ein klei­ner Teil wird wie­der­ver­wer­tet, ein wei­te­rer klei­ner Teil wird eins Aus­land ver­kauft. Und der größ­te Teil wird verbrannt.

    • Kaja Sturmfels
      29. Februar 2020
      Antworten

      Ja, weil es schwie­rig ist, die ein­zel­nen Plas­tik­sor­ten von­ein­an­der zu tren­nen. Das ist aber fürs Recy­cling not­wen­dig. Da liegt der Hase im Pfeffer.

  11. Pandaman
    22. März 2021
    Antworten

    Was, wenn man ein Gesetz hät­te, das Plas­tik­ver­pa­ckun­gen nur dann ein­set­zen darf, wenn es kei­ne Alter­na­ti­ve gibt?
    Ein paar ver­pei­le Men­schen wür­den dann “Ver­bots­par­tei” auf Twit­ter schrei­en, wäh­rend 90% aller ande­ren Men­schen im Land schwei­gen, weil sie das Ver­bot eigent­lich ganz gut finden.

Einen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert