Das katastrophale Hochwasser ist noch nicht richtig abgelaufen, da überrascht das Bundesverkehrsministerium mit der Unterzeichnung eines Abkommens mit Tschechien zur Schiffbarkeit der Elbe. Diese Vereinbarung dokumentiert die rückwärtsgewandte Flusspolitik des Ministeriums. Flüsse werden nur als Infrastrukturprojekte betrachtet, statt den hohen ökologischen Wert und ihre Funktion bei der Wasserrückhaltung in den Vordergrund zu stellen. Wir fordern, dass das Abkommen nicht ratifiziert wird!
Was wurde vereinbart?
Deutschland und Tschechien sichern sich in dem Abkommen Mindestfahrwassertiefen für den Gütertransport auf der Elbe zu: Ganzjährig 2,30 Meter sind es in Tschechien. In Deutschland soll die Elbe an 345 Tagen eine Fahrrinnentiefe von 1,40 Metern bieten. Dies entspricht einer Vereinbarung der Umweltverbände (einschließlich dem WWF) mit dem Bundesverkehrsministerium im Gesamtkonzept Elbe. Schifffahrtsbauliche Maßnahmen wurden darin allerdings unter den Vorbehalt gestellt, dass diese den ökologischen Zustand des Flusses verbessern. Dieser Passus war für den Erhalt des letzten großen naturnahen Stroms ebenso wichtig wie vorausschauend. Seit Juni 2021 ist die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung auch für den ökologischen Zustand verantwortlich.
Wie wird die Vereinbarung nun umgesetzt?
In Tschechien wurden bereits mehrere Staustufen in der Elbe errichtet, um die Schiffbarkeit zu erhöhen. Die Planungen für die letzte Staustufe in Decin haben längst begonnen. Diese kann nur noch im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit gestoppt werden. Es sei denn der politische Wille in Tschechien zur Umsetzung erlischt. Im Jahre 2019 ist eine erste Umweltverträglichkeitsprüfung ergebnislos beendet worden. Natürlich werden wir die weiteren Entwicklungen kritisch begleiten.
Folge uns in Social Media
Unerfüllbare Garantie
Auf deutscher Seite scheint die Vereinbarung schon wegen der Wassersituation an der Elbe der vergangenen Jahre absurd und unerfüllbar. Die Elbe wird eben nicht aus Hochgebirgsregionen gespeist. Nach einer zeitigen Schneeschmelze fließt also kein Wasser nach. Im Einzugsgebiet von Rhein und Donau erfolgt bis in den Juni das Abtauen des Schnees und anschließend speist noch Gletscherwasser den Fluss. An der Elbe ist der Schiffsverkehr daher besonders von den Regenfällen abhängig und diese sind sehr variabel. So waren 2016–2020 auf der Elbe ab dem Frühjahr bis in den Spätherbst keine Schiffstransporte mehr möglich. Daraufhin haben Reedereien ihre Flotten verlegt. Im bisher wasserreichen Jahr 2021 ist allerdings kein signifikanter Anstieg des Schiffsverkehrs zu verzeichnen. Die Reedereien haben offensichtlich schneller die Notwendigkeit der Klimaanpassung verstanden als das Bundesverkehrsministerium und die Elbe als Wasserstraße längst aufgegeben.
Staustufen: die nächste schlechte Idee
Im Übrigen sind Staustufen, wie sie zuletzt vom Bundestagsabgeordneten Sepp Müller ins Spiel gebracht wurden, keine Option. Müller argumentierte, durch Staustufen würde man das Austrocknen der Wälder verhindern. Und der Schifffahrt wäre auch geholfen. Vielleicht gut gemeint, aber tatsächlich sind Staustufen der ökologische GAU für Fluss-Auen-Ökosysteme. Erst der Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser bringt die Artenvielfalt hervor, die unsere Flüsse mit ihren Auen zu Hotspots der biologischen Vielfalt machen. Durch staugeregelte weitgehend statische Wasserstände verlören wir die dynamischen Veränderungen im Fluss, an den Ufern und in den Auen. Fische, Kleinstlebewesen und auch Kies und Sand könnte nur noch sehr eingeschränkt durch den Fluss wandern.
Jede Staustufe ist ein kleiner Stausee und verringert damit auch den Abfluss. Kleine Hochwässer, wie sie unsere Auen eigentlich jährlich brauchen, kommen nur noch sehr selten vor. Abgesehen davon bräuchte man für die Elbe derart viele Staustufen, dass die Transporte viel länger dauern. Und damit unwirtschaftlich würden. Volkswirtschaftlich wäre es ohnehin unverantwortbar.
Wie geht es nun weiter?
Möglicherweise wird dieses Abkommen nun gar keine unmittelbaren Wirkungen haben. Tschechischen Hardlinern bietet es vielleicht Auftrieb, um die letzte Staustufe nochmals in Angriff zu nehmen. In Deutschland werden wir Naturschutzverbände die Einhaltung des Gesamtkonzepts Elbe überwachen. Es bleibt bei der Prämisse: Kein schifffahrtlicher Ausbau ohne Verbesserung des ökologischen Zustands!

Zudem fordern wir, dass die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung innerhalb des Bundesverkehrsministeriums nun auch intensiv ihre „neue“ Verantwortung wahrnimmt und die Elbe in einen guten ökologischen Zustand versetzt. Denn den hat sie bislang noch nicht. Trotz ihrer Naturnähe. Und wir beim WWF werden demnächst mit einem weiteren Großprojekt an der Mittleren Elbe ganz praktisch dazu beitragen dieses Naturjuwel zu bewahren.
Kein Kommentar