Wo sind die Herin­ge geblieben?


Auf der Suche nach dem Hering: WWF Taucher in der Ostsee
WWF Taucher betrachtet abgestorbene Heringseier (die kleinen weißen Kugeln) © Philipp Kanstinger / WWF

Um Herin­ge zu suchen bin ich vor ein paar Tagen in die trü­ben Gewäs­ser der Ost­see hin­ab­ge­taucht. Natür­lich nicht für’s Fisch­bröt­chen, son­dern um wich­ti­ge Ergeb­nis­se für unse­re Natur­schutz­ar­beit zu sammeln.

Wenn Herin­ge wan­dern gehen

Da sich die Wan­de­rung der Herin­ge natür­lich Unter­was­ser abspielt, bekom­men abge­se­hen von Ang­lern, die wenigs­ten Men­schen etwas davon mit.  Doch es ist eine der größ­ten Tier­wan­de­run­gen Deutsch­lands. Gemes­sen an der Anzahl der wan­dern­den Tie­re stellt es sogar die Vogel­zü­ge in den Schat­ten. Mil­lio­nen von Herin­gen strö­men aus den Tie­fen der Ost­see in die Flach­was­ser­zo­nen der Küs­te um dort ihre Eier abzu­lai­chen.  Ver­folgt wer­den sie von Schweins­wa­len, Kegel­rob­ben, See­vö­geln und Raub­fi­schen wie zum Bei­spiel Lach­sen die sich ihren Anteil  an die­sem all­jähr­li­chen Natur­er­eig­nis holen.  Das wich­tigs­te Gebiet für die Eiab­la­ge der west­li­chen Ost­see­he­rin­ge ist der Greifs­wal­der Bod­den. Dort ver­sam­meln sich die Herin­ge auf den Unter­was­ser­wie­sen und hef­ten ihre Eier an Algen und Seegras.

Heringe suchen: Unterwasserwiese in der Ostsee, wie sie WWF Taucher vor Rügen sehen.
See­gras­wie­se im Greifs­wal­der Bod­den: Hier legen Herin­ge ihre Eier ab © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Die Unter­was­ser­wie­sen schrump­fen — schlecht für die Heringe

Lei­der ist die Anzahl die­ser Unter­was­ser­wie­sen ent­lang der deut­schen Küs­te in den ver­gan­ge­nen 60 Jah­ren dras­tisch zurück­ge­gan­gen. Im Greifs­wal­der Bod­den sind nur noch weni­ger als zehn Pro­zent der Unter­was­ser­wie­sen übrig. Wel­che Aus­wir­kun­gen das auf die Herin­ge und ihre Eier hat ist bis­her unklar. Klar ist aber, dass der dor­ti­ge Herings­be­stand stark geschrumpft ist und seit 10 Jah­ren nur noch weni­ge Nach­kom­men über­le­ben. Um der Sache auf den Grund zu gehen, star­te ich zusam­men mit mei­nem Stral­sun­der Kol­le­gen Flo­ri­an und zwei befreun­de­ten For­schungs­tau­chern eine zwei­tä­gi­ge Expe­di­ti­on um Herings­laich­ge­bie­te zu loka­li­sie­ren und ihren Zustand zu protokollieren.

Eier­su­che unter erschwer­ten Bedingungen

Heringe: Heringseier an Seegras auf einer Unterwasser wiese im Greifswalder Bodden, wie sie die WWF Taucher bei ihrer Expedition gefunden haben.
Da sind sie: Herings­ei­er an See­gras © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Tau­chen im Greifs­wal­der Bod­den ist lei­der kei­ne all­zu schö­ne Ange­le­gen­heit. Das Was­ser ist kalt (8°C), die Sicht­wei­te stark ein­ge­schränkt (oft weni­ger als ein Meter) und selbst im Flach­was­ser ist es meis­tens schon dun­kel, da das Was­ser so trüb ist. Als wir aber die ers­ten Eier der Herin­ge fin­den, sind alle Wid­rig­kei­ten ver­ges­sen. Ins­ge­samt kön­nen wir an die­sem Tag drei  Gebie­te mit Herings­ei­ern loka­li­sie­ren. Dabei fällt uns auf, dass vie­le Unter­was­ser­pflan­zen mit fädi­gen Algen über­wach­sen sind (ein Zei­chen von Über­dün­gung) und dass See­gras nur noch in sehr fla­chem Was­ser wächst.

Der Kli­ma­wan­del betrifft auch die Heringe

Der Kli­ma­wan­del hat schein­bar den Zeit­punkt der Laichab­la­ge der Herin­ge deut­lich nach vor­ne ver­scho­ben. Die meis­ten Eier, die wir fin­den, sind ent­we­der bereits geschlüpft oder abge­stor­ben.  Lei­der zieht abends ein Sturm auf, sodass wir am nächs­ten Tag kei­ne Tauch­gän­ge mehr unter­neh­men können.

Bei der Rück­fahrt in den Hafen stel­le ich mir vor, wie der Bod­den wohl vor 60 Jah­ren aus­ge­se­hen haben mag, mit kris­tall­kla­rem Was­ser, rie­si­gen Herings­schwär­men und dich­ten Unter­was­ser­wie­sen bis in die tiefs­ten Stel­len der Lagu­ne. Viel­leicht kann sich das Gebiet wie­der rege­ne­rie­ren, es Bedarf aber noch gro­ßer wei­te­rer Anstren­gung um dort­hin zu gelan­gen. Die Über­dün­gung muss unbe­dingt gestoppt wer­den! Außer­dem müs­sen wir die ver­blie­be­nen Unter­was­ser­wie­sen drin­gend vor Schä­den schüt­zen und die Fische­rei dazu brin­gen, vor­sich­ti­ger zu agieren.

 

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1 Kommentar

  1. Alexandra
    25. Oktober 2016
    Antworten

    Do you know what the spe­ci­es of Chor­da (Ch. toment­o­sa or, Ch. filum) you noted in your dis­ser­ta­ti­on and article?
    algo­lo­gist, Alex­an­dra Volodina
    volodina.alexandra@gmail.com

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