Um Heringe zu suchen bin ich vor ein paar Tagen in die trüben Gewässer der Ostsee hinabgetaucht. Natürlich nicht für’s Fischbrötchen, sondern um wichtige Ergebnisse für unsere Naturschutzarbeit zu sammeln.
Wenn Heringe wandern gehen
Da sich die Wanderung der Heringe natürlich Unterwasser abspielt, bekommen abgesehen von Anglern, die wenigsten Menschen etwas davon mit. Doch es ist eine der größten Tierwanderungen Deutschlands. Gemessen an der Anzahl der wandernden Tiere stellt es sogar die Vogelzüge in den Schatten. Millionen von Heringen strömen aus den Tiefen der Ostsee in die Flachwasserzonen der Küste um dort ihre Eier abzulaichen. Verfolgt werden sie von Schweinswalen, Kegelrobben, Seevögeln und Raubfischen wie zum Beispiel Lachsen die sich ihren Anteil an diesem alljährlichen Naturereignis holen. Das wichtigste Gebiet für die Eiablage der westlichen Ostseeheringe ist der Greifswalder Bodden. Dort versammeln sich die Heringe auf den Unterwasserwiesen und heften ihre Eier an Algen und Seegras.
Die Unterwasserwiesen schrumpfen — schlecht für die Heringe
Leider ist die Anzahl dieser Unterwasserwiesen entlang der deutschen Küste in den vergangenen 60 Jahren drastisch zurückgegangen. Im Greifswalder Bodden sind nur noch weniger als zehn Prozent der Unterwasserwiesen übrig. Welche Auswirkungen das auf die Heringe und ihre Eier hat ist bisher unklar. Klar ist aber, dass der dortige Heringsbestand stark geschrumpft ist und seit 10 Jahren nur noch wenige Nachkommen überleben. Um der Sache auf den Grund zu gehen, starte ich zusammen mit meinem Stralsunder Kollegen Florian und zwei befreundeten Forschungstauchern eine zweitägige Expedition um Heringslaichgebiete zu lokalisieren und ihren Zustand zu protokollieren.
Eiersuche unter erschwerten Bedingungen
Tauchen im Greifswalder Bodden ist leider keine allzu schöne Angelegenheit. Das Wasser ist kalt (8°C), die Sichtweite stark eingeschränkt (oft weniger als ein Meter) und selbst im Flachwasser ist es meistens schon dunkel, da das Wasser so trüb ist. Als wir aber die ersten Eier der Heringe finden, sind alle Widrigkeiten vergessen. Insgesamt können wir an diesem Tag drei Gebiete mit Heringseiern lokalisieren. Dabei fällt uns auf, dass viele Unterwasserpflanzen mit fädigen Algen überwachsen sind (ein Zeichen von Überdüngung) und dass Seegras nur noch in sehr flachem Wasser wächst.
Der Klimawandel betrifft auch die Heringe
Der Klimawandel hat scheinbar den Zeitpunkt der Laichablage der Heringe deutlich nach vorne verschoben. Die meisten Eier, die wir finden, sind entweder bereits geschlüpft oder abgestorben. Leider zieht abends ein Sturm auf, sodass wir am nächsten Tag keine Tauchgänge mehr unternehmen können.
Bei der Rückfahrt in den Hafen stelle ich mir vor, wie der Bodden wohl vor 60 Jahren ausgesehen haben mag, mit kristallklarem Wasser, riesigen Heringsschwärmen und dichten Unterwasserwiesen bis in die tiefsten Stellen der Lagune. Vielleicht kann sich das Gebiet wieder regenerieren, es Bedarf aber noch großer weiterer Anstrengung um dorthin zu gelangen. Die Überdüngung muss unbedingt gestoppt werden! Außerdem müssen wir die verbliebenen Unterwasserwiesen dringend vor Schäden schützen und die Fischerei dazu bringen, vorsichtiger zu agieren.
Do you know what the species of Chorda (Ch. tomentosa or, Ch. filum) you noted in your dissertation and article?
algologist, Alexandra Volodina
volodina.alexandra@gmail.com