Wer produziert pro Kopf am meisten Müll? Welche Staaten sind vorne bei ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit, wer hängt zurück? Eine Studie untersucht dies erstmals – und es gibt viele Überraschungen. Gerade für uns Deutsche.
Auf dem UN-Sonder-Gipfeltreffen Ende September 2015 werden die neuen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals — SDG ) offiziell verabschiedet. Im Unterschied zu den Millennium-Goals werden diesmal auch Ziele für die reichen Industrie-Staaten festgeschrieben. Theoretisch ist man sich einig: Die Welt braucht ein inklusives, nachhaltiges Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell. Die Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt: Bei nachhaltiger Entwicklung sind alle Länder Entwicklungsländer.
Für die Studie wurden 34 Indikatoren geprüft, von Bildung bis zu Biodiversität, von Gleichberechtigung bis Wasserverbrauch. Die Ergebnisse sind vorhersehbar bis erschütternd: Sozial verschärfen sich in vielen Ländern die Ungleichheiten. Und bei nachhaltigem Produktions- und Konsumverhalten haben fast alle Länder gewaltigen Nachholbedarf, um das Ziel Green Economy nicht aus den Augen zu verlieren.
Deutschland auf Rang 6, Schlusslicht Mexiko
Insgesamt am besten schnitten die vier skandinavischen Staaten Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland ab, gefolgt von der Schweiz auf Platz fünf. Danach kommt schon Deutschland. Am wenigsten nachhaltig wirtschaften die USA, Griechenland, Chile, Ungarn, die Türkei und Schlusslicht Mexiko.
Deutschland liegt bei 12 der 34 untersuchten Indikatoren vorbildlich weit vorne: Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Forschung und Entwicklung, es gibt relativ wenig Armut und die Gefahr ermordet zu werden ist hierzulande recht gering (0,7 auf 100.000 Einwohner). Es gibt eine vergleichsweise gute soziale Absicherung und zahlreiche Naturschutzgebiete – immerhin 17 Prozent der Fläche steht unter Schutz. Kann man alles gut finden.
Wo Deutschland richtig schlecht ist
Deutschland schneidet bei einigen Kriterien aber auch richtig, richtig schlecht ab. Gerade im Bereich Umweltschutz gibt es schwere Defizite. Alles andere als nachhaltig ist die deutsche Landwirtschaft: Die deutschen Bauern düngen zum Beispiel viel zu viel, Boden und Wasser sind erheblich gefährdet — das macht nur Rang 26.
Artenschutz: mangelhaft
Im Artenschutz landet Deutschland gerade einmal auf Rang 29 der 34 untersuchten Industrienationen. Ein Drittel aller Vogelarten ist vom Aussterben bedroht! Auch die Luft, die wir atmen, ist viel dreckiger, als man denken mag: Nur Rang 27, der Feinstaubbelastung zu verdanken.
Müllland Deutschland
Noch schlechter schneidet Deutschland beim Müll ab: 614 Kilo produziert jeder Deutsche pro Jahr — der Schnitt liegt bei gerade 483 Kilo, ein Japaner verursacht nur etwas mehr als halb so viel Müll wie ein Deutscher. Die größten Müllschleudern: die Schweiz, die USA und ganz am Ende, huch, Dänemark. 751 Kilogramm Müll, wer hätte das gedacht.
“Diese Studie wird hoffentlich Reformdebatten über Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in vielen Industriestaaten entfachen. Wir schulden dies unserem Planeten und seinen Menschen”, schreibt der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der geistige Vater der Millenniumsziele, im Vorwort der Studie.
Und die reichen Länder schulden es der Welt (und ihrer Glaubwürdigkeit) erstmal ihre Hausaufgaben zu machen, bevor sie den Schwellenländern erklären wollen, wie diese denn zu wirtschaften haben.
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