Die letzten Wochen im Homeoffice war eine fleißige Eichhörnchen-Mama auf dem Fenstersims gegenüber eine treue Begleiterin. Jeden Tag baute sie mit größter Mühe und Sorgfalt ihr Nest. Ich wohne im 4. Stock. Faszinierend, wie sie jeden Tag leichten Fußes, unermüdlich die Hauswand hoch und runter lief. Ich sah wie das Nest jeden Tag gemütlicher wurde und freute mich über meine fleißige, neue Kollegin.
Eines Morgens war etwas anders. Sie begann Essen zu holen und ich wusste: Sie hat Junge bekommen. Wie viele? Das blieb ihr Geheimnis, hatte sie die Kleinen doch gut in dem Stroh und in der Wolle versteckt. Es war die pure Freude.
Drama in 20 Metern Höhe
Letzte Woche überschlugen sich dann die Ereignisse. Bei meinem Morgenkaffee schaute ich nach, was meine neue Kollegin so trieb. Ich schmunzelte, als ich sie guter Dinge die Hauswand runterlaufen sah. Kurze Zeit darauf konnte ich meinen Augen nicht trauen. In Sekundenschnelle kamen drei Krähen angeflogen und zerrten die Babys aus dem Nest, hackten in der Luft auf sie ein. Eins nach dem anderen fiel taumelnd zu Boden. Ein Gemetzel in 20 Metern Höhe. Ja, das ist vielleicht Natur, aber ich konnte es nicht mitansehen.
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Ich schrie wie eine Wahnsinnige, um die Vögel zu vertreiben. So laut ich konnte. Der ganze Hinterhof wurde wohl wachgerüttelt. Einige Nachbarn dachten bestimmt ein Mensch sei vom Dach gestürzt. Immerhin konnte ich die Krähen ein bisschen stören und davon abhalten die Eichhörnchenbabys sofort zu töten und mitzunehmen.
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Drei der Babys stürzten die ganze Höhe hinab, eins fiel auf einen unteren Balkon. Mein Freund und ich liefen so schnell wir konnten runter. Zwei Eichhörnchenbabys waren tot. Zwei lagen bewusstlos da, aber sie lebten.
Tun, was zu tun ist
Eine Nachbarin gab uns ein Tuch und einen Schuhkarton. Wir wärmten die Tierchen, beruhigten sie und flüsterten auf sie ein, dass sie es schaffen werden. Dann hoben wir sie sanft in den Karton. Schnell googelten wir was zu tun ist: Wärme, Ruhe, ein weiches Tuch, Sicherheit. Ok, das haben wir richtig gemacht. Dann fanden wir die Nummer der Eichhornpflegestation von Lina Thiele. Sie ist ein Profi. Lina ist tiermedizinische Fachangestellte und arbeitet ehrenamtlich für die Pflegestelle des Eichhörnchen Notruf . Sie nimmt Tiere in jedem Alter auf. Manche sind ein paar Stunden/Tage oder Wochen alt. Hier leben die Tiere erst in „Ersatzkobeln“, später kommen sie in Voliere, wo sie auf die Wiederauswilderung vorbereitet werden.
Verletzte Eichhörnchenbabys brauchen intensive Betreuung. Wasser, Wärme, Antibiotika, Schmerzmittel, eine ganz spezielle Diät aus Fencheltee, Traubenzucker oder Honig sowie einer Prise Salz. Und jetzt ist gerade Saison bei den Eichhörnchenhelfern. In diesen Wochen werden viele Eichhörnchen geboren. Immer wieder geraten die Jungtiere in Not. Wenn sie ihre Mutter verlieren oder aus dem Nest fallen. Oder eben wenn die Krähen kommen. Nur jedes vierte bis fünfte Eichhörnchenbaby überlebt die ersten Wochen seines Lebens.
Happy End in der Auffangstation
Eichhörnchenpflegerin Lina stellt bei unseren zwei Patienten routiniert fest: Es sind zwei Jungs, der größere wird überleben. Bei dem kleinen, der vier Stockwerke gefallen war, sei es nicht sicher. Er hat ein Hirn-Schädel Traum. Wir mussten die Nacht abwarten. Am nächsten Tag kam der Anruf: Er hat es geschafft. Nun werden die beiden noch einige Wochen bei Lina bleiben und kommen dann in eine Auswilderungsstation.
Die Mama ist bisher nicht wieder auf dem Fenstersims aufgetaucht. Schade. Ich würde ihr so gerne klarmachen, dass zumindest zwei ihrer Babys in Sicherheit sind.
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