Krä­hen, Eich­hörn­chen­ba­bys und die Geschich­te einer Rettung


Eichhörnchen Babys in der Pflegestation
Eichhörnchen aufziehen ist ein Job für Profis © Anne Thoma / WWF

Die letz­ten Wochen im Home­of­fice war eine flei­ßi­ge Eich­hörn­chen-Mama auf dem Fens­ter­sims gegen­über eine treue Beglei­te­rin. Jeden Tag bau­te sie mit größ­ter Mühe und Sorg­falt ihr Nest. Ich woh­ne im 4. Stock. Fas­zi­nie­rend, wie sie jeden Tag leich­ten Fußes, uner­müd­lich die Haus­wand hoch und run­ter lief. Ich sah wie das Nest jeden Tag gemüt­li­cher wur­de und freu­te mich über mei­ne flei­ßi­ge, neue Kollegin.

Eines Mor­gens war etwas anders. Sie begann Essen zu holen und ich wuss­te: Sie hat Jun­ge bekom­men. Wie vie­le? Das blieb ihr Geheim­nis, hat­te sie die Klei­nen doch gut in dem Stroh und in der Wol­le ver­steckt. Es war die pure Freude.

Dra­ma in 20 Metern Höhe

Letz­te Woche über­schlu­gen sich dann die Ereig­nis­se. Bei mei­nem Mor­gen­kaf­fee schau­te ich nach, was mei­ne neue Kol­le­gin so trieb. Ich schmun­zel­te, als ich sie guter Din­ge die Haus­wand run­ter­lau­fen sah. Kur­ze Zeit dar­auf konn­te ich mei­nen Augen nicht trau­en. In Sekun­den­schnel­le kamen drei Krä­hen ange­flo­gen und zerr­ten die Babys aus dem Nest, hack­ten in der Luft auf sie ein. Eins nach dem ande­ren fiel tau­melnd zu Boden. Ein Gemet­zel in 20 Metern Höhe. Ja, das ist viel­leicht Natur, aber ich konn­te es nicht mitansehen.

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Ich schrie wie eine Wahn­sin­ni­ge, um die Vögel zu ver­trei­ben. So laut ich konn­te. Der gan­ze Hin­ter­hof wur­de wohl wach­ge­rüt­telt. Eini­ge Nach­barn dach­ten bestimmt ein Mensch sei vom Dach gestürzt. Immer­hin konn­te ich die Krä­hen ein biss­chen stö­ren und davon abhal­ten die Eich­hörn­chen­ba­bys sofort zu töten und mitzunehmen.

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Drei der Babys stürz­ten die gan­ze Höhe hin­ab, eins fiel auf einen unte­ren Bal­kon. Mein Freund und ich lie­fen so schnell wir konn­ten run­ter. Zwei Eich­hörn­chen­ba­bys waren tot. Zwei lagen bewusst­los da, aber sie lebten.

Tun, was zu tun ist

Eine Nach­ba­rin gab uns ein Tuch und einen Schuh­kar­ton. Wir wärm­ten die Tier­chen, beru­hig­ten sie und flüs­ter­ten auf sie ein, dass sie es schaf­fen wer­den. Dann hoben wir sie sanft in den Kar­ton. Schnell goo­gel­ten wir was zu tun ist: Wär­me, Ruhe, ein wei­ches Tuch, Sicher­heit. Ok, das haben wir rich­tig gemacht. Dann fan­den wir die Num­mer der Eich­horn­pfle­ge­sta­ti­on von Lina Thie­le. Sie ist ein Pro­fi. Lina ist tier­me­di­zi­ni­sche Fach­an­ge­stell­te und arbei­tet ehren­amt­lich für die Pfle­ge­stel­le des Eich­hörn­chen Not­ruf . Sie nimmt Tie­re in jedem Alter auf. Man­che sind ein paar Stunden/Tage oder Wochen alt. Hier leben die Tie­re erst in „Ersatz­ko­beln“, spä­ter kom­men sie in Volie­re, wo sie auf die Wie­der­aus­wil­de­rung vor­be­rei­tet werden.

Eichhörnchenbabys am Fläschchen
Eich­hörn­chen Babys in der Pfle­ge­sta­ti­on © Anne Tho­ma / WWF

Ver­letz­te Eich­hörn­chen­ba­bys brau­chen inten­si­ve Betreu­ung. Was­ser, Wär­me, Anti­bio­ti­ka, Schmerz­mit­tel, eine ganz spe­zi­el­le Diät aus Fen­chel­tee, Trau­ben­zu­cker oder Honig sowie einer Pri­se Salz. Und jetzt ist gera­de Sai­son bei den Eich­hörn­chen­hel­fern. In die­sen Wochen wer­den vie­le Eich­hörn­chen gebo­ren. Immer wie­der gera­ten die Jung­tie­re in Not. Wenn sie ihre Mut­ter ver­lie­ren oder aus dem Nest fal­len. Oder eben wenn die Krä­hen kom­men. Nur jedes vier­te bis fünf­te Eich­hörn­chen­ba­by über­lebt die ers­ten Wochen sei­nes Lebens.

Hap­py End in der Auffangstation

Eich­hörn­chen­pfle­ge­rin Lina stellt bei unse­ren zwei Pati­en­ten rou­ti­niert fest: Es sind zwei Jungs, der grö­ße­re wird über­le­ben. Bei dem klei­nen, der vier Stock­wer­ke gefal­len war, sei es nicht sicher. Er hat ein Hirn-Schä­del Traum. Wir muss­ten die Nacht abwar­ten. Am nächs­ten Tag kam der Anruf: Er hat es geschafft. Nun wer­den die bei­den noch eini­ge Wochen bei Lina blei­ben und kom­men dann in eine Auswilderungsstation.

Die Mama ist bis­her nicht wie­der auf dem Fens­ter­sims auf­ge­taucht. Scha­de. Ich wür­de ihr so ger­ne klar­ma­chen, dass zumin­dest zwei ihrer Babys in Sicher­heit sind.

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