Trotz des teilweise starken Regens in der vergangenen Woche: Insgesamt ist dieses Jahr bisher ungewöhnlich trocken und warm. So wie die letzten beiden Jahre auch. Das bringt zwar sommerliche Stimmung, führt aber dazu, dass in Deutschland Dürre herrscht. Der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung zeigt für große Gebiete Deutschlands sogar extreme bis außergewöhnliche Dürre an.
Was bedeutet das jetzt für unseren Wasserverbrauch? Wir haben einige Wasserspar-Mythen zusammengetragen und klären diese in Bezug auf die aktuelle Lage.
Mythos 1: Wassersparen in Deutschland ist ökologischer Unsinn.
Deutschland gehört im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern im Wassersparen. Seit den 1990ern ist der direkte Pro-Kopf-Wasser Verbrauch stetig gesunken — von etwa 150 Liter pro Tag auf heute circa 120 Liter. Das beinhaltet Dinge wie Waschen, Trinken und die Klospülung. Aber ist Wassersparen bei uns überhaupt sinnvoll?
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Deutschlandweit gibt es zurzeit ein gutes Angebot an Wasser. Laut Umweltbundesamt wurden im Jahr 2016 zum Beispiel nur 12,8 Prozent der jährlich verfügbaren Wasserreserven für den Bedarf der deutschen Haushalte, Industrie und Landwirtschaft genutzt.
Es gibt jedoch regionale Unterschiede. In einigen Gebieten kam es die letzten zwei Jahre zu Wasserengpässen. Das lag zum einen an den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Zum anderen war in einigen Regionen zu viel Nitrat im Wasser und dieses somit nicht nutzbar. Nitrat gelangt vor allem durch landwirtschaftliches Düngen ins Wasser.
Insgesamt betrachtet, haben wir in Deutschland also das Glück, genug Wasser zur Verfügung zu haben. Aber gilt das auch noch in Zukunft? Weitere trockene Perioden, vor allem im Winter und Frühjahr, würden auf jeden Fall auch weniger verfügbares Wasser bedeuten.
Und es gibt noch andere Aspekte, weshalb wir in Deutschland unbedingt Wasser sparen sollten. Nämlich immer dann, wenn Wasserverbrauch mit dem Verbrauch von Energie verknüpft ist.
Wasserverbrauch ist meist auch Energieverbrauch. Damit warmes oder heißes Wasser aus unseren Leitungen kommt, muss zum Aufheizen Energie verbraucht werden. Dabei wird C02 ausgestoßen und das befeuert die Klimakrise weiter. Beim Heißduschen oder Geschirrwaschen deswegen sparsam Wasser verbrauchen! Die Spül- und Waschmaschine sollte man immer nur anmachen, wenn sie ganz voll ist. Beim Wäschewaschen hat eine volle Ladung außerdem den positiven Effekt, dass durch die Reibung der Kleidung der Dreck besser entfernt wird.
Stimmts?
Nein, stimmt nicht. Denn auch wenn wir deutschlandweit betrachtet genügend Wasser zur Verfügung haben, verbrauchen wir bei jedem Liter Trinkwasser Energie oder andere Ressourcen (zum Beispiel für die Reinigung des Wassers). Auch für uns in Deutschland gilt daher: Wassersparen! Hält die Dürre außerdem weiter an, wird sich das auch auf unsere Wasserverfügbarkeit auswirken.
Mythos 2: In Deutschland verstopfen die Wasserleitungen, weil wir zu viel Wasser sparen
Tatsächlich sind die Leitungen in Deutschland für deutlich mehr Wasser ausgelegt als heute hindurchfließt. Denn unser Trinkwasser- und Abwassernetz ist zu Zeiten ausgebaut worden, als man mit einem linear ansteigenden Wasserverbrauch in Deutschland rechnete. Diese Prognose der 1970er Jahre ist nicht eingetreten: Der private Wasserverbrauch, als auch der industriell-gewerbliche sind drastisch zurückgegangen.
Als Folge fließt das Trinkwasser in einigen Regionen zu langsam durch die Leitungen. Dadurch können sich Keime bilden. Außerdem werden nicht mehr alle Ablagerungen aus der Kanalisation gespült und Schwefelsäure kann entstehen, die Löcher in die Leitungen frisst. Steht das Wasser über längere Zeit in der Leitung, können die Rohre anfangen zu rosten.
Unser Wasserversorgungssystem könnte also in Bezug auf unseren Wasserverbrauch eigentlich rückgebaut werden, aber das ist teuer. Für die Wasserversorger ist es deshalb “günstiger”, die Abwasserleitungen mit genügend Trinkwasser durchzuspülen. Ökologischer wäre es, für diesen Vorgang anstelle von Trinkwasser weniger qualitatives Wasser zu verwenden, zum Beispiel den Ablauf aus Kläranlagen.
Wichtig ist zu beachten: Ein nachhaltiges Wasserversorgungssystem sollte sich nicht danach richten, wieviel Wasser verbraucht wird, sondern danach, wieviel Wasser wir zur Verfügung haben. Die Leitungen und Rohre unserem Wasserverbrauch anzupassen, würde unsere Wasserversorgung deshalb also nicht gleich nachhaltig machen.
Stimmts?
Teilweise: Der Mythos „In Deutschland verstopfen die Wasserleitungen, weil wir zu viel Wasser sparen“ stimmt zum Teil. In einigen Regionen müssen manchmal die Abwasserleitungen extra durchgespült werden. Das bedeutet für uns aber nicht, dass wir aufhören sollten, sparsam mit Wasser umzugehen. Warum? Siehe Mythos 1.
Mythos 3: Avocados verbrauchen im Anbau extrem viel Wasser.
Die Avocado wurde in letzter Zeit zur gehypten Frucht, weil sie sehr gesund und unglaublich lecker ist. Für den Anbau von einem Kilogramm, also circa drei Avocados, werden durchschnittlich zwischen 1000 und 1500 Liter Wasser verbraucht. Im Vergleich zu heimischem Obst und Gemüse ist das viel. Gurken, Kartoffeln oder Möhren benötigen etwa ein Drittel dieser Wassermenge. Die Avocado ist aber nicht das wasserintensivste Lebensmittel: Ein Kilogramm Rindfleisch verbraucht in der Herstellung etwa 15.500 Liter Wasser, 1 Kilo Käse circa 3000 Liter.
Die Avocado wird oft zusätzlich bewässert
Bei dieser Rechnung ist allerdings zu bedenken, dass die Avocado in der Regel extra bewässert wird. Das dafür verwendete Wasser verschwindet dabei weitestgehend aus dem Wasserkreislauf – anders als beim Anbau von Futter für die Rindfleisch- oder Käseproduktion. Normalerweise werden diese Futtermittel wie Soja oder Mais bei uns nicht extra bewässert. Die natürlichen Niederschläge, die auf die Felder regnen, werden dann nicht aus dem Wasserkreislauf entnommen.
Bei diesen Zahlen handelt es sich außerdem immer nur um die globalen Durchschnittswerte des Wasserverbrauchs von Lebensmitteln. Sie geben keine Auskunft über die tatsächliche Wassersituation vor Ort. Der Wasserfußabdruck sagt also nichts darüber aus, ob dies für eine bestimmte Herkunftsregion viel oder wenig Wasserverbrauch ist.
Stimmts?
Kommt drauf an. Der Mythos „Avocados verbrauchen im Anbau extrem viel Wasser“ stimmt bedingt. Ob ein Lebensmittel viel oder wenig Wasser verbraucht, hängt immer damit zusammen, wo es angebaut wird und wie viel Wasser vor Ort verfügbar ist. Beim Kauf von Avocados sollte man daher immer darauf achten, dass die Frucht nicht aus wasserarmen Regionen wie zum Beispiel Südspanien oder einigen Regionen in Chile und Mexico stammt. Ansonsten lieber nicht kaufen.
Was ist Virtuelles Wasser?
Wasser, das bei der Produktion von Konsumgütern in anderen Teilen der Welt verbraucht wird, aber für uns Kund:innen nicht mehr sichtbar ist, nennt man virtuelles Wasser.
Unser Trinkwasserverbrauch in Deutschland liegt bei rund 120 Liter ‚sichtbarem’ Wasser pro Kopf und Tag durch direkten Konsum wie Trinken, Duschen und Kochen. Rechnet man das ‚unsichtbare‘ oder virtuelle Wasser hinzu, kommen wir auf circa 5.300 Liter pro Kopf. Das entspricht fast 35 vollen Badewannen. 92 Prozent von diesem virtuellen Wasser wird für die Produktion unserer Lebensmittel verbraucht.
Viele Anbaugebiete für Obst und Gemüse liegen in wasserarmen Regionen, in denen stärker bewässert werden muss. Das führt zu erhöhter Wasserknappheit für die Menschen vor Ort und kann lokale Konflikte auslösen oder verstärken. Diese örtlichen Gegebenheiten bildet der Wasserfußabdruck von Lebensmitteln nicht ab. Dabei ist die Wassersituation in der Anbauregion aber entscheidend bei der Frage nach nachhaltigem Konsum.
Wasser sparen durch regionale und saisonale Produkte
Wir sollten daher beim Einkauf regionale und saisonale Produkte bevorzugen. So reduziert man die bei der Produktion in anderen Ländern vorhandenen Wasserrisiken und unterstützt gleichzeitig unsere Landwirt:innen. Außerdem sollten wir möglichst keine Lebensmittel wegwerfen. Denn damit verschwenden wir auch das Wasser, das für die Produktion verbraucht wurde und womöglich woanders dringend gebraucht wird.
Drum kauf ich schon seit Jahren kein Obst/Gemüse mehr aus Spanien, sondern hauptsächlich aus Deutschland!