Elf Millionen Menschen ohne Wasser. Die indische Megacity Chennai erlebte vor einigen Wochen den Tag Null – der Tag, an dem das Leitungswasser in der Millionenmetropole ganz abgestellt wurde. Was wir in Chennai sehen, ist nochmal schlimmer als vor einem Jahr in Kapstadt. Die vier großen Wasserreservoirs, welche die Stadt normalerweise mit Trinkwasser versorgen, waren so gut wie ausgetrocknet. Zusammen fassten sie noch drei Millionen Kubikmeter Wasser, was nur 0,95 Prozent der möglichen Gesamtkapazität von 313 Millionen Kubikmeter entspricht. Dass die Menschen in Chennai noch 2015 unter verheerenden Überschwemmungen litten, ist ein besonders bitterer Aspekt der Wasserkrise. Damals flohen 1,8 Millionen Menschen, über 500 Todesopfer waren zu beklagen und die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich auf mehr als drei Milliarden Dollar. Von zu nass zu staubtrocken in nur vier Jahren.
Globale Wasserkrise: Ein Viertel der Menschen hat zu wenig Wasser
Chennai steht damit nicht alleine dar. Es ist nur eine von vielen betroffenen Städten weltweit. Ein Bericht des World Resources Institute (WRI) warnte gerade Anfang August 2019 – wieder einmal – vor der eskalierenden Wasserkrise. 17 Länder stehen demnach unter extremem „Wasserstress“. Damit hat ein Viertel der Weltbevölkerung zu wenig Wasser. Darunter eben Indien, das zweitbevölkerungsreichste Land der Welt. Dazu kommen zahlreiche weitere Regionen. Auch Europa leidet unter der Wasserkrise, so etwa Spanien, Italien, aber auch Länder wie Belgien. Viele Regionen in Deutschland zählt das WRI in dieser Kategorie, etwa Hessen oder Brandenburg.
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Zu den Ursachen zählen u.a. auch überdurchschnittliche Temperaturen und unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen. Wichtigster Grund ist aber die langjährige Übernutzung der Wasserressourcen.
Welche Millionenstädte besonders von der Wasserkrise betroffen sind
Wir beim WWF arbeiten schon seit vielen Jahren zum Thema Süßwasser. Unser Fokus liegt u.a. auf der Analyse von Wasserrisiken entlang von Lieferketten von Unternehmen. 2018 haben wir erstmals die Anfälligkeit von Städten für die Wasserkrise untersucht. Mit dem WWF Water Risk Filter haben wir über 400 Städte weltweit bewertet. Dabei haben wir uns auf Megastädte fokussiert, die mit Wasserknappheit und voraussichtlich auftretenden Dürren konfrontiert sind.
Nicht überraschend landet Chennai schon damals auf Platz 1. Auch Kalkutta oder Teheran würde man intuitiv mit Wasserknappheit und Dürren in Verbindung bringen. Etliche dieser Städte hatten in den letzten Jahren nicht nur mit Dürren zu kämpfen (z.B. Karatschi hatte 2019 seinen eigenen Day Zero), sondern auch mit Überschwemmungen (z.B. Lima, Dhaka, Bangkok, Paris).
Wir alle wissen: Dürren werden uns in den nächsten Jahren weitaus häufiger und heftiger treffen. Egal ob in Bangkok oder in Berlin. Wir müssen gerade auch den Städten und ihren Bewohnern dabei helfen mit der Wasserkrise umzugehen. Als Zentren für Wirtschaft, Verkehr und Haushalte haben sie einen besonders hohen lokalen Wasserbedarf. Allerdings müssen Maßnahmen über die direkte Wasserversorgung hinaus gehen. Vor allem die umliegenden Ökosysteme und Flusseinzugsgebiete, aus denen das Wasser für die Städte bezogen wird, müssen geschützt werden, um deren Widerstandsfähigkeit gegenüber der Erderhitzung zu erhöhen. Zudem müssen Land- und Forstwirtschaft, sowie der Bergbau außerhalb der Städte nachhaltiger mit Wasserressourcen umgehen, um die Versorgung von Städten zu gewährleisten.
Klar ist: Klimaschutz bedeutet Süßwasserschutz! Damit Mensch und Natur nicht auf dem Trockenen sitzen. Damit der Tag Null nicht zur neuen Normalität wird.
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