The Ter­ri­to­ry”: Der Kampf um den Amazonas


Territory Film: Der Held des Films Bitaté am Amazonas in Brasilien
Bitaté: Kämpfer für sein Volk - und den Amazonas © Mboakara Uru-eu-wau-wau / WWF-Brazil

Der Doku­men­tar­film “The Ter­ri­to­ry“ lässt uns über eine Zeit von drei Jah­ren in den Kampf des indi­ge­nen Vol­kes der Uru-eu-wau-wau um ihre Hei­mat im Ama­zo­nas Bun­des­staat Ron­dô­nia ein­tau­chen. Ein wich­ti­ger, fes­seln­der, ein dring­li­cher Film — mit einer Besonderheit.

Prot­ago­nis­ten des Films sind der jun­ge Anfüh­rer der Uru-Eu-Wau-Wau, Bit­a­té, und Neid­in­ha, die Lei­te­rin der loka­len NGO Kan­in­dé. Mit bei­den arbei­tet WWF Deutsch­land seit 2021 direkt zusam­men, um sie bei ihrem Kampf und den ande­rer indi­ge­ner und tra­di­tio­nel­ler Völ­ker in Bra­si­li­en zu unter­stüt­zen.

Territory Film Neidinha Amazonas
Neid­in­ha, die Men­to­rin von Bit­a­té und Direk­to­rin von der WWF Part­ner­or­ga­ni­sa­ti­on Kan­in­dé, auf einer kürz­lich ille­gal gero­de­ten Flä­che im Ter­ri­to­ri­um der Uru Eu Wau Wau © Mari­zil­da Crup­pe / WWF-UK

Der Kampf um die Gebie­te der Indi­ge­nen im Ama­zo­nas tobt seit Jahr­zehn­ten. Er spitzt sich aber immer dra­ma­ti­scher zu. In den 1970er Jah­ren erleb­te der bra­si­lia­ni­sche Bun­des­staat Ron­dô­nia inten­si­ve sozia­le und öko­lo­gi­sche Umwäl­zun­gen, als Zehn­tau­sen­de, meist ver­arm­te Stadt­be­woh­ner und land­lo­se Lohn­ar­bei­ter dort­hin zogen, um dem Ver­spre­chen der Regie­rung auf frei­es Land und dem Traum vom eige­nen klei­nen Stück Para­dies nach­zu­ja­gen. Es folg­te ein Fron­tal­an­griff auf den Regen­wald. Von der ein­zi­gen damals exis­tie­ren­den Haupt­stra­ße abzwei­gend, schlu­gen die Sied­ler immer wei­ter ver­äs­tel­te Stra­ßen in den Dschun­gel. Sie rode­ten und besetz­ten Par­zel­len, um Platz für Acker- und Wei­de­land zu schaffen.

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Wie sich das Mus­ter aus Fel­dern, Stra­ßen und Wei­de­land einem Fisch­grä­ten­mus­ter gleich in den Urwald frisst, zeigt der Film gleich zu Beginn ein­drück­lich: Im Zeit­raf­fer der his­to­ri­schen Ent­wick­lung schrumpft der Regen­wald wei­ter und wei­ter. Was bleibt, ist ein klar abge­grenz­tes Stück Erde: The Ter­ri­to­ry — das Ter­ri­to­ri­um der Uru-Eu-Wau-Wau!

Die­ser momen­ta­ne End­punkt einer Ent­wick­lung ist das Sinn­bild für alles, wor­um es in der Rea­li­tät geht. In die­sem Augen­blick. Hier die Far­mer, die für sich ein neu­es Leben schaf­fen wol­len. Auf der ande­ren Sei­te die Indi­ge­nen, die ihr Land ver­tei­di­gen. Der Film gibt bei­den Per­spek­ti­ven Raum.

Gegen ein­ge­schlepp­te Krank­hei­ten sind die Indi­ge­nen wehrlos

Die neu ange­kom­me­nen Sied­ler betrach­te­ten die indi­ge­ne Bevöl­ke­rung als Fein­de. Bei dem ver­zerr­ten Kon­flikt mit flie­gen­den Kugeln auf der einen und flie­gen­den Pfei­len auf der ande­ren Sei­te waren die Uru-Eu-Wau-Wau natür­lich die Ver­lie­rer. Noch ver­hee­ren­der als die Gewalt waren die von den Sied­lern ein­ge­schlepp­ten anste­cken­den Krank­hei­ten. Die indi­ge­nen Völ­ker hat­ten dage­gen kei­nen Immun-Schutz.

Entwaldung-am-Uru-eu-wau-wau-Schutzgebiet, Amazonas, Brasilien
Ent­wal­dung am Uru-eu-wau-wau-Schutz­ge­biet © And­re Dib / WWF-Brazil

Wäh­rend die Bevöl­ke­rung Ron­dô­ni­as in den 1970er und 80er Jah­ren um 15 Pro­zent pro Jahr anstieg, sank die Zahl der Uru-Eu-Wau-Wau von meh­re­ren Tau­sen­den auf knapp 200! Die Uru-Eu-Wau-Wau hat­ten aber auch Ver­bün­de­te. Durch den Ein­satz der Natio­na­len Behör­de für Indi­ge­ne (FUNAI), wur­de 1991 die offi­zi­el­le admi­nis­tra­ti­ve Abgren­zung des indi­ge­nen Gebiets Uru-Eu-Wau-Wau geneh­migt – des  Ter­ri­to­ri­ums, um das in dem Film geht. Wäh­rend anders­wo in Ron­dô­nia die Wäl­der für Rin­der­far­men und Soja­plan­ta­gen abge­holzt wur­den, ist ihr 1,8 Mil­lio­nen Hekt­ar gro­ßes Reser­vat eine der letz­ten Bas­tio­nen unbe­rühr­ten Regen­wal­des. Min­des­tens vier Grup­pen iso­lier­ter indi­ge­ner Noma­den wan­dern noch immer in den Tie­fen des Regen­walds, wie wir in dem Film erfahren.

Neue Angrif­fe unter Bolsonaro

Doch heu­te sind die über­le­ben­den Mit­glie­der des Vol­kes einem erneu­ten Angriff aus­ge­setzt. Der Film beginnt 2018 weni­ge Tage vor der Macht­über­nah­me des rechts­extre­men Prä­si­den­ten Bol­so­n­a­ro. Bit­a­té und Neid­in­ha ver­fol­gen die Über­tra­gun­gen der Hetz­pa­ro­len des Prä­si­den­ten gegen die Indi­ge­nen mit Ent­set­zen. Sie ahnen was nun kommt. Die neue Atta­cke auf das Ter­ri­to­ri­um der Uru-Eu-Wau-Wau wird durch die Bau­ern­ver­ei­ni­gung von Rio Boni­to geführt. Die ist über­zeugt, dass “die India­ner” zu viel Land haben. Skru­pel­los legen sie Feu­er, roden und beset­zen das Land. Die Kame­ra ist auch bei ihnen ganz nah dabei und schafft es, auch ein mensch­li­ches Bild der Inva­so­ren zu zeich­nen. Als per­spek­tiv­lo­se Bau­ern, die von ihrem eige­nen Land träu­men und Gott und den Prä­si­den­ten auf ihrer Sei­te wähnen.

Einer mei­ner weni­gen Kri­tik­punk­te an dem Film ist, dass die mafiö­sen Struk­tu­ren der Groß­grund­be­sit­zer, die eigent­lich hin­ter dem Land­raub ste­hen, nur an einer Stel­le benannt werden.

Der Kon­flikt um den Ama­zo­nas eskaliert

Der Kon­flikt eska­liert, als der sym­pa­thi­sche Indi­ge­ne Ari ermor­det wird. Ange­führt vom jun­gen Bit­a­té neh­men die Uru-Eu-Wau-Wau den Schutz ihrer Hei­mat nun selbst in die Hand. Sie patrouil­lie­ren ihr Gebiet, neh­men Bewei­se auf und ver­bren­nen die Besitz­tü­mer der Ein­dring­lin­ge auf ihrem Land. Der Kampf der Uru-Eu-Wau-Wau für den Schutz ihres Ter­ri­to­ri­ums ist in ihrer uralten Ver­bin­dung zum Land ver­wur­zelt. Bit­a­té beschreibt es so: “Wir haben eine beson­de­re Lie­be und Für­sor­ge für unser Ter­ri­to­ri­um, weil unse­re Vor­fah­ren von dort stam­men. Es ist der Ort, an dem die gan­ze Weis­heit liegt. Unse­re Kul­tur, unse­re Tra­di­tio­nen, unse­re tra­di­tio­nel­len Lebens­mit­tel und Heil­pflan­zen sind alle im Wald. Das ist ein Reich­tum, den wir für künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen bewah­ren wol­len. Des­halb haben wir für die­ses Gebiet gekämpft. Und tun es immer noch”.

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Die wich­tigs­te Waf­fe der Uru-Eu-Wau-Wau in die­sem Kampf sind Kame­ras, Droh­nen und GPS Gerä­te. Die Älte­ren hat­ten nicht die Mög­lich­keit, der­ar­ti­ge Tech­no­lo­gie zu nut­zen. Bit­a­té hin­ge­gen hat hand­fes­te Beweise.

Der Film zeigt nicht nur den ver­zwei­fel­ten Kampf gegen Umwelt­zer­stö­rung und Land­raub, son­dern gibt den Uru-Eu-Wau-Wau eine Stim­me. Auch im Rah­men des Films. Statt als pri­vi­le­gier­ter, wei­ßer Fil­me­ma­cher eine mar­gi­na­li­sier­te Grup­pe als sym­pa­thi­sche Opfer dar­zu­stel­len, macht der Regis­seur Pritz die Uru-Eu-Wau-Wau  zu Co-Pro­du­zen­ten des Films. Und lässt sie selbst die Kame­ra führen.

Territory Film: Amazonas Uru Eu Wau Wau überwachen ihr Territorium gegen illegale Eindringlinge
Ama­zo­nas Uru Eu Wau Wau über­wa­chen ihr Ter­ri­to­ri­um gegen ille­ga­le Ein­dring­lin­ge © Mari­zil­da Crup­pe / WWF-UK

The Ter­ri­to­ry“ ist dadurch ein authen­ti­sches Por­trät einer bedroh­ten Gemein­schaft im Kampf um Hei­mat und Selbst­be­stim­mung. Gleich­zei­tig mahnt der Film aber auch, dass das Schick­sal der Uru-Eu-Wau-Wau und aller ande­ren Stäm­me eng mit unse­rem ver­knüpft ist. Denn die indi­ge­nen Ter­ri­to­ri­en haben eine gro­ße Bedeu­tung für den Erhalt der bio­lo­gi­schen Viel­falt. Und für die Bekämp­fung des Kli­ma­wan­dels welt­weit. Allein in Bra­si­li­en leben etwa 305 indi­ge­ne Grup­pen mit unter­schied­li­chen Welt­an­schau­un­gen und über 270 Spra­chen. Ihre Gebie­te neh­men 13 Pro­zent der Flä­che Bra­si­li­ens ein. 97 Pro­zent ihrer natür­li­chen Vege­ta­ti­on ist noch erhalten!

Im Vor­feld der Prä­si­dent­schafts­wah­len im Okto­ber 2022 hat sich die Lage für die indi­ge­nen Völ­ker nun noch ein­mal extrem ver­schärft. Es herrscht ein Kli­ma der Angst und Gewalt in Bra­si­li­en, Wald­brän­de und ille­ga­le Abhol­zun­gen sind auf unge­brems­tem Rekordkurs.

Der Film ist am 18. und 23.10 im Rah­men des Human Rights Film Fes­ti­val in Ber­lin zu sehen. (https://www.humanrightsfilmfestivalberlin.de/de). Strea­ming wird auf Dis­ney+ im Dezem­ber erwar­tet. Mehr Info zum Film fin­det ihr hier: https://films.nationalgeographic.com/the-territory

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