PEC 215: Schwar­zer Tag für die Indi­ge­nen — und die Natur Brasiliens


Proteste vor der Abstimmung zu PEC © Luiz Alves / Câmara dos Deputados
Proteste vor der Abstimmung zu PEC 215 © Luiz Alves / Câmara dos Deputados

Ges­tern, gegen 21:34 Uhr Orts­zeit haben 21 Abge­ord­ne­te eines Aus­schus­ses des Bra­si­lia­ni­schen Unter­hau­ses den Ver­fas­sungs­än­de­rungs­vor­schlag PEC215 ein­stim­mig ange­nom­men. Die Par­la­men­ta­ri­er ste­hen alle­samt dem Agrar­sek­tor nahe — die weni­gen Abge­ord­ne­ten, die dage­gen waren, ver­lie­ßen bereits vor der Abstim­mung aus Pro­test den Saal. Sie hiel­ten Ban­ner hoch, auf denen „Nein zur PEC des Todes“ stand.

Abgeordnete im Ausschuss des Unterhauses protestieren gegen PEC 215 © Clarissa Presotti WWF Brasil
“Nein zur PEC des Todes!” Die­se Abge­ord­ne­te pro­tes­tie­ren gegen PEC 215 © Cla­ris­sa Pre­sot­ti WWF Brasil

Für mich kommt die Abstim­mung lei­der nicht über­ra­schend — die Ver­fas­sungs­än­de­rung wur­de seit Jah­ren dis­ku­tiert, in den letz­ten Wochen immer hef­ti­ger. Die Pro­tes­te, vor allem der Indi­ge­nen, aber auch von Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen nah­men noch­mals zu. Die Indi­ge­nen erhöh­ten in den letz­ten zwei Tagen den Druck und pro­tes­tier­ten nicht mehr nur in Bra­si­lia, son­dern lan­des­weit. In 12 von 26 Bun­des­län­dern wur­den zahl­rei­che Bun­des­stra­ßen blo­ckiert. Ver­ge­bens, wie es scheint.

Ich kann heu­te noch kei­ne juris­tisch belast­ba­re Ein­schät­zung der Fol­gen der Ver­fas­sungs­än­de­rung abge­ben. Den Text, über den abge­stimmt wur­de, ken­nen wir noch nicht im Detail. Aber wir müs­sen davon aus­ge­hen, dass er weit­rei­chen­de Fol­gen für die Schutz­ge­bie­te und die indi­ge­nen Ter­ri­to­ri­en haben wird.

Laut O Glo­bo, Bra­si­li­ens größ­tem Nach­rich­ten-Kon­zern, müs­sen wir befürchten:

  • Die Zustän­dig­keit zur Aus­wei­sung von indi­ge­nen Ter­ri­to­ri­en wird geän­dert. Die Regie­rung soll in Zukunft erst nach Zustim­mung des Kon­gres­ses Ter­ri­to­ri­en aus­wei­sen dür­fen. Das stellt eine Ent­mach­tung der Regie­rung dar. Neue Indi­ge­ne Ter­ri­to­ri­en sind dann de fac­to nicht mehr zu erwar­ten, da die Mehr­heit der Kon­gress-Abge­ord­ne­ten die Inter­es­sen von Indus­trie und Land­wirt­schaft ver­tritt. Vie­le indi­ge­ne Völ­ker, vor allem außer­halb des Ama­zo­nas, wür­den so ihr Land nicht zurück­be­kom­men.
  • Das Prin­zip „im Inter­es­se der Nati­on“ wird ein­ge­führt. Der Bau von Infra­struk­tur­pro­jek­ten inner­halb von indi­ge­nen Ter­ri­to­ri­en wie Hoch­span­nungs­lei­tun­gen, Stra­ßen, Eisen­bahn­tras­sen, Was­ser­stra­ßen kann als natio­na­les Inter­es­se durch­ge­setzt wer­den. So kann sich der Kon­gress über bestehen­de Land­rech­te der Indi­ge­nen hinwegsetzen.
  • Land­pacht: Indi­ge­ne dür­fen ihr Land an Bau­ern ver­pach­ten. Das hört sich nur gut an, tat­säch­lich dürf­te es Far­mern erlau­ben, schnell und güns­tig an Land zu kom­men. Die Agrar­in­dus­trie ver­han­delt oft aus einer stär­ke­ren Posi­ti­on her­aus als die Indigene

Rech­te und Schutz wer­den zurückgedreht

Es ist ein­fach unglaub­lich. Bra­si­li­en schraubt offen­sicht­lich die bereits erziel­ten Errun­gen­schaf­ten zum Woh­le indi­ge­ner Völ­ker und zum Erhalt der atem­be­rau­ben­den Urwäl­der und Natur­land­schaf­ten zurück — so wie es lei­der vie­le ande­re Län­der auch tun.

Ich mel­de mich in den nächs­ten Tagen noch mal hier, sobald mei­ne Kol­le­gen vom WWF Bra­si­li­en und wir den Text im Detail stu­diert haben und wirk­lich ein­schät­zen kön­nen, wie schlimm die Lage für die Indi­ge­nen und den Ama­zo­nas-Regen­wald ist.

Wie es jetzt weitergeht

Wirk­lich ent­schie­den ist noch nichts. Der Ver­fas­sungs­än­de­rungs­text kommt als nächs­tes zur Abstim­mung im Ple­num des Unter­hau­ses — und falls er dort mit einer 3/5 Mehr­heit ange­nom­men ist, kommt er zur Abstim­mung in den Senat.

Den­noch, ges­tern war das ein gro­ßer ers­ter Schritt in die fal­sche Richtung.

Wir müs­sen wach­sam bleiben.

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1 Kommentar

  1. 1. Dezember 2015
    Antworten

    Rober­to,
    dan­ke für dei­ne Site und die Infor­ma­tio­nen. Ich tei­le dei­ne Ein­schät­zun­gen zu PEC 215. Bra­si­li­en wird seit Jahr­zehn­ten von kor­rup­ten Cli­quen beherrscht. Edu­ar­do Cun­ha, Prä­si­dent der Abge­ord­ne­ten­kam­mer, selbst invol­viert in ver­schie­de­ne Kor­rup­ti­ons­skan­da­le, weiß die evan­ge­lis­ti­sche “Bru­der­schaft” hin­ter sich. Da zählt nur das Geld — Kapi­ta­lis­mus pur. Die Schwa­chen blei­ben auf der Stre­cke. Des­halb dür­fen wir nicht auf­ge­ben und müs­sen wei­ter unse­re Stim­me erhe­ben. Ein guter Blog. Danke.
    Henri

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