Das Corona-Virus startete seine tödliche Ausbreitung über die ganze Welt in China. Ein Wildtiermarkt in der Provinzstadt Wuhan gilt als Quelle der Pandemie, die uns nun schon seit fast einem Jahr im Griff hält. Der Krankheitserreger stammt wohl von einer Fledermaus. Über den Umweg eines Tiermarkt gelang dem Erreger der Sprung auf den Menschen. So lautet zumindest die wahrscheinlichste These zur Herkunft von COVID 19.
Nerze als Superspreader?
Der gerade abgewählte US-amerikanische Präsident Donald Trump spricht deshalb auch gern vom „China-Virus“. So manchem mag das angesichts der hygienischen Zustände auf den asiatischen Wildtiermärkten einleuchtend erscheinen. Doch so einfach ist es nicht. Nachrichten aus Dänemark zufolge scheint es fast so, als würde sich ausgerechnet der Amerikanische Nerz zum „Superspreader“ entwickeln. Die dänische Regierung ordnete vor wenigen Tagen an, alle Exemplare auf den Nerzfarmen des Landes zu töten. 17 Millionen Tiere! Die betroffene Region Nordjütland wurde zum Sperrgebiet erklärt. Der Grund: Auf mehr als 200 Farmen grassierte das COVID 19 Virus. Und damit nicht genug: In fünf Zuchtanlagen identifizierten Veterinäre ein mutiertes Virus, das wiederum erneut den Sprung auf den Menschen geschafft hat. Die sogenannte Cluster-5-Variante könnte Auswirkungen auf die Wirkung künftiger Corona-Impfstoffe haben, befürchtet befürchtet das dänische Gesundheitsinstitut SSI. Über 200 Menschen haben sich mit den neuen Nerz-Varianten von Sars-CoV‑2 infiziert.
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Die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sieht in Deutschland keine Gefahr für eine Weiterverbreitung des Coronavirus über Tiere. “In Deutschland haben wir keine derartigen Pelzfarmen, aus gutem Grund sind wir das gesetzgeberisch streng angegangen”, sagte Klöckner. Sie plädiert wegen Corona für EU-weites Verbot von Nerzfarmen. “Von den wichtigsten Nutztieren wie Schweinen, Rindern oder Hühnern geht keine Gefahr der Übertragung auf den Menschen aus”, behauptete die Ministerin weiter.
Es geht nicht nur um Riesenbetriebe
Natürlich lauert die Gefahr nicht allein in industrialisierten Massenzuchtbetrieben. Die von Wildvögeln übertragene Vogelgrippe schlug vor einigen Jahren nicht nur in Legebatterien, sondern gerade auch bei Biobetrieben mit freilaufenden Hühnern zu. Bei der aktuell in Europa grassierenden Schweinepest droht die Gefahr ebenfalls vor allem durch den Kontakt mit infizierten frei lebenden Verwandten. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Tiermedizinerin Christina Hölzel nachvollziehbar, die im Interview mit Krautreporter darauf hinweist, dass der romantische kleine Bauernhof sogar ein gefährlicher Infektionsherd sein könne als die Schweinefabrik. In Großbetrieben breiten sich die Krankheiten zwar rasend schnell aus. Die Infektionskette endet aber sehr schnell, da die Tiere extrem isoliert seien. „In der industrialisierten Tierhaltung lebt hingegen sehr selten mehr als eine Tierart auf einem Hof. Und deswegen ist die Gefahr auf einem kleinen Hof leider höher.“
Entkommene Nerze rotten Europäische Nerze aus
Die Pelztierfarmen können niemanden mit einem Herz für Tiere gefallen. Aber auch Naturschützern sind sie schon lange ein Dorn im Auge. Gezüchtet werden dort amerikanische Nerze. Immer wieder sind in der Vergangenheit Exemplare entwischt. Glück für die Ausbrecher, Pech für die einheimische Tierwelt. Aus Pelzfarmen entkommene Amerikanische Nerze breiten sich aber seit den 1950er Jahren aus. Seitdem verdrängen sie den europäischen Nerz. Der auch Mink genannte Amerikanische Nerz ist mit einer Kopfrumpflänge von 30 bis 43 Zentimetern nicht nur größer, er verfolgt seinen kleineren Verwandten durch gezielte Angriffe. Der heimische Nerz ist inzwischen stark vom Aussterben bedroht, in Deutschland gilt er als verschwunden. Nur in isolierten Regionen Russlands und Weißrusslands, im Donaudelta, in Südwestfrankreich und Nordspanien findet man den Europäischen Nerz noch. Die Gesamtpopulation wird von der IUCN auf wenige tausend Tiere geschätzt.
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Zudem sind die kleinen Räuber aus Übersee überaus gefräßig und stillen ihren Hunger mit Vorliebe mit den Eiern bodenbrütender Vögel. In Dänemark mit fast 1100 solcher Farmen dürfte sich zumindest diese Problem erst einmal erledigt haben.
Eines ist jedenfalls sonnenklar. Ob Schweinestall oder Pelztierfarm: Unser rücksichtsloser Lebensstil fordert immer wieder seinen Preis. Ich denke, dass jeder von uns inzwischen genügend gute Gründe haben sollte genau diesen Lebensstil zu überdenken — und zu ändern.
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