Als ob die Liebe nicht schon so kompliziert genug wäre. Jetzt macht der Klimawandel die Sache noch schwieriger — zumindest für einige Tierarten. Die globale Erderwärmung beeinflusst das Liebesleben verschiedener Arten auf vielfältige Weise. Und das leider nicht immer zum Positiven.
Wo Eisbär und Grizzly sich Gute Nacht sagen
Habt ihr schon einmal einen Pizzly gesehen? Vermutlich nicht. Diese Kreuzung zwischen Grizzly-Bär und Eisbär ist noch relativ selten. Das könnte sich aber schon bald ändern, denn aufgrund der Erderwärmung durch den Klimawandel dringen immer häufiger Grizzly-Bären in nördlichere Regionen vor. Dort treffen die braunen Riesen auf Eisbären, die ihrerseits aufgrund des schmelzenden Eises auf das Festland im Süden ihres Verbreitungsgebietes ausweichen müssen. Wenn sie sich paaren, ist der Nachwuchs ein genetischer Mix aus den beiden unterschiedlichen Arten — und so ist auch sein Name ein Hybrid aus „Polar-Bear“ und„Grizzly“: ein Pizzly oder Grolar Bear, wie ihn manche Medien nennen.
Klingt erst einmal alles ganz nett und süß. Doch die Entstehung von Hybrid-Arten wie dem Pizzly ist nicht unproblematisch. Für mich als Biologin und Artenschützerin ist das größte Problem, dass solche Kreuzungen einen Verlust der genetischen Vielfalt und Biodiversität mit sich bringen können. Denn eine Hybrid-Art führt nicht, wie viele annehmen, zwangsläufig dazu, dass einfach eine weitere Art entsteht, sondern meist dazu, dass zwei Arten zu einer zusammenwachsen. Meistens überwiegen irgendwann die Gene der häufigeren Art. Würde sich der Pizzly weiter ausbreiten, so könnte er das Aussterben der bedrohten Eisbären beschleunigen.
Oft sind Hybride aber auch schlechter an ihre Umwelt angepasst oder sie haben weniger Erfolg bei der Fortpflanzung, wie z. B. diese Studie an Hybriden aus der Regenbogenforelle und der Cutthroat-Forelle zeigt.
Häufig sind Art-Hybride auch unfruchtbar, wie man es z.B. von Maultieren und Mauleseln, also Kreuzungen von Pferd und Esel, kennt. Wenn sich zwei unterschiedliche Arten aufgrund veränderter Umweltbedingungen häufiger treffen und keine passenden Partner der eigenen Art finden, endet die Evolution sozusagen in einer Sackgasse, was zwangsläufig zum Artensterben führt. Der Pizzly scheint ersten Untersuchungen zufolge zwar fertil zu sein, jedoch gibt es noch keine Studien über die Gesundheit und genetische Fitness der Pizzly-Nachkommen.
Zugvögel: Wer zu spät kommt…
Auch im Liebesleben vieler Vogelarten bringt der Klimawandel einiges durcheinander. Geeignete Partner finden sie zwar noch, doch können sie nicht mehr hinreichend für das Überleben ihrer Brut sorgen, weil sie nicht mehr genügend Futter finden.
Der Trauerschnäpper zum Beispiel hat allen Grund zum Trauern
Der Trauerschnäpper ist auch in Deutschland heimisch, überwintert aber im zentralen Afrika. Normalerweise fällt seine Rückkehr nach Deutschland und das Schlüpfen der Jungen genau mit dem Höhepunkt der Insektendichte zusammen. Die Versorgung des Nachwuchses ist somit gewährleistet. Nun wird es auf der Erde durch den Klimawandel jedoch immer wärmer und auch hierzulande beginnt der Frühling immer früher. Insekten, die ihren Rhythmus der Temperatur anpassen, entwickeln sich bei warmen Temperaturen schneller. Die Uhren der Zugvögel ticken jedoch anders: Sie haben ein internes, genetisch festgelegtes Zug-Zeitprogramm. Die meisten Vögel machen ihren Start und ihre Rückkehr in den Norden nicht von der Temperatur, sondern von der Tageslänge abhängig. Der Trauerschnäpper fliegt also zur gleichen Zeit wie immer in Afrika los, doch wenn er dann in Deutschland ankommt, hat er den Höhepunkt der Insektendichte bereits verpasst. So findet er weniger Nahrung für seine Jungen. Das ist der Grund dafür, dass der Bruterfolg vieler Zugvogelarten seit Jahren zurückgeht.
Früher ausgeschlafen
Und als ob das nicht schon schlimm genug für die Zugvögel wäre, macht ihnen hierzulande auch noch ein kleines Nagetier zu schaffen, das durch die wärmeren Temperaturen einfach früher ausgeschlafen hat. Der Siebenschläfer beendet seinen Winterschlaf heute bis zu vier Wochen früher als noch vor 30 Jahren und bezieht auch seine Höhlen zur Jungenaufzucht eher. Die sind jedoch noch von Singvogelarten wie Trauerschnäpper, Meisen oder Kleiber belegt, deren Bruten eine willkommene Mahlzeit sind.
Männerschwund bei Meeresschildkröten
Auch unter den Meeresbewohnern sieht es nicht besser aus mit der Liebe in Zeiten des Klimawandels. Bei vielen Schildkrötenarten sorgt die Erderwärmung für eine Verschiebung der Geschlechterverhältnisse. Zum Beispiel im Falle der Unechten Karettschildkröte: Ihr Geschlecht wird nicht wie bei den Säugetieren durch ein X bzw. Y‑Chromosom bestimmt, sondern entwickelt sich erst im Ei und ist abhängig von der Nesttemperatur. Ist es im Nest warm, so schlüpfen hauptsächlich Schildkrötenweibchen. Ist es kalt, so entwickeln sich in den Eiern Männchen. Heiße Ladies und coole Typen, sozusagen.
Einer Studie der Florida Atlantic University zufolge zeigen sich schon erste Auswirkungen des Klimawandels auf das Geschlechterverhältnis der Unechten Karettschildkröte: Es gibt immer mehr Weibchen und immer weniger Männchen. Die Unechte Karettschildkröte ist ohnehin schon bedroht und das Leben der kleinen Schildkröten besonders gefährdet. Nur eines von 2500 bis 7000 Schildkrötenbabys erreicht überhaupt das Erwachsenenalter. Wenn nun auch noch die Weibchen keine männlichen Partner mehr finden, so ist die Art der Unechten Karettschildkröte dem Untergang geweiht. Genauso könnte es auch der in Deutschland vom Aussterben bedrohten Europäischen Sumpfschildkröte ergehen. Bei Bebrütungstemperaturen unter 28°C schlüpfen ausschließlich Männchen, über 29,5°C nur noch Weibchen. Minimale Temperaturänderungen können hier also das gesamte Geschlechterverhältnis durcheinander bringen.
Wird es Amor bald zu heiß?
Allen, denen diese Beispiele noch nicht reichen, um die Gefahren der globalen Erderwärmung für viele Arten zu erkennen, sei gesagt: Auch in Bezug auf die menschliche Liebe könnte der Klimawandel zerstörerische Kräfte entfalten. Eine lustige Studie aus den USA zeigt, dass Temperaturanstiege zu einem Verlust der menschlichen Fruchtbarkeit und zu verringerter sexueller Aktivität führen könnten. Und das wäre, wenn auch nicht akut bestandsgefährdend, doch immerhin sehr, sehr schade.
Wenn ihr noch mehr über die Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Tiere und auch Pflanzen erfahren wollt, findet ihr eine ganze Reihe an Beispielen in unseren Hintergrunddokumenten:
Es gibt nur eine Lösung: jeder muß für sich umweltbewußt und nachhaltig leben und überflüssigen Konsum vermeiden! Dies sollte die Politik natürlich auch fördern. Dazu ist eine radikale Umkehr vom Profitstreben der Großunternehmen erforderlich. Menschliche Arbeit muß wieder etwas wert sein, und es sollte nicht billiger sein, was neues zu kaufen und das alte wegzuwerfen. Dieser Wohlstandsmüll belastet unsere Umwelt!