Kuh der Woche: Die Riesen-Eule

Kuh der Woche trifft Eule der Woche © Roland Gramling / WWF

Kommt es nur mir so vor, oder ist 2016 ein ziem­lich hef­ti­ges Jahr? Die Mel­dun­gen der ver­gan­ge­nen Woche hät­ten frü­her genügt um einen gan­zen Jah­res­rück­blick zu fül­len. Als ob das alles nicht schon genü­gen wür­de, ist Trump nun tat­säch­lich offi­zi­el­ler Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat. Ein Mann wohl­ge­merkt, der den Kli­ma­wan­del als Schwin­del bezeichnet.

Der Strauß, der Sand und der Kopf

Ange­sichts sol­cher Neu­ig­kei­ten ver­spü­re ich manch­mal das Bedürf­nis den Kopf in den Sand zu ste­cken, so wie es der Vogel­strauß der Legen­de nach tut (was aber bekann­ter­ma­ßen nicht stimmt). Oder ich will mir wie ein klei­nes Kind die Hand vor die Augen hal­ten. Nach dem Mot­to: Ich seh’ dich nicht, also siehst du mich auch nicht. Natür­lich sind bei­de Stra­te­gien zum Schei­tern ver­ur­teilt und ich ver­su­che daher sol­che Refle­xe auch immer wie­der zu unter­drü­cken. Statt­des­sen mar­schie­re ich die­ses Wochen­en­de lie­ber beim CSD Ber­lin mit. Ich habe das unbe­stimm­te Gefühl, dass es in mei­nem Leben noch kei­ne Zeit gab, in der es wich­ti­ger war, für die Frei­heit auf die Stra­ße zu gehen. Oder, wie beim CSD glück­li­cher­wei­se Tra­di­ti­on, durch die Stra­ße zu tan­zen. Demons­trie­ren soll schließ­lich auch Spaß machen.

Hel­lo, out there?

Pas­send zum Kuh der ver­gan­ge­nen Woche hier noch ein Hin­weis auf ein tol­les SPIE­GEL-Inter­view mit dem deut­schen Astro­no­men Alex­an­der Scholz, der ins Welt­all hin­ein­horcht und auf Signa­le von frem­den Zivi­li­sa­tio­nen war­tet. Er rät zur Vor­sicht: „Da wird man [die Men­schen als neu ent­deck­te Art] domes­ti­ziert. In den Zoo gesperrt. Her­um­ge­zeigt. Aus­ge­rot­tet.“  Doch auch jen­seits die­ses Inter­views lohnt ein Blick in die SPIEGEL Aus­ga­be 29/16 noch mehr als sonst, egal ob man Kat­zen-Fan ist oder gera­de von einer Mücke gesto­chen wur­de. Letz­te­re hat es als das „gefähr­lichs­te Tier der Welt“ sogar auf den Titel geschafft. Haie, Wöl­fe und Schlan­gen dürf­te die schlech­te Mücken-PR freuen.

Kuh der Woche: Die Naturschutzeule

Der Kuh der Woche ist bewusst eine net­te Mel­dung, ohne Auf­re­ger-Poten­ti­al und Dra­ma­tik. Ein­fach eine klei­ne Anek­do­te aus der täg­li­chen Natur­schutz­ar­beit: Die „größ­te Natur­schutz­eu­le Deutsch­lands“ schwimmt ab sofort im Greifs­wal­der Bod­den. Im Rah­men unse­res Manage­ments des Natu­ra2000-Gebie­tes haben wir an einem ehe­ma­li­gen Leucht­turm­fun­da­ment drei gel­be Hin­weis­schil­der mit den cha­rak­te­ris­ti­schen Natur­schutz-Eulen ange­bracht. Mit 1,5 Meter Höhe und einem Meter Brei­te sind sie wohl die größ­ten ihrer Art. Ich fin­de ja, die Eulen sehen immer aus, als hät­ten sie sich gera­de mit Speed oder Ecsta­sy zuge­dröhnt, aber das ist wohl mei­ne sehr per­sön­li­che Wahr­neh­mung. “Erfun­den” wur­de das Sym­bol übri­gens im Jahr 1950 von Kurt Kret­sch­mann, der damals Natur­schutz­be­auf­trag­ter des Bran­den­bur­ger Land­krei­ses Ober­bar­nim war. Mehr Natur­schutz­eu­len-geschich­te und ihr episch anmu­ten­der Kampf gegen den west­deut­schen See­ad­ler gibt es hier.

Und dann kam Effort-Sharing

Um aus dem All­tag eines Pres­se­spre­chers zu berich­ten: Kaum hat man eine durch­aus unter­halt­sa­me, net­te Natur­schutz­eu­len-Mit­tei­lung geschrie­ben, lan­det plötz­lich das sper­ri­ge Effort-Sha­ring auf der Agen­da. Effort was?!?! Da Kol­le­gin Syl­via Ratzlaff im Urlaub weilt, set­ze ich mich der­zeit mit der EU-Kli­ma­po­li­tik aus­ein­an­der. Tech­ni­sche und sprach­li­che Mons­ter wie eine „Effort Sha­ring Ent­schei­dung“ der EU-Kom­mis­si­on in ver­ständ­li­che Mit­tei­lun­gen zu über­set­zen ist durch­aus eine Her­aus­for­de­rung – die ich ohne die Hil­fe mei­ner ver­ehr­ten Kol­le­gin Juli­et­te de Grand­pré nicht meis­tern hät­te kön­nen. Dabei ist die gan­ze Sache wirk­lich wich­tig, da gere­gelt wer­den soll, wie die EU-Mit­glieds­staa­ten ihre Emis­sio­nen bei Ver­kehr, Land­wirt­schaft oder Gebäu­de um rund ein Drit­tel bis 2030 redu­zie­ren kön­nen. Die­se wer­den näm­lich nicht im Emis­si­ons­han­del berück­sich­tigt und umfas­sen unglaub­li­che 60 Pro­zent der euro­päi­schen Emis­sio­nen! Alles wei­te­re dazu fin­det ihr hier.

Poli­tik trifft Alltag

Was pas­siert, wenn Kli­ma­po­li­tik auf All­tag trifft, ver­deut­licht Jan Gross­arth in dem lesens­wer­ten FAZ-Arti­kel „Wunsch und Wirk­lich­keit“.  Es geht um das Span­nungs­feld „Kli­ma ver­sus Land­wirt­schaft“ und dar­um was pas­siert , wenn wirt­schaft­lich unter Druck gera­te­ne Bau­ern plötz­lich auch noch das Kli­ma schüt­zen sol­len. Natür­lich for­dert auch der WWF, dass die Fleisch­pro­duk­ti­on zurück­ge­hen muss. Doch das ist, anders als von Radi­kal-Vega­nern ger­ne pro­pa­giert, eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Her­aus­for­de­rung, die nicht ein­fach mit dem abso­lu­ten Fleisch­ver­zicht rea­li­sier­bar sein wird. Ers­te Teil-Ansät­ze hier­zu ver­su­chen wir übri­gens her­aus­zu­ar­bei­ten und anzu­sto­ßen, zum Bei­spiel mit dem Eiweiß-Forum oder unse­ren Fut­ter­mit­tel­re­ports (Geflü­gel, Schwein und Rind).

Zeit des Wandels

Und übri­gens: Bei allem Ver­ständ­nis für die Nöte der Land­wir­te, die unter Preis­ver­fall und Struk­tur­re­for­men lei­den, viel­leicht soll­te der Bau­ern­ver­band, der gera­de aus der Schmoll­ecke her­aus gegen den Klim­schutz­plan der Bun­des­re­gie­rung wet­tert, mal bei den gro­ßen Ener­gie­ver­sor­gern wie RWE  anru­fen. Dort weiß wohl jeder inzwi­schen was droht, wenn sich eine Bran­che über Jah­re ver­bar­ri­ka­diert, anstatt einen sich real voll­zie­hen­den Wan­del kon­struk­tiv mitzugestalten.

Und jetzt das Wetter…

Nun aber wie­der genug der Pro­ble­me und Pro­ble­ma­ti­ken. Wen­den wir uns lie­ber ange­neh­me­ren Din­gen zu. Zum Bei­spiel der Wet­ter­vor­her­sa­ge. Die Aus­sicht fürs Wochen­en­de (zumin­dest für mei­ne Wahl­hei­mat Ber­lin): Es wird Bade­wet­ter geben. In die­sem Sin­ne: Macht was draus!

Roland Gramling ist Exil-Franke, Frankfurt-Fan und Berlin(West)-Bewohner. Nach dem Online-Journalismus-Studium in Darmstadt wechselte er auf die dunkle Seite der Macht und verkaufte seine Seele an die PR und Pressearbeit. Seit 2008 ist er Pressesprecher beim WWF Deutschland und seitdem auf der Suche nach dem Kuh des Lebens (oder zumindest der Woche). Er findet Pandas süß und Wölfe cool und hält Lady Gaga für die größte Poetin seit Oscar Wilde. Sonntags ist er stets am Tatort und damit grundsätzlich verdächtig. Kurzweilige Desorientierung ist mitunter beabsichtigt aber nie gewollt. Er kann nicht über sich selbst lachen und hält das auch noch für witzig. Fleisch kommt ihm nicht auf den Teller aber gerne mal unters Messer. Für ihn ist das Internet noch total Neuland-mäßig, aber die gedruckte Zeitung schon längst tot. In diesem Sinne: Muuuh!
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