Schu­les­sen for future

Gutes Schulessen soll Kindern und dem Planten schmecken © Svetlana Monyakova / iStock / Getty Images

Wir sind uns wohl alle einig: Hoch­wer­ti­ges Schu­les­sen ist wich­tig. Nicht nur für die Gesund­heit von Kin­dern, son­dern auch für die Gesund­heit unse­res Pla­ne­ten. Dafür gibt es eine Men­ge zu tun.

Jeder Bis­sen zählt – und zwar für unse­re Gesund­heit, das Kli­ma, unse­re Tie­re und die Umwelt!“, heißt es in einer Pres­se­mit­tei­lung des Ernäh­rungs­mi­nis­te­ri­ums. Das kön­ne man gar nicht früh genug ler­nen. Des­halb lädt Minis­ter Cem Öze­d­emir alle Schüler:innen der Jahr­gang­stu­fen 3 bis 10 zu dem Schul­wett­be­werb „Echt kuh‑l!“ ein. Kin­der und Jugend­li­che sol­len Vide­os, Songs, Kunst­wer­ke, Social Media Kanä­le oder Web­sei­ten ein­rei­chen und dabei zum Bei­spiel fol­gen­de Fra­gen beant­wor­ten: Was kann in der Men­sa getan wer­den, um auch Bio-Lebens­mit­tel zu inte­grie­ren? Und wie kann man Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung redu­zie­ren? Also war­um nicht Schüler:innen, Cate­ring­un­ter­neh­men, Lebens­mit­tel­lie­fe­ran­ten, Köch:innen und das Aus­ga­be­per­so­nal der Schul­men­sa zusam­men­brin­gen und über­le­gen, wie alles bes­ser wer­den kann?

Kuhl? Vic­to­ria Novak © iStock / Get­ty Images

Schu­les­sen ver­bes­sern ist Haus­auf­ga­be des Staa­tes, nicht der Schüler:innen

An sich eine super Sache, Kin­der an nach­hal­ti­ge Ernäh­rung her­an­zu­füh­ren, sie in die Aus­wahl ihres Schu­les­sens ein­zu­be­zie­hen und mit nach­hal­ti­gen Anbau­me­tho­den ver­traut zu machen. Aber Ini­ti­taiven für ein bes­se­res Schu­les­sens den Schüler:innen zu über­las­sen ist mir doch ein biss­chen wenig. Der Staat hat eine Für­sor­ge­pflicht gegen­über den Men­schen, die er in staat­li­chen Schu­len aus­bil­det. Das umschließt eben auch das Essen.

Schu­les­sen ist eine kom­ple­xe Angelegenheit

Vie­le Akteur:innen und The­men müs­sen berück­sich­tigt wer­den: pri­va­te Cate­rer, Kan­ti­nen­per­so­nal, das für die neu­en Her­aus­for­de­run­gen oft noch unzu­rei­chend geschult ist. Preis­druck, öffent­li­che Aus­schrei­bungs­re­ge­lun­gen, nicht aus­rei­chend ver­füg­ba­re Bio­le­bens­mit­tel, Wün­sche der Eltern, Zeit­druck beim Essen in wenig anspre­chen­den, lau­ten Ess­räu­men. All das kön­nen Kin­der und Jugend­li­che allei­ne nicht ändern.

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um aller­dings auch nicht. Denn Schul­ver­pfle­gung ist Län­der­sa­che. Was also macht das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft am Ende mit den ein­ge­reich­ten Songs, Fil­men, Spie­len, Pro­jekt­ta­gen und Aus­stel­lungs­expo­na­ten? Wir dür­fen gespannt sein, was dar­aus man­gels Zustän­dig­keit wird.

Wis­sen­schaft­li­ches Gut­ach­ten der BMEL-Bera­ter schlug schon 2020 kos­ten­frei­es Schu­les­sen vor

Statt einen Wett­be­werb aus­zu­lo­ben, soll­te sich das Bun­des­mi­nis­te­ri­um lie­ber selbst ins Zeug legen und krea­tiv wer­den. Es könn­te bei­spiels­wei­se über­le­gen, wie es die Län­der mit den nöti­gen Gel­dern aus­stat­ten kann, damit Schu­les­sen für alle Kin­der kos­ten­los wird. So, wie es schon lan­ge in ande­ren Län­dern gehand­habt wird, etwa in Schwe­den und Nor­we­gen. Eine bei­trags­freie Schul­ver­pfle­gung hat der Wis­sen­schaft­li­che Bei­rat für Agrar­po­li­tik, Ernäh­rung und gesund­heit­li­chen Ver­brau­cher­schutz (WBAE) in sei­nem Gut­ach­ten „Poli­tik für eine nach­hal­ti­ge­re Ernäh­rung“ bereits 2020 vor­ge­schla­gen. Damit wür­de der wirt­schaft­li­che Druck der Cate­rer in Zei­ten stei­gen­der Prei­se abge­mil­dert. Es wür­de Pla­nungs­si­cher­heit für gesun­des und nach­hal­ti­ges Essen geben. Und wenn Schu­les­sen für alle kos­ten­los ist, kommt es auch nicht als Armen­spei­sung in Verruf.

Mehr Schu­les­sen?

Mehr Info zu SchoolFood4Change auf der Pro­jekt­web­sei­teTwit­ter oder im News­let­ter

Das BMEL könn­te auch die sehr kon­kre­ten Vor­schlä­ge des WBAE-Gut­ach­tens umset­zen. Etwa das Inves­ti­ti­ons­pro­gramm Top Men­sa auf­le­gen. Oder Län­der finan­zi­ell unter­stüt­zen, um Kitas und Schu­len mit Küchen und Spei­se­räu­men aus­zu­stat­ten. Das BMEL könn­te auch das Wis­sen­schaft­li­che Imple­men­tie­rungs- und Eva­lua­ti­ons­pro­gramm (WIE) auf­le­gen, das die Qua­li­tät des Essens und der Ernäh­rungs­um­ge­bung prüft. Es wäre die Grund­la­ge für eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge, bei­trags­freie Schulverpflegung.

War­um Schu­les­sen so wich­tig ist

Schu­les­sen ist ein wich­ti­ges Bil­dungs­ele­ment, weil der Umgang mit Lebens­mit­teln und das The­ma „nach­hal­ti­ge Ernäh­rung“ jeden Tag kon­kret erleb­bar macht. Kin­der, die sich gesund ernäh­ren, kön­nen sich in der Schu­le nach­weis­lich bes­ser kon­zen­trie­ren und erzie­len bes­se­re Abschlüs­se. Hoch­wer­ti­ges Schu­les­sen wirkt der Ernäh­rungs­ar­mut von Kin­dern ent­ge­gen, unter­stützt die Inte­gra­ti­on durch gemein­sa­me Mahl­zei­ten und ent­las­tet die Gesund­heits­sys­te­me dau­er­haft. Momen­tan ist übri­gens kein ein­zi­ges EU-Land auf dem Weg, sei­ne Zie­le zur Reduk­ti­on von Fett­lei­big­keit bei jun­gen Men­schen zu errei­chen. Eine gesun­de Ernäh­rung beugt Über­ge­wicht vor.

Auch für Umwelt und Kli­ma hat hoch­wer­ti­ges, nach­hal­ti­ges Schu­les­sen eine gro­ße Hebel­wir­kung. Die Art, wie wir uns ernäh­ren hat gigan­ti­sche Aus­wir­kun­gen auf unse­re Lebens­grund­la­ge. Unse­re glo­ba­len Ernäh­rungs­sys­te­me sind die größ­te Bedro­hung für unse­re Natur. Sie tra­gen in erheb­li­chem Maße zu Kli­ma­wan­del und Arten­ster­ben bei. Ein Drit­tel der glo­ba­len Treib­haus­gas­emis­sio­nen, 80 Pro­zent der Ent­wal­dung und 70 Pro­zent des Ver­lus­tes der Arten­viel­falt gehen auf das Kon­to unse­res Essens. Ess­ge­wohn­hei­ten und Anbau­me­tho­den sind der Schlüs­sel für eine lebens­wer­te Zukunft. Und wo damit begin­nen, wenn nicht in sozia­len Lern­or­ten wie Schu­len und Kitas?

SchoolFood4Change bringt alle Akteu­re an einen Tisch

Nach­hal­ti­ges, gesun­des und lecke­res Schu­les­sen — dem wid­met sich auch das EU-geför­der­te Pro­jekt SchoolFood4Change (SF4C). Gemein­sam mit 42 Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen in zwölf Län­dern gestal­tet der WWF-Deutsch­land mit die­sem Pro­jekt das Schu­les­sen von Mor­gen in Kon­text der EU Farm to Fork Stra­te­gie. Davon pro­fi­tie­ren rund 600.000 Schüler:innen, die ihr Wis­sen in ihre Fami­li­en wei­ter­tra­gen. SchoolFood4Change macht Schu­len zu Orten, an denen gesun­de und nach­hal­ti­ge Ess­kul­tur eta­bliert wird. Ernäh­rungs­bil­dung wird damit erleb­bar, zum Bei­spiel bei Part­ner­schaf­ten zwi­schen Schu­len und Bau­ern­hö­fen. Die Trai­nings rich­ten sich auch an Köch:innen, Cate­rer und Mit­ar­bei­ten­de des kom­mu­na­len Beschaf­fungs­we­sen. SchoolFood4Change stößt somit Trans­for­ma­ti­on im gro­ßen Stil an.

Jeder Bis­sen zählt für ein köst­li­ches Morgen

Kon­kret heißt das zum Bei­spiel: SF4C för­dert mit einem Rezept­buch für Schul­kü­chen ent­lang der Pla­ne­ta­ry Health Diets Ernäh­rungs­wei­sen, die die Gesund­heit der Men­schen und des Pla­ne­ten glei­cher­ma­ßen schüt­zen. Mehr Gemü­se, Hül­sen­früch­te und Nüs­se. Weni­ger Fleisch. Ein Kri­te­ri­en­ka­ta­log unter­stützt Mit­ar­bei­ten­de des kom­mu­na­len Beschaf­fungs­we­sen bei Aus­schrei­bun­gen für nach­hal­ti­ges und lecke­res Schu­les­sen. Der Who­le School Food Approach, ein Leit­fa­den für Kom­mu­nen und Schu­len, bringt alle Akteu­re, die etwas zum The­ma Schu­les­sen zu sagen haben, an einen Tisch.

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Ich arbeite als Referentin für Nachhaltige Ernährung und Klimaschutz beim WWF im Team Landwirtschaft und Landnutzungswandel. Mein akademischer Hintergrund ist im Bereich Politikwissenschaft (M.A.) und dem umwelt- und klimabezogenen Global Change Management (M.Sc.). Nach Jahren im Journalismus und der Privatwirtschaft setzte ich beim WWF für die Transformation unserer Gesellschaft ein, damit das Leben auf unserem Planeten lebenswert bleibt. Der Wandel beginnt auf unseren Tellern.

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