Rezep­te für die Ernährungspolitik

Die Vorschläge des Bürgerrats Ernährung im Wandel schmecken nicht allen. © AlexRaths / iStock / Getty Images

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Der “Bür­ger­rat Ernäh­rung im Wan­del” hat neun Vor­schlä­ge als Rezept für die Ernäh­rungs­po­li­tik von mor­gen vor­ge­legt. Jetzt ist die Poli­tik gefordert.

Nicht immer ver­der­ben vie­le Köche den Brei. Ein Gegen­bei­spiel lie­fer­te der „Bür­ger­rat Ernäh­rung im Wan­del”.  Mit­te Febru­ar 2024 über­gab der vom Bun­des­tag ein­be­ru­fe­ne Rat sei­ne  Emp­feh­lun­gen an den Bun­des­tag. Er war sich bei sei­nen “Rezept­vor­schlä­gen an die Poli­tik” erstaun­lich einig, was die künf­ti­ge Ernäh­rung betrifft.  Nach­hal­ti­ge und gesun­de Ernäh­rung für alle soll es sein und das bit­te so ein­fach wie mög­lich, durch kla­re Regeln, Infor­ma­tio­nen und Transformationsprogramme.

Wunsch­lis­te für Besseresser

Kon­kret mün­de­te das in neun aus­for­mu­lier­ten und prio­ri­sier­ten Emp­feh­lun­gen. Ganz oben auf der Prio­ri­tä­ten­lis­te der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger: kos­ten­freie und gesun­de Gemein­schafts­ver­pfle­gung an Kitas und Schu­len. Auf Platz Zwei folgt ein ver­pflich­ten­des staat­li­ches Label für Lebens­mit­tel. Es soll die Berei­che Kli­ma, Tier­wohl und Gesund­heit berück­sich­ti­gen, wis­sen­schaft­lich fun­diert sein und für alle in Deutsch­land und der Euro­päi­schen Uni­on ver­kauf­ten Pro­duk­te gel­ten. Auf den Plät­zen Drei, Vier und Fünf: ver­pflich­ten­de Lebens­mit­tel­spen­den, Her­kunfts­kenn­zeich­nung von Tie­ren und ein neu­er Steu­er­kurs, um den Kon­sum nach­hal­ti­ger Lebens­mit­tel zu fördern.

Essen ist poli­tisch. © Say-Cheese / iStock / Get­ty Images

Die Emp­feh­lun­gen ähneln den For­de­run­gen bekann­ter wis­sen­schaft­li­cher Bei­rä­te und denen zivil­ge­sell­schaft­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen. Nur an der Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung zie­hen sie auf der lin­ken Über­hol­spur vor­bei. Denn die kürz­lich ver­ab­schie­de­te Ernäh­rungs­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung  bleibt in ent­schei­den­den Punk­ten hin­ter dem Gestal­tungs­wil­len der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zurück.

Essen: Pri­vat­sa­che und Politikaufgabe

Ein gän­gi­ges Argu­ment im Ampel-Streit und die vor­ge­scho­be­ne Begrün­dung für das zag­haf­te Regie­rungs­han­deln: Ernäh­rung sei Pri­vat­sa­che. Doch der Bürger:innenrat zeigt, dass sich Men­schen ein pro­ak­ti­ves Ein­grei­fen der Poli­tik und Unter­stüt­zung für eine gute Ernäh­rung wün­schen. Das zeigt auch der im ver­gan­ge­nen Jahr vor­ge­stell­te BMEL-Ernäh­rungs­re­port . Den Befrag­ten ist vor allem eine art­ge­rech­te Hal­tung der Tie­re (65 Pro­zent) sehr wich­tig. Das gilt auch für den Insek­ten­schutz (49 Pro­zent) und die Anwen­dung umwelt­scho­nen­der Pro­duk­ti­ons­me­tho­den (48 Pro­zent). Natür­lich liegt zwi­schen Inten­ti­on und Hand­lung immer noch ein wei­ter Weg, und hier muss die Poli­tik ins Spiel kom­men, um es uns so ein­fach wie mög­lich zu machen unse­re guten Vor­sät­ze auch umzusetzen.

Der Geist ist wil­lig, aber der Kör­per ist schwach. Gesun­de Ernäh­rung schei­tert oft an ver­lo­cken­den Ange­bo­ten.  © digi­tal visi­on / iStock / Get­ty Images

Denn obwohl sich vie­le eigent­lich gesund und nach­hal­tig ernäh­ren möch­ten, wer­den sie durch pro­fit­ge­steu­er­te Ernäh­rungs­um­ge­bun­gen in die fal­sche Rich­tung gelenkt: Durch das ers­te Gericht im Kan­ti­nen­me­nu, die Wer­bung in Pro­spek­ten, Son­der­an­ge­bo­te oder die letz­ten Meter vor der Super­markt­kas­se, bei denen man sich vor Gum­mi­bä­ren und Scho­ko­rie­geln kaum ret­ten kann.

Betei­li­gungs­mo­dell mit Zukunft

Der Bür­ger­rat Ernäh­rung setz­te sich aus 160 Men­schen ver­schie­de­ner Hin­ter­grün­de und Mei­nun­gen zusam­men. Sie haben  gemein­sam über­legt, wie die Ernäh­rungs­si­tua­ti­on in Deutsch­land ver­bes­sert wer­den könn­te. Wel­che Fra­ge­stel­lun­gen sie dabei kon­kret behan­deln woll­ten, ent­schie­den die Teilnehmer:innen selbst.  Über die Zusam­men­set­zung des Gre­mi­ums ent­schied das Los. Demo­gra­fi­sche Kri­te­ri­en wie Alter, Geschlecht, Bil­dungs­stand, geo­gra­fi­sche Her­kunft und sogar die Ernäh­rungs­wei­se (vegan, vege­ta­risch, etc.) wur­den dabei berück­sich­tigt. So viel Bür­ger­be­tei­li­gung war für eini­ge Pro­fi­po­li­ti­ker aller­dings schwer ver­dau­lich.  Kri­tik an dem Pro­zess gab es haupt­säch­lich von der Uni­on: Die Oppo­si­ti­ons­par­tei for­der­te mehr­fach die sofor­ti­ge Ein­stel­lung . Wei­te­re Bür­ger­rä­te dür­fe es nicht mehr geben.

Emp­feh­lun­gen ernst nehmen

Ähn­lich wie die Zukunfts­kom­mis­si­on Land­wirt­schaft (ZKL), ein Gre­mi­um, das sich aus Fach­leu­ten von Agrar‑, Umwelt — und Ver­brau­cher­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen zusam­men­setzt, zeigt auch der Bürger:innenrat: Dia­log­pro­zes­se mit Men­schen unter­schied­li­chen Ansich­ten und Inter­es­sen fin­den meist gute Eini­gun­gen und Lösungs­vor­schlä­ge, wenn sie mit­ein­an­der spre­chen. Der Dia­log ermög­licht es, die Bedürf­nis­se und Inter­es­sen der Bevöl­ke­rung als Gan­zes zu berück­sich­ti­gen, anstatt nur bestimm­te Inter­es­sen­grup­pen zu vertreten.

Es ist jetzt beson­ders wich­tig, dass Frak­tio­nen und Abge­ord­ne­te, die Ergeb­nis­se ernst neh­men und in kon­kre­te Geset­zes­in­itia­ti­ven gie­ßen. Es wäre ein wich­ti­ges Zei­chen, auf die For­de­run­gen des ers­ten vom Bun­des­tag ein­ge­rich­te­ten Bürger:innenrat ein­zu­ge­hen. Denn Bür­ger­rä­te kön­nen das Ver­trau­en der Bevöl­ke­rung in die Poli­tik stär­ken, aber nur, wenn klar wird, dass die Stim­men und Anlie­gen der Bür­ger auch ernst genom­men werden.

Mit dem WWF-News­let­ter nichts mehr ver­pas­sen!Eli­sa

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Ich bin Referentin für Nachhaltige Ernährung und ökologischen Fußabdruck beim WWF. Ziel meiner Arbeit im Bereich Ernährung ist es, dass die nachhaltige und gesunde Wahl im Supermarkt die einfache Entscheidung wird. Zudem soll es lecker sein und Spaß machen. Im Blog schreibe ich über neue Food-Trends, politische Entwicklungen und praktische Tipps für den Alltag.
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