Euro­pa­wahl: Mee­res­schutz ist kein Luxus

Fischfang muss endlich nachhaltig werden © naturepl.com / Chris Gomersall / WWF

Mee­reschutz müss­te eigent­lich das inter­na­tio­na­le The­ma sein. Außer dem Kli­ma fällt mir nichts ein, das sich so inter­na­tio­nal ver­hält wie das Meer. Poli­tisch gese­hen ver­kör­pert der Atlan­tik mit sei­nen ins­ge­samt 94 Anrai­ner­staa­ten den puren Mul­ti­la­te­ra­lis­mus. Es bleibt mein Traum, dass beim Mee­res­schutz auch alle den glei­chen Kurs set­zen. Das ist ja schon bei uns in der EU ein Problem.

Der Mee­res­schutz ist eines der wirk­lich drän­gen­den Pro­ble­me. Offen­bar ändern sich in den Mee­ren der­zeit die Lebens­be­din­gun­gen schnel­ler als jemals. Das wirkt sich auf die Lebens­be­din­gun­gen und ihre Arten­viel­falt aus. Und es bein­träch­tigt auch die Diens­te, von denen wir pro­fi­tie­ren. Die UN hat das in ihrem IPBES Bericht von Anfang Mai 2019 zur bio­lo­gi­schen Viel­falt gera­de schreck­lich ein­drucks­voll zusam­men­ge­fasst. Ursa­chen für die rasan­ten Ver­än­de­run­gen sind der Kli­ma­wan­del, die stei­gen­de Nut­zung der Mee­re wie Fisch­fang, Aqua­kul­tur, Ölboh­run­gen und die damit ver­bun­de­ne Ver­lärmung und Verschmutzung.

Mee­res­schutz nur auf dem Papier

Fast über­all wer­den die Mee­re über­nutzt. Geschützt sind dage­gen viel zu klei­ne Berei­che. Als die EU-Mee­res­stra­te­gie-Rah­men­richt­li­nie im Jahr 2008 ver­ab­schie­det wur­de, dach­ten wir, sie sei der gro­ße Wurf. Bis zum Jahr 2020 soll­te dadurch der „gute Zustand“ der EU-Mee­res­um­welt erreicht oder erhal­ten wer­den. Hel­fen soll­ten die euro­pa­weit ver­bun­de­nen Natu­ra 2000 Schutz­ge­bie­te, in denen die Hälf­te der Flä­che „Null­nut­zungs-Zonen“ sein soll­ten. Lei­der war­ten wir auch im Jahr 2019 noch auf den ent­spre­chen­den Meeresschutz.

Ich fra­ge mich: Was nützt es, wenn Mee­reschutz ver­ab­schie­det, aber nicht umge­setzt wird? Poli­tisch mag das kom­pli­ziert sein. Für die Mee­re ist es ein Desas­ter! So kommt es, dass heu­te in 60 Pro­zent der euro­päi­schen „Mee­res­schutz­ge­bie­te“ nach wie vor Schlepp­netz­fi­sche­rei statt­fin­det, die bekann­ter­ma­ßen den Mee­res­bo­den und die dort leben­den Arten­ge­mein­schaf­ten schädigt.

Mee­res­schutz: Noch immer sind über 40 Pro­zent der Bestän­de über­fischt © naturepl.com / Chris Gomer­sall / WWF

Die Fische­rei in Euro­pa ist für den Mee­res­schutz ins­ge­samt ein Stol­per­stein. Für eine Lauf­zeit von zehn Jah­ren wird eine EU-weit gül­ti­ge „Gemein­sa­me Fische­rei­po­li­tik“ (GFP) ver­ab­schie­det. Die Zie­le für die seit 2013 gül­ti­ge GFP lesen sich rich­tig gut. Da ist vom Ende der Über­fi­schung bis spä­tes­tens 2020 die Rede. End­lich! Oder von einem Rück­wurf­ver­bot, mit dem die Fisch­ver­schwen­dung enden soll. Dar­an haben wir mit­ge­ar­bei­tet. Und wir waren begeistert!

Aber aus Umwelt­sicht ist die Ernüch­te­rung schon jetzt rie­sen­groß. Zur Halb­zeit Ende 2018 wur­den in Nord- und Ost­see noch immer 41 Pro­zent der Fisch­be­stän­de über­fischt. Noch immer stemmt sich die Fische­rei­in­dus­trie gegen die Regeln des Rück­wurf­ver­bo­tes. Das Ver­spre­chen der natio­na­len Fische­rei­mi­nis­te­rIn­nen, ihre Ent­schei­dun­gen zu den jähr­li­chen Fisch­fang­men­gen stets auf die wis­sen­schaft­li­chen Emp­feh­lun­gen zu bau­en, wird immer wie­der gebro­chen. Die EU-Fische­rei­mi­nis­te­ri­en legen noch immer Fang­men­gen fest, die teil­wei­se nicht nach­hal­tig, für eini­ge Bestän­de sogar ris­kant sind. Das muss sich drin­gend ändern!

Wir haben zu vie­le Schif­fe und zu wenig Fische!

Was mich wirk­lich fas­sungs­los macht, ist der Beschluss des EU-Par­la­ments Sub­ven­tio­nen für den Neu­bau von Fang­schif­fen wie­der zu ermög­li­chen. Wir haben bereits heu­te zu vie­le Schif­fe für zu weni­ge Fische. Die­se Über­ka­pa­zi­tät gilt als eine der Haupt­ur­sa­chen für die Über­fi­schung. Vor 20 Jah­ren wur­de das schon erkannt. Damals wur­de die­se desas­trö­se Pra­xis been­det. Nun wird das Rad zurück­ge­dreht, obwohl nach wie vor über­fischt wird. Es ist wich­tig, dass wir bei der Euro­pa­wahl dazu bei­tra­gen, dass es sol­che Rück­schrit­te nicht gibt!

Mee­res­schutz darf in Euro­pa kein Luxus­the­ma mehr sein!

Die leben­di­ge und intak­te Mee­res­um­welt ist ein Kol­lek­tiv­gut, von dem alle pro­fi­tie­ren. Dafür muss auch die Plas­tik­flut ein­ge­dämmt wer­den, die tag­täg­lich ins Meer läuft. EU-Par­la­ment und EU-Minis­ter­rat haben zum Jah­res­an­fang 2019 für das Ende von für die Mee­re gefähr­li­chen Ein­mal­plas­tik­pro­duk­ten gestimmt. Das begrü­ßen wir! Doch die Plas­tik­ver­mül­lung stoppt nicht an den Gren­zen. Die EU muss kon­se­quent ein ver­bind­li­ches Abkom­men der UN zur Ver­hin­de­rung von Plas­tik­ein­trä­gen in die Mee­re vorantreiben.

Wir arbei­ten dar­an. Und noch immer läuft unse­re Peti­ti­on für ein Ende des glo­ba­len Plas­tik­wahn­sinns. Schon unter­schrie­ben? Nein? Ich bit­te Euch!

Fol­ge uns in Social Media:
Dass alles Leben aus dem Meer kommt und die Ozeane der größte Lebensraum auf der Erde sind, hatte mich schon als Kind völlig fasziniert. Ich träumte davon unter Wasser atmen zu können. Das Ausmaß der Naturzerstörung durch die Fischerei und besonders die Überfischung dagegen waren schockierend. Und sind sie heute noch. Ich arbeite beim WWF schon seit 1999. Wer festgefahrene Strukturen ändern will, braucht viel Geduld. Aber auch wenn die Fortschritte zum Schutz der Meere langsam sind darf man niemals Aufgeben – denn wer aufgibt, der hat schon verloren.
Auch interessant
[Sassy_Social_Share]