Kuh der Woche: Eiszeit

Eine Eiszeit 2030? Die apokalyptische Presseschau klärt auf. © Roland Gramling, WWF

Die apo­ka­lyp­ti­sche Pres­se­schau zur 29. Kalen­der­wo­che star­tet mit einem Blick nach Griechenland.
Folgt man der aktu­el­len Bericht­erstat­tung, wer­den dort unse­re Steu­er­gel­der samt den ver­blie­be­nen schwä­bi­schen Haus­frau­en auf dem Schei­ter­hau­fen ver­brannt. Dem SPIEGEL war das — vor allem im Bou­le­vard dia­bo­lisch-apo­ka­lyp­tisch anmu­ten­de — Grie­chen­land-Bild der Deut­schen sogar ein nicht unum­strit­te­nes Titel­bild wert.  Umso wich­ti­ger, ein­fach mal dar­an zu erin­nern, dass die­ses süd­ost­eu­ro­päi­sche Land nicht nur die Wie­ge der Demo­kra­tie ist, son­dern auch noch zahl­rei­che ein­ma­li­ge Natur­wun­der bereit­hält. Davon durf­te ich mich selbst bei mei­nem letz­ten Urlaub auf Kre­ta über­zeu­gen (Mee­res­schild­krö­ten inklusive).

Kuh der Woche: Eis­zeit 2030

Und dann kam der Kuh Scho­cker der Woche: Bri­ti­sche For­scher sagen eine Mini-Eis­zeit ab 2030 vor­aus. Mit einer Wahr­schein­lich­keit von 97 Pro­zent! Das zumin­dest berich­te­ten meh­re­re Medi­en, wie etwa NTV. Bezug genom­men wird auf ein durch­aus seriö­ses For­scher­team und auf eine Pres­se­mit­tei­lung der ehr­wür­di­gen Roy­al Astro­no­mic­al Socie­ty. Soll­ten wir also anstatt CO2-Emis­sio­nen ein­zu­spa­ren lie­ber doch noch ein paar alte Koh­le­kraft­wer­ke wie­der in Betrieb neh­men? Natür­lich nicht. Flo­ri­an Frei­stet­ter legt im SCIENCEBLOG sehr lesens­wert dar, dass die Son­nen­ak­ti­vi­tät laut den Ergeb­nis­sen zwar auf ein Mini­mum zusteu­ern könn­te. Ein­zig die Eis­zeit “kommt in der Pres­se­mit­tei­lung eigent­lich gar nicht vor. Nur im ers­ten Absatz wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Maun­der­mi­ni­mum in die klei­ne Eis­zeit gefal­len ist”. Soviel zur media­len Lust am Untergang.

Apo­ka­lyp­se in Serie

Mit dem neu­en Tren­ding Topic Apo­ka­lyp­se beschäf­tigt sich auch Kath­le­en Hil­de­brand für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: Zom­bies, Sint­flu­ten und Mas­sen­ster­ben wohin wir schau­en bezie­hungs­wei­se wann immer wir den Fern­se­her oder Net­flix anma­chen. Lei­der, so Hil­de­brand, “akti­vie­ren” die apo­ka­lyp­ti­schen Sze­na­ri­en die Men­schen nicht, gegen bevor­ste­hen­de Kata­stro­phen anzu­ge­hen. Eher im Gegen­teil, so ihr Fazit: “Nach ein paar Epi­so­den The Wal­king Dead putzt man sich die Zäh­ne und krab­belt glück­lich in sein war­mes, west­li­ches Bett. “So schlimm ist es zum Glück nicht”, denkt man — weil nie­mand in der Nacht mit einem Zom­bie­über­fall rech­nen muss, son­dern höchs­tens damit, dass die Sche­re zwi­schen Arm und Reich wächst oder dass der Kli­ma­wan­del auch vom nächs­ten Poli­ti­ker­gip­fel nicht gestoppt wer­den wird.”

Angriff des Rehbocks

In die Rei­he der apo­ka­lyp­ti­schen TV-For­ma­te passt auch die neue US-Fern­seh­se­rie ZOO, auf die ich bereits vor eini­gen Wochen hin­ge­wie­sen habe (Pilot-Review der SERIENJUNKIES hier). Der Plot han­delt von Tie­ren, die sich augen­schein­lich gegen den Men­schen ver­bün­den. Es kommt welt­weit zu teils töd­li­chen Zwi­schen­fäl­len. Kei­ne Fik­ti­on son­dern Rea­li­tät ist hin­ge­gen der Angriff eines Reh­bocks auf zwei Men­schen nahe dem nie­der­säch­si­schen Nien­burg. Eini­ge Medi­en wie etwa die HAZ berich­te­ten mit klei­nen Mel­dun­gen über den Vor­fall. Wil­de Tie­re blei­ben eben trotz Bam­bi-Optik wild und ein Stück weit unbe­re­chen­bar. Eines ist auch klar: Hät­te anstatt eines Reh­bocks ein Wolf zwei Pas­san­ten ver­letzt, wäre die media­le und öffent­li­che Reso­nanz wohl eine gänz­lich ande­re gewesen.

Die Zeit läuft ab…

Und was bleibt am Ende die­ser apo­ka­lyp­ti­schen Woche fest­zu­hal­ten? It’s the final Count­down? Von wegen! Zumin­dest die mit unse­rer Stu­die „Das gro­ße Weg­schmei­ßen“ ange­sto­ße­ne öffent­li­che Dis­kus­si­on zur  #Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung scheint Wir­kung zu ent­fal­ten. Sogar der TÜV Rhein­land sah sich genö­tigt, in einer Pres­se­mit­tei­lung Ver­brau­cher über das Min­dest­halt­bar­keits­da­tum (MHD) auf­zu­klä­ren. Viel­leicht wird so das eine oder ande­re Lebens­mit­tel auch nach Ablauf des augen­schein­lich fina­len Count­downs noch geret­tet und genos­sen. In die­sem Sin­ne: Immer schön opti­mis­tisch bleiben!

Roland Gramling ist Exil-Franke, Frankfurt-Fan und Berlin(West)-Bewohner. Nach dem Online-Journalismus-Studium in Darmstadt wechselte er auf die dunkle Seite der Macht und verkaufte seine Seele an die PR und Pressearbeit. Seit 2008 ist er Pressesprecher beim WWF Deutschland und seitdem auf der Suche nach dem Kuh des Lebens (oder zumindest der Woche). Er findet Pandas süß und Wölfe cool und hält Lady Gaga für die größte Poetin seit Oscar Wilde. Sonntags ist er stets am Tatort und damit grundsätzlich verdächtig. Kurzweilige Desorientierung ist mitunter beabsichtigt aber nie gewollt. Er kann nicht über sich selbst lachen und hält das auch noch für witzig. Fleisch kommt ihm nicht auf den Teller aber gerne mal unters Messer. Für ihn ist das Internet noch total Neuland-mäßig, aber die gedruckte Zeitung schon längst tot. In diesem Sinne: Muuuh!
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