Ein Jahr Euro­pean Green Deal: Die Mond­ra­ke­te tau­melt, aber sie fliegt

Reiseziel Mond: Wie weit ist die EU mit dem Green Deal? CC0 Rafael Garcin https://unsplash.com/photos/cusKam5L40I

Euro­pas „Mann auf dem Mond Moment“ – so nann­te EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en den euro­päi­schen Green Deal. Das ist ein Jahr her. Wie steht es um die Mis­si­on Green Deal?

Was wur­de nicht alles vor­her­ge­sagt für die Euro­pa­wahl 2019 und für die Jah­re danach in EU-Par­la­ment und ‑Kom­mis­si­on. In der Mit­te kon­ser­va­ti­ver und am rech­ten Rand deut­lich stär­ker  — und in der Fol­ge auch düs­te­re Aus­sich­ten für Klima‑, Umwelt- und Natur­schutz. Und für die euro­päi­sche Idee als Ganzes.

Dann jedoch gab es zwei Über­ra­schungs­mo­men­te, die ein neu­es Licht  auf die Zukunft Euro­pas war­fen. Zum einen die Wahl selbst, die vom Wil­len vor allem jun­ger Wähler:innen geprägt war, Euro­pa als Chan­ce zu sehen und sich nicht mit der wei­te­ren Gefähr­dung des Kli­mas und damit ihrer Zukunft durch alte Behar­rungs­kräf­te abzu­fin­den. Zum ande­ren, viel­leicht infol­ge des Schwungs durch die Euro­pa­wahl, das Pro­gramm einer – kon­ser­va­tiv geführ­ten – EU-Kom­mis­si­on, das sich von allen vor­he­ri­gen Pro­gram­men dra­ma­tisch unter­schied. Und zwar durch den Euro­pean Green Deal, der vor allem den Schutz des Kli­mas und der natür­li­chen Lebens­grund­la­gen zum Leit­mo­tiv erhob!

Was wur­de aus den Hoffnungen?

Wir wuss­ten natür­lich alle, dass damit nicht alle Pro­ble­me Euro­pas gelöst wer­den wür­den — wie zum Bei­spiel natio­na­lis­ti­sche Ten­den­zen und Rechts­staat­lich­keits­pro­ble­me oder Men­schen­rechts­ver­stö­ße an den EU-Außen­gren­zen. Um nur eini­ge zu nen­nen. Aber was ist nach einem Jahr aus den Hoff­nun­gen gewor­den, die der Euro­pean Green Deal wecken konnte?

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Was die Zie­le angeht, hat der Euro­pean Green Deal bis­her kaum an Dyna­mik ver­lo­ren. Die Kli­ma­neu­tra­li­tät bis zum Jahr 2050 wird jetzt auch von den Mit­glied­staa­ten mit­ge­tra­gen. Die Ziel­set­zung, bis 2030 jetzt eine 50–55 pro­zen­ti­ge statt der bis­her beschlos­se­nen 40 pro­zen­ti­gen Min­de­rung der Treib­haus­gas­emis­sio­nen im Ver­gleich zu 1990 zu errei­chen, wird wohl sogar über­trof­fen. Das ist dann zwar immer noch ein zu klei­ner Schritt fürs Kli­ma, aber immer­hin ein gro­ßer für Euro­pa. Zumin­dest im Ver­gleich zu vorher.

Auch ande­re Zie­le klin­gen gut. Die Farm to Fork-Stra­te­gie soll den Pes­ti­zid­ein­satz bis 2030 hal­bie­ren. Die Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie soll die Schutz­ge­biets­flä­che in der EU auf 30 Pro­zent erhö­hen. Das sind nur zwei wei­te­re Bei­spie­le dafür, was jetzt bereits zusam­men mit den EU-Staa­ten beschlos­sen ist. Sie mar­kie­ren in der Tat einen Para­dig­men­wech­sel.

Doch wie sieht es mit der Umset­zung aus?

Wie pas­sen die Farm to Fork- und die Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie mit den zu erwar­ten­den Beschlüs­sen der EU-Agrar­po­li­tik zusam­men, bei der ja offen­sicht­lich alles beim Glei­chen blei­ben soll? Wie kön­nen die Kli­ma­zie­le erreicht wer­den, wenn durch der „Fonds für einen gerech­ten Über­gang“, der eigent­lich den Über­gang etwa von der Koh­le abhän­gi­gen Regio­nen in eine kli­ma­neu­tra­le Zukunft ermög­li­chen soll, die Finan­zie­rung für Gas­in­fra­struk­tur vor­sieht? Hier ste­hen vie­le Fra­ge­zei­chen.

Jetzt heißt es Wider­sprü­che ausräumen

Die­se Wider­sprü­che müs­sen von der EU-Kom­mis­si­on, dem EU-Par­la­ment und den EU-Mit­glied­staa­ten auf­ge­löst wer­den. Beson­ders die Bun­des­re­gie­rung muss auf­hö­ren zu brem­sen. Die deut­schen Verhandler:innen in Brüs­sel brau­chen ein star­kes und ein­deu­ti­ges Man­dat, um die Trans­for­ma­ti­on vor­an­zu­brin­gen. Das wür­de näm­lich eine ganz ande­re euro­päi­sche Dyna­mik aus­lö­sen: Es wür­de nicht mehr auf Deutsch­land gewar­tet, statt­des­sen könn­te man früh die offe­nen Fra­gen iden­ti­fi­zie­ren und lösen.

Nur so kann eine Bruch­lan­dung ver­mie­den wer­den. Und sich der von Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en ver­spro­che­ne „Man on the Moon“-Moment erfüllen.

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Überzeugter Wahlberliner und Europäer, seit 30 Jahren mit Zwischenstationen in Hamburg und Frankfurt/M. hauptamtlich für Umwelt- und Naturschutz unterwegs, davon 22 Jahre beim WWF. Mit Sehnsucht nach klaren Seen und Flüssen, mit Leidenschaft für tropische Wälder und mit Lust auf ökologisch produzierte Lebensmittel. Trotz vieler Rückschläge nie politikverdrossen, denn sich einmischen zu können ist ein hohes Gut. Viel Radfahren bewahrt nicht nur mein Gefährt, sondern auch mich vorm Einrosten.“- Alois hat den WWF inzwischen verlassen -

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